Baubranche vor der Erholung?
Während Verbände und Wirtschaftsinstitute vor einem weiteren Einbruch der Bautätigkeit warnen, blicken viele Bauunternehmer einer aktuellen Umfrage zufolge gelassen in die Zukunft. Und auch die Sanitärindustrie rechnet wieder mit steigenden Umsätzen. Wie passt das zusammen?
Weniger genehmigte Bauvorhaben, der Mangel an Fachkräften, hohe Lagerbestände und eine unklare Gesetzeslage auf dem Weg zu mehr Klimaneutralität. Dazu noch die lange andauernden Auswirkungen einer Pandemie und eines Angriffskrieges in Europa. Über viele Monate hinweg hat eine noch nie dagewesene Kombination unglücklichster Einflussfaktoren zahlreiche Neubau- und Sanierungsvorhaben in Deutschland stocken lassen. Während führende Branchenverbände und Konjunkturexperten weiterhin zur Vorsicht mahnen, überraschen die Umfrageergebnisse des Meinungsforschungsinstituts Bauinfoconsult: Für ihr Baubarometer haben die Düsseldorfer 500 Marktakteure, darunter Bauunternehmen, Architekturbüros und SHK-Handwerksbetriebe, sowie 65 Hersteller von Baustoffen und Installationsmaterialien befragt. Das Ergebnis: 50 Prozent der Befragten rechnen für 2024 mit ähnlichen Umsätzen wie in 2023, 38 Prozent erwarten sogar wieder Umsatzsteigerungen.
Bauunternehmen rechnen 2024 mit Umsatzsteigerung
Im Verlauf des zweiten Quartals 2024 hat Bauinfoconsult deutschlandweit unter anderem 100 Bauunternehmen in telefonischen Interviews zu ihren Erwartungen an die Umsatzentwicklung ihres Unternehmens für das Gesamtjahr befragt. Fast jede zweite Baufirma geht demnach von einem Ergebnis aus, das dem des Vorjahres in etwa entspricht. Ein starkes Drittel (38 Prozent) rechnet mit einer Umsatzsteigerung (überwiegend im moderaten Bereich von bis zu fünf Prozent). Auffällig sei vor allem die Gelassenheit der Bauunternehmen angesichts der herausfordernden Marktsituation, so die Marktanalysten. Nur ein gutes Zehntel erwarte Umsatzeinbußen gegenüber dem Vorjahr – und zwar vornehmlich einen vergleichsweise leichten Rückgang (bis zu fünf Prozent). Extreme Erwartungen – etwa von Umsatzrückgängen oder Steigerungen im zweistelligen Prozentbereich – gibt es überhaupt nicht. Stattdessen rechnen die Akteure mit einer deutlich anziehenden Nachfrage, vor allem in verschiedenen Sanierungssegmenten.
Sanitärindustrie sieht positiven Trend
Eine leichte Verbesserung konstatiert auch der VDMA in einer Pressemitteilung vom 22.07. „In Deutschland wird die lange erwartete Konjunkturerholung langsam Wirklichkeit. Im ersten Halbjahr ist die Wirtschaft voraussichtlich leicht gewachsen. Getragen wird die Erholung vor allem von den wieder anziehenden Exporten und dem Konsum.“ Zugleich sei die Inflation auf ein akzeptables Niveau zurückgekehrt. „Eine hohe konjunkturelle Dynamik ist jedoch noch nicht erkennbar“, kommentiert Dr. Laura Dorfer, Geschäftsführerin des Industrieverbunds VDMA Sanitärtechnik und -design. Dennoch gehen die Mitgliedsunternehmen von einer Verbesserung der Geschäftslage im Laufe des Jahres aus. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Industrieverbunds VDMA Sanitärtechnik und -design, der die Zahlen regelmäßig gemeinsam mit dem VDMA Fachverband Armaturen unter seinen Mitgliedern ermittelt. Zwar weist die VDMA-Prognose im Bereich der Gebäudearmaturen einen Rückgang im Inland in Höhe von 1,4 Prozent aus. Im Ausland erwarten die Unternehmen aber ein leichtes Wachstum in Höhe von 0,3 Prozent. Damit fallen die Einschätzungen für das zweite Halbjahr 2024 deutlich besser als für die ersten sechs Monate des Jahres aus.
Für den Bereich Sanitär vor der Wand (Sanitärarmaturen und sonstige Erzeugnisse der Sanitärindustrie) erwarten die Mitgliedsfirmen ein Minus von 1,8 Prozent im Inland und einen Rückgang von 0,5 Prozent im Ausland. Für die Installationstechnik hinter der Wand (technische Gebäudearmaturen und sonstige Installationskomponenten für das Bad) prognostizieren sie einen Rückgang von 1,4 Prozent im Inland, jedoch ein geringes Plus von 0,4 Prozent im Ausland. Das Fazit von Dirk Gellisch, Stellvertretender Vorsitzender des Industrieverbunds VDMA Sanitärtechnik und -design sowie Geschäftsführer der Viega Holding, fällt positiv aus: „Es ist noch zu früh, von einer Rückkehr in die Wachstumsphase zu sprechen, aber eine mögliche Trendwende ist deutlich erkennbar.“