Zum E-Paper
Mehr Informationen erwünscht 05.01.2023, 10:09 Uhr

Heizkosten: Hohe Einsparpotenziale bleiben ungenutzt

Steigende Heizkosten und ein möglicher Engpass bei der Gasversorgung schürten vor Winterbeginn massive Sorgen. Selten war das Thema Energiesparen so präsent, wie in den vergangenen Wochen. Nun offenbart eine Analyse: Deutschen Haushalten und Unternehmen entgehen jährlich Heizkosteneinsparungen in Höhe von rund 7,6 Milliarden Euro.

Foto: panthermedia.net/ filmfoto

Foto: panthermedia.net/ filmfoto

Es sind beeindruckende Zahlen, die der gemeinsam mit dem Pumpenhersteller Grundfos vom britischen Wirtschaftsberatungsunternehmen Centre for Economics and Business Research (Cebr) erstellte Report „Powering Energy Efficiency“ enthält. Demnach könnten alleine in deutschen Haushalten 5,5 Milliarden Euro an Heizkosten eingespart werden. Hinzu kommt ein Potenzial von 2,1 Milliarden Euro, das deutsche Unternehmen nicht für sich nutzen. Dem Report zufolge wüssten Privatpersonen wie Industrie zwar um die Wichtigkeit möglichst energieeffizienter Heizsysteme, jedoch fehlen ihnen vielfach Informationen zu möglichen Einsparmaßnahmen. Oder die Betroffenen können nicht eigenständig handeln, da sie zur Umsetzung auf ihre Vermieter angewiesen sind.

Effizienzmaßnahmen in Privathaushalten: Kaum Handlungsspielraum für Mieter

Die Grundlage für den Cebr-Report liefert eine Studie von Censuswide. Im Oktober 2022 hatte das Marktforschungsunternehmen in Deutschland 2.045 Verbraucher sowie 500 Geschäftsinhaber (Unternehmensgröße 1 bis über 500 Mitarbeiter) befragt. Das Ergebnis: Für mehr als die Hälfte der befragten deutschen Haushalte (56 %) stellen steigende Energierechnungen in diesem Winter die größte Sorge dar, gefolgt von Stromausfällen (28 %) und Heizungsausfällen (18 %). Mehr als jeder Vierte (27 %) kann jedoch nicht angeben, wann seine Heizanlage zuletzt gewartet wurde. Fast jeder Dritte (32 %) ist nicht sicher, wann sein Heizsystem auf Energieeffizienz geprüft wurde. Ein Viertel der Befragten (25 %) ist trotz der möglichen positiven Auswirkungen auf die Lebensqualität nicht an Energieeffizienzmaßnahmen interessiert. 

Personen, die nicht Eigentümer der von ihnen bewohnten Immobilie sind, haben zudem mit weiteren Hürden zu kämpfen: 44 % der Mieter ist nicht bekannt, ob ihre Heizungsanlage auf Energieeffizienz geprüft wurde, fast zwei Drittel (63 %) würden ihre Wohnungen energieeffizienter gestalten, aber etwa die Hälfte (47 %) kann keine Verbesserungen ohne die Zustimmung des Vermieters vornehmen. Hohe Anschaffungskosten, für die Haushalte in Vorleistung gehen müssen, halten jeden Fünften von Energieeffizienzmaßnahmen ab.

Einsparpotenziale in Firmen: Investitionskosten schrecken ab

Auch in der Wirtschaft ist die Sorge der Censuswide-Studie nach groß: Steigende Energiekosten sind für die Hälfte der deutschen Unternehmen der größte Grund für Besorgnis. Hinzu kommen Inflation (44 %) sowie weitere mögliche Steuererhöhungen (22 %). Trotz der Verunsicherung geben nur rund 39 % der Unternehmen an, ihre Heizungsanlage in den vergangenen sieben bis elf Monaten gewartet zu haben. 36 % haben im gleichen Zeitraum einen Energieeffizienz-Check der Heizungsanlage durchführen lassen. Dies zeigt, dass die Dringlichkeit zur Überprüfung der aktuellen Energieeffizienz ihrer Heizsysteme bereits im Bewusstsein vieler Unternehmer verankert ist. Rund 75 % der befragten deutschen Unternehmer ist daran interessiert, ihre Heizungsanlage energieeffizienter zu machen, mehr als ein Drittel (38 %) würde eine Verbesserung der Energieeffizienz ihrer Anlagen in Betracht ziehen, um die Herausforderungen der Energiekrise zu bewältigen. Jedoch werden die anfänglichen Investitionskosten in die Modernisierung des bestehenden Heizsystems beziehungsweise geeigneter Maßnahmen zu mehr Energieeffizienz als zu hoch wahrgenommen: 32 % der befragten Unternehmen gaben dies in der Befragung an. 

Um die steigenden Energiekosten auszugleichen, sehen sich jedoch fast ein Drittel (29 %) der Unternehmer gezwungen, einen Teil der Auswirkungen der Energiekrise an ihre Mitarbeiter abzugeben, indem sie auf ein Remote-Work Modell umstellten. Etwa ein Drittel (31 %) der deutschen Unternehmen erwägt, die Löhne ihrer Mitarbeiter zu kürzen, um die durch die Energiekrise entstandenen Kosten auszugleichen. 23 % haben bereits zu dieser Maßnahme gegriffen. Auch Kunden werden demnach die Auswirkungen zu spüren bekommen: 39 % der Unternehmer ziehen Preiserhöhungen in Betracht und mehr als jeder Dritte (34 %) würde die Geschäftszeiten verkürzen. 

