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Stromnetze 27.03.2025, 15:54 Uhr

Energy Lab: KIT erweitert Forschungsinfrastruktur

Dezentrale Einspeisungen von Strom aus erneuerbaren Quellen ersetzen vermehrt zentrale Kraftwerke. Dies verändert die Anforderungen an die Stromnetze. Das neue High Power Grid Lab des Karlsruher Instituts für Technologie soll dazu wichtige Erkenntnisse liefern.

Visualisierung des HPGLs mit Labor- und Bürogebäude sowie der Netzemulatoren auf dem Außengelände. Grafik: Nadine Rönnau

Visualisierung des HPGLs mit Labor- und Bürogebäude sowie der Netzemulatoren auf dem Außengelände. Grafik: Nadine Rönnau

„Mit dem High Power Grid Lab (HPGL) schaffen wir eine weltweit einzigartige Forschungsumgebung, um das Verhalten innovativer Netzbetriebsmittel unter realistischen Bedingungen zu untersuchen“, berichtet Professor Marc Hiller, Leiter des Elektrotechnischen Instituts (ETI) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Dabei soll die Testumgebung das reale Stromnetz so präzise wie möglich nachbilden. Der Betriebsstart ist für 2030 geplant. Im Fokus stehen dann Nieder- und Mittelspannungsnetze zur regionalen Stromverteilung. Der Bau des Energy Lab wird mit 32,8 Millionen Euro aus Mitteln für strategische Ausbauinvestitionen der Helmholtz-Gemeinschaft finanziert.

Erprobung verschiedenster Komponenten unter realen Bedingungen

Durch die zunehmende Elektrifizierung gewinnen miteinander gekoppelte Mittelspannungsnetze, regionale Verteilnetze sowie Industrienetze immer mehr an Bedeutung. Schon heute zählt das Energy Lab am KIT zu den größten Forschungsplattformen Europas. Es verknüpft Versuchsanlagen zur Stromerzeugung, Energiespeicherung und -nutzung miteinander, um ein intelligentes Gesamtsystem zur Energieversorgung zu entwickeln. Durch das HPGL wird diese Infrastruktur zukünftig durch Emulatoren für Mittelspannungsnetze ergänzt.

Die Echtzeitsimulation bestimmt das Systemverhalten der Stromnetze, während die Emulatoren dieses Verhalten in der realen Welt mit realem Leistungsfluss nachbilden. Auf diese Weise können verschiedene Komponenten umfassend erprobt werden. Es entsteht eine flexible Testumgebung, die mit ihrem Verhalten das reale Netz so exakt wie möglich darstellt. So lässt sich zum Beispiel der Energiefluss von einem Mittelspannungsnetz in ein anderes regeln. „Diese Infrastruktur wird eine entscheidende Rolle dabei spielen, neue Technologien für den Umbau unserer Stromnetze zu entwickeln“, ist Hiller überzeugt.

Emulatoren für Mittelspannungsnetze

„Die im HPGL eingesetzten Mittelspannungs-Emulatoren werden speziell für dieses Projekt entwickelt“, erklärt Lukas Stefanski, wissenschaftlich-technischer Projektleiter des HPGL. „Wir können Wechselspannungsnetze bis 20 Kilovolt und Gleichspannungsnetze bis 35 Kilovolt transformatorlos bis zu einer Leistung von 40 Megavoltampere emulieren. Das ist ein entscheidender Fortschritt für die Forschung an leistungsstarken Technologien für die immer wichtiger werdenden Mittelspannungs-Verteilnetze“, sagt der Wissenschaftler. Dr. Rüdiger Schwendemann, Teilprojektleiter für die HPGL-Komponenten, betont: „Ein zentrales Ziel des HPGL ist es, innovative leistungselektronische Betriebsmittel für Mittelspannungsnetze zu entwickeln und unter realen Bedingungen zu testen. Die Emulatoren erlauben es, das Netzverhalten präzise abzubilden sowie Betriebs- und Fehlerzustände reproduzierbar und sicher zu emulieren.“

Nationale und internationale Kooperation

An dem Gesamtprojekt sind am KIT neben dem ETI das Institut für Elektroenergiesysteme und Hochspannungstechnik, das Institut für Automation und angewandte Informatik sowie das Institut für Technische Physik beteiligt. Außerdem sind in der Aufbauphase viele nationale und internationale Industrieunternehmen, Netzbetreiber sowie Forschungsinstitute involviert.

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Von KIT / Marc Daniel Schmelzer