Planung: Nur jeder fünfte Betrieb nutzt BIM
Große öffentliche Infrastrukturprojekte müssen seit 2020 mit BIM umgesetzt werden. Seit dem 1. Januar 2023 ist der Einsatz von Building Information Modeling auch bei Hochbauprojekten des Bundes verpflichtend. Die Branche jedoch hat Nachholbedarf.
Um teure Planungsfehler und Zeitverzögerungen im Bau zu minimieren, setzt die Bundesregierung auf Digitalisierung: Building Information Modeling soll für maximale Transparenz und Planungssicherheit sorgen – nun auch im Hochbau. Trotz dieser forcierten Vorgaben nutzt ein Großteil der Architektur- und Ingenieurbüros, Bauunternehmen und Installationsfirmen BIM bisher nicht. Aktuelle Zahlen der Marktanalysten von Bauinfoconsult belegen: Nur bei rund 20 % der deutschen Planungs-, Bau- und Handwerksfirmen kommt die digitale Planungsmethode zum Einsatz.
Potenzial von BIM nicht genutzt
Für ihren BIM-Monitor 2022 haben die Düsseldorfer Marktdatenspezialisten über 300 Firmen telefonisch zu ihren Erfahrungen und Einschätzungen zum Thema BIM befragt. „Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass BIM einen guten Ruf in der Branche hat, aber oftmals noch nicht ausschöpfend angewendet wird,“ so Alexander Faust, Marktanalyst bei Bauinfoconsult. Dabei liegen die Vorteile auf der Hand: „BIM bündelt als eine Methode der vernetzten Zusammenarbeit alle relevanten Daten in einem digitalen Modell, dem digitalen Zwilling des Bauwerks. Da alle wesentlichen Bauakteure in Modellen arbeiten, stehen die dort verarbeiteten Informationen wiederum allen zur Verfügung. Ändert ein Planer beispielsweise den Gebäudegrundriss ab, können die anderen Projektbeteiligten ihre Fachplanung unmittelbar darauf anpassen. Und passen die Entwürfe nicht mehr zusammen, werden diese Kollisionen nicht erst während des Bauprozesses bemerkt, wo sie zu teuren Zeitverzögerungen führen“, erklärt Faust.
Markt erfordert die Umstellung auf BIM
Doch warum sind die Akteure auf dem deutschen Markt noch so zögerlich und was kann helfen, damit BIM noch mehr Fahrt aufnimmt? Die Zahlen des BIM-Monitors zeigen, dass die Planungsmethode derzeit vor allem angewendet wird, weil es von den Kunden so gewünscht ist (36 %), um weiterhin wettbewerbsfähig zu sein (30 %) oder auch, um interne Prozesse zu optimieren (30 %). André Friedel, BIM-Experte beim Planungs- und Beratungsunternehmen Drees & Sommer, sieht in den Ergebnissen ein klares Zusammenspiel von Push- und Pullfaktoren: „Die Markterfordernis und die Notwendigkeit, wettbewerbsfähig zu bleiben, lösen den Change aus. Optimierung der internen Prozesse und der Bauabläufe sind dann die konsequente Folge und fast schon ein Mitnahmeeffekt.“ Immerhin liegt der Anteil der BIM-Projekte am Unternehmensumsatz bei den Firmen, die die Planungsmethode anwenden, im Schnitt bei 31,8 %.
„Aktuell scheint die Nachfrage- und Kapazitätskrise in der Bauwirtschaft die BIM-Verbreitung noch zu hemmen“, sagt auch Alexander Faust. Er geht davon aus, dass bei einer wieder erstarkten Marktnachfrage sich die Verbreitung von BIM in der Arbeitspraxis wieder verstärkt ausweiten wird. Das belegen auch die Zahlen: Wenn Building Information Modeling als Methode vom Auftraggeber gewünscht ist, sagen 32 % der jetzigen BIM-Nicht-Nutzer, dass sie BIM einführen würden – auch um in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein (20 %) oder auch generell auf Druck des Marktes (20 %). Immerhin 21 % erkennen an, dass BIM zu einer Optimierung der Bauabläufe führt.
BIM-Fortbildung als Investition in die Mitarbeitenden
Als Hemmnisse sehen die Befragten neben dem Investitionsaufwand die Komplexität des Themas, die für erhöhten Schulungsaufwand sorgt. Denn die größten Hürden für den Einstieg in BIM liegen mittlerweile weniger an technischen Voraussetzungen, sondern vor allem in den dafür notwendigen Veränderungen der Betriebsabläufe und der Mitarbeiteraufgaben. Dabei sind bei den geschätzten oder geplanten Investitionen in BIM die Investitionen in Soft- oder Hardware deutlich geringer als der Schulungsaufwand.
Mit 47 % plant fast die Hälfte der Befragten in nächster Zeit in eine umfassende BIM-Weiterbildung für ihre Mitarbeitenden zu investieren. André Friedel von Drees & Sommer kann das aus eigener Erfahrung nur befürworten: „Der größte Invest betrifft tatsächlich die Ausbildung und Entwicklung der Mitarbeiter. Unsere Erfahrung in der strategischen Implementierung digitaler BIM-Prozesse ist, dass neben der intensiven Schulung der Mitarbeiter vor Projektstart auch eine fachlich-technische Begleitung über mindestens das erste Pilotprojekt hinweg sehr sinnvoll ist. Diese Investition lohnt sich aus unserer Sicht langfristig für Unternehmen und Mitarbeitende.“