„Wir können es uns nicht leisten, ungenutzte Energieeinsparpotenziale unberücksichtigt zu lassen“

Und noch etwas deckt die Studie auf: Deutsche Unternehmen sind der Ansicht, dass die Regierung als Ausweg aus der Energiekrise mit weiterführenden Maßnahmen eingreifen sollte. Knapp ein Drittel (31 %) nennt Subventionen für Unternehmen als eine wichtige Maßnahme zur Problembekämpfung. Diese würden fast ein Drittel (32 %) der deutschen Unternehmen dazu ermutigen ihre Heizungsanlage zu modernisieren, während knapp ein Drittel (30 %) der Unternehmen sich durch ein Energieaudit beraten lassen würde, wie sie ihre Energieeffizienz verbessern können. „In einer Zeit, in der Deutschland mit unsicheren wirtschaftlichen Aussichten konfrontiert ist, können es sich Haushalte und Unternehmen nicht leisten, ungenutzte Energieeinsparpotenziale unberücksichtigt zu lassen. Nach Schätzung der Bundesregierung befinden sich allein in deutschen Haushalten noch über 20 Millionen ineffiziente Heizungspumpen“, so Martin Palsa, Geschäftsführer Grundfos Deutschland. Hier lasse sich schon mit dem Austausch, zum Beispiel durch eine Hocheffizienzpumpe, schnell, einfach und nachhaltig Energie und damit bares Geld sparen. „Das Stromeinsparpotenzial ist vergleichbar mit dem Verbrauch von rund zwei Millionen Haushalten. Diese Erkenntnisse werden auch durch die Ergebnisse unseres Reports ‚Powering Energy Efficiency‘ bestätigt“, sagt Palsa.

Rowlando Morgan, Head of Environment, Infrastructure & Local Growth bei Cebr, ergänzt: „Die Ergebnisse der Studie unterstreichen, dass unter anderem eine Informationsmängellage, hohe Anschaffungskosten und der Mangel an verfügbaren qualifizierten Installateuren Hindernisse für die Einführung energieeffizienter Maßnahmen in Unternehmen und Haushalten darstellen. Zudem deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die deutsche Regierung weitere Maßnahmen ergreifen muss, darunter die Bereitstellung weiterführender Informationen zum Thema Energieeffizienz, Programme für einkommensschwache Haushalte und Subventionen zum Ausgleich der Anschaffungskosten für die Installation neuer Heizsysteme.“ 

Berechnungsmethode der Einsparpotenziale 

Aufbauend auf der Censuswide-Studie haben die Wirtschaftsberater von Cebr ein virtuelles Round-Table-Gespräch mit Branchenexperten geführt und die gewonnenen Erkenntnisse in die Berechnung der Einsparpotenziale einfließen lassen. Für Privathaushalte wurden folgende Daten zugrunde gelegt:

  • 75 % der deutschen Haushalte werden aus unterschiedlichen Gründen davon abgehalten, ihren Haushalt energieeffizienter zu gestalten
  • Durch einen hydraulischen Abgleich können potenzielle jährliche Einsparungen von 20 % erzielt werden (Angaben Grundfos)
  • Der durchschnittliche Rechnungsbetrag für einen deutschen Haushalt (Raumheizung und Warmwasser) liegt bei 882 Euro (Statista 25.11.22 für das Jahr 2020) 
  • Im Jahr 2021 wurden 41,6 Millionen deutsche Haushalte registriert (Global Data 25.11.22) 
  • 75 % von 41,6 Millionen Haushalten sind 31.200.000 Haushalte mit jährlichen Rechnungen in Höhe von insgesamt 27.518.400.500 Euro, sodass eine potenzielle Gesamteinsparung von 20 % deutschlandweit 5.503.680.100 Euro pro Jahr ausmacht

Für Unternehmen gingen die Analysten von folgenden Vorgaben aus:

  • 67 % der deutschen Unternehmen werden laut Censuswide-Daten durch mindestens ein Hindernis daran gehindert, ihre Unternehmen energieeffizienter zu machen.
  • Durch einen hydraulischen Abgleich können potenzielle jährliche Einsparungen von 20 % erzielt werden (Angaben Grundfos)
  • Zahlen aus dem Jahr 2021 gehen von rund 2,6 Millionen deutschen Unternehmen mit Angestellten aus (Statista 25.11.22)
  • Laut Cebr-Schätzungen belaufen sich die durchschnittlichen jährlichen Gasrechnungen für Unternehmen auf 6 156,81 Euro
  • 67 % von 2,6 Millionen Unternehmen sind 1.742.000 Unternehmen mit jährlichen Rechnungen in Höhe von insgesamt 10.725.163.020 Euro, sodass eine potenzielle Einsparung von 20 % im ganzen Land 2.145.032.604 Euro pro Jahr beträgt.
Von Marc Daniel Schmelzer / Grundfos