F-Gase-Verordnung: Illegale Importe schmälern den Erfolg
Vor etwas mehr als sechs Jahren hat die EU beschlossen, die Verwendung klimaschädlicher Kältemittel in der Gebäudetechnik bis 2030 drastisch zu reduzieren. Produkte mit hohem Treibhausgaspotenzial wurden seither in mehreren Stufen aus dem europäischen Markt verbannt. Was allen helfen soll, befördert allerdings die kriminelle Energie Einzelner, denen ihr eigener Geldbeutel wichtiger ist als die kontinentale Klimabilanz.
Die Umsetzung der sogenannten F-Gase-Verordnung mit Start am 1. Januar 2015 hat erhebliche Auswirkungen auf den Markt gehabt. Die Hersteller von Kälte- und Klimaanlagen waren gezwungen, Alternativen zu bisher verwendeten Kältemitteln auf Basis teilfluorierter Kohlenwasserstoffe (HFKW) mit hohem Treibhausgaspotenzial (Global Warming Potential, GWP) zu finden. Vielfach ist dies gelungen. Auch die zum Teil erheblichen Preisverwerfungen bei der – aus Umweltgründen kontingentierten – Nachfüllware haben sich zwischenzeitlich wieder reguliert. Dennoch: Wer gutgläubig HFKW-Kältemedien für Wartungszwecke nachkauft oder Servicebetriebe damit beauftragt, kann böse Überraschungen erleben. Denn ein beachtlicher Anteil der in Europa vertriebenen und verkauften HFKW-Kältemittel ist illegal, sprich außerhalb der Quotierung durch die europäische F-Gase-Verordnung importiert worden. Nach Expertenschätzungen könnten die illegalen Einfuhren aus dubiosen Quellen bis zu einem Drittel des Marktes entsprechen.
Nicht schlüssig: Diskrepanz zwischen exportierten und in die EU importierten HFKW-Kältemitteln
Aktuelle Zahlen, die die Oxera Consulting LLP zu diesem Problem gesammelt hat, zeigen, dass ein umfangreicher illegaler Markt das Quotensystem der EU weiterhin umgeht und HFKWs illegal in die EU importiert. Das European Fluorocarbons Technical Committee (EFCTC), eine Sektorgruppe des Cefic (European Chemical Industry Council), hat die Daten ausgewertet. Demnach könnten bis zu 31 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent im Jahr 2019 illegal über die EU-Grenzen gelangt sein. Für die Jahre 2018 und 2019 zusammen, kommen die Analysten sogar auf ein illegales CO2-Äquivalent von bis zu 73 Millionen Tonnen. Das entspricht den jährlichen Emissionen von rund 40 deutschen Kohlekraftwerken oder von mehr als 55 Millionen Autos. „Wir haben eine große Diskrepanz zwischen den von China gemeldeten Exportmengen und den von der EU registrierten Importmengen festgestellt. Diese Diskrepanz hat sich von 2018 auf 2019 zwar leicht verringert, jedoch sind die Exporte aus China in die EU-Nachbarländer von 2018 auf 2019 um 17 % gestiegen“, so Felix Flohr, Sprecher des EFCTC. Selbst unter Berücksichtigung des Marktwachstums könnten potenziell 23 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent an überschüssigen HFKW-Importen für den illegalen Handel mit dem EU-Markt bestimmt gewesen sein.
„Aus unserer Erfahrung ist der Schwarzmarkt immer noch eine große Herausforderung“, berichtet Ville Itälä, Generaldirektor des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung. 2020 habe es die bisher größten Beschlagnahmungen von illegalen HFKWs gegeben. „In Spitzenzeiten haben wir die Mitgliedsstaaten täglich vor illegalen Lieferungen gewarnt“, so Itälä. Erfolge seien allerdings meist nur von kurzer Dauer: Wenn irgendwo eine Lieferung gestoppt wird, könne man zunächst einen Rückgang der illegalen Aktivitäten in dem jeweiligen Land beobachten – allerdings nur, weil die Schmuggler dann andere Routen nutzen, um in die EU zu gelangen. Da die HFKW-Quote im Januar 2021 erneut angepasst und von 63 auf 45 % des Volumens von 2015 reduziert wurde, werden in diesem Jahr erneut große Menge HFKWs aus dem legalen Markt genommen – für Kriminelle erneut die Chance, die Lücke durch illegale Ware zu füllen.
Welche Risiken birgt der Einsatz illegal importierter HFKW-Kältemittel?
Da die HFKWs aus fragwürdiger Quelle stammen, kann der Anwender nicht sicher sein, dass die Kältemittel die erwartete (Kälte-)Leistung erbringen und ihre chemische Zusammensetzung den bekannten industriellen Anforderungen genügt. Im Extremfall kann nicht nur die Anlage geschädigt werden, sondern auch Personenschäden entstehen. Mögliche Folge sind zudem Anlagenstillstand und – aus Sicht des Kältefachbetriebs – haftungsrechtliche Fragestellungen. Klar ist zudem, dass sich in solchen Fällen Garantieansprüche oder Regresse kaum werden durchsetzen lassen. Auch die Einwegbehälter, in denen die illegalen HFKWs vertrieben werden und deren Einsatz in der EU bereits seit 2007 verboten ist, können Sicherheitsmängel aufweisen.
Wie unterscheidet man legale und illegale HFKWs?
Es gibt mehrere Anzeichen, die eine Unterscheidung ermöglichen:
- die Art der Behälter (Einwegbehälter sind in Europa verboten)/ im Umkehrschluss: Erhebt der Lieferant Pfand auf den Behälter?
- die Kennzeichnung von Mehrweg-Behältern (aufgeführt sein sollte unter anderem der Name des Produzenten, der π-Stempel als Zeichen der TPED-Zulassung und die Angabe des EU-Zertifikat EN-133221).
- das Vorhandensein (und die Plausibilität) eines Sicherheitsdatenblattes
- das Preisniveau (ist die Ware verdächtig günstig?)
Generell sollte der Anwender nur seriösen Händlern mit bekannten Lieferwegen und -beziehungen vertrauen und besonders beim Kauf über Online-Plattformen vorsichtig sein.
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