Recht auf Barrierefreiheit für Eigentümer und Mieter
Die Bundesregierung ist dabei, das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) grundlegend zu reformieren. Die erste Hürde hat der Regierungsentwurf von April dieses Jahres genommen: Der Deutsche Bundestag hat am 17. September der Vorlage zugestimmt. Sollte sie im Herbst durch den Bundesrat kommen, dürfte das novellierte Gesetz Januar 2021 in Kraft treten. Der TGA-Bereich ist mit Erlassen unter anderem auch zur energetischen Sanierung angesprochen.
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) aus dem Jahr 1951 wollte und will den dringend notwendigen Wohnungsbau stärken und breiten Bevölkerungsschichten den Erwerb eines Eigenheims ermöglichen. Im Laufe der nun 70-jährigen Existenz des WEG haben sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die umweltpolitischen Herausforderungen und die technischen Möglichkeiten allerdings deutlich verändert. Zum Beispiel: Aufgrund des demografischen Wandels steigt das Bedürfnis, Wohnungen barrierereduzierend aus- und umzubauen. Zum Beispiel: Für die Erreichung der Klimaziele ist die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden unerlässlich. Zum Beispiel: Auch die Errichtung von Lademöglichkeiten zur Förderung der Elektromobilität – eine Tätigkeit, die auch dem TGA-Bereich zugestanden ist – verlangt Eingriffe in die Bausubstanz.
Einige Baumaßnahmen künftig mit einfacher Stimmenmehrheit möglich
Nun bedarf es allerdings für bauliche Maßnahmen häufig der Zustimmung aller oder eines hohen Anteils der Wohnungseigentümer. Auf Beschluss der Konferenz der Justizministerien der Länder hat deshalb eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe Empfehlungen für eine umfassende Reform des WEG erarbeitet, die die Bundesregierung in ein Wohneigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) überführt hat. Am 17. September erhielt der Entwurf die Zustimmung des Deutschen Bundestags. Das WEMoG gibt Eigentümergemeinschaften mehr Verantwortung und Pflichten. Blockadehaltungen einzelner Eigentümer werden aufgelöst und dringend notwendige Prozesse wie Sanierungen können einfacher umgesetzt werden. Denn nach noch geltendem Recht muss für bauliche Veränderungen am gemeinschaftlichen Eigentum in der Regel die Zustimmung aller Wohnungseigentümer vorliegen. Die indes kann jeder Wohnungseigentümer auch ohne ernsthaften Grund verweigern. Deshalb sind viele Beschlüsse in der Praxis gerade in größeren Gemeinschaften kaum zu erreichen.
Der Entwurf sieht deshalb unter anderem vor, dass bauliche Maßnahmen zur energetischen Sanierung, zur Errichtung einer Lademöglichkeit für elektrisch betriebene Fahrzeuge, wie auch zur Barrierereduzierung privilegiert werden. Diese Maßnahmen sollen künftig nicht mehr der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfen. Vielmehr soll jeder Wohnungseigentümer einen Rechtsanspruch darauf haben (§ 20 Absatz 2). Die Eigentümerversammlung darf die Baumaßnahmen in der Regel nicht verwehren. Sie darf aber auf die Art der Durchführung der Maßnahme Einfluss nehmen und zum Beispiel beschließen, dass die Gemeinschaft die Baumaßnahme organisiert, damit diese den Überblick über den baulichen Zustand der Wohnanlage behält. Die Kosten der Maßnahme soll der begünstigte Wohnungseigentümer tragen.
Barrierereduzierungen und E-Ladestationen einfacher zu realisieren
Zusätzlich soll grundsätzlich auch jeder Mieter einen Anspruch gegen den jeweiligen Vermieter erhalten, dass ihm bauliche Maßnahmen zur Barrierereduzierung oder zur Errichtung einer Lademöglichkeit für elektrisch betriebene Fahrzeuge auf seine Kosten gestattet sind. Nach dem Entwurf können bauliche Veränderungen zukünftig grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden (§ 20 Absatz 1). Die Kosten baulicher Veränderungen, insbesondere von energetischen Sanierungsmaßnahmen, die sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren, sollen von allen Wohnungseigentümern zu tragen sein; das Gleiche gilt für Maßnahmen, die der Anpassung der Wohneigentumsanlage an einen zeitgemäßen Zustand dienen. Das soll verhindern, dass Wohnungseigentumsanlagen auf dem baulichen Zustand ihrer Errichtung „versteinern“. Andere bauliche Veränderungen sind dagegen nur von den Wohnungseigentümern zu bezahlen, die für die bauliche Veränderung gestimmt haben. Das könnte zum Beispiel eine PV-Anlage auf dem Dach sein. Umgekehrt sollen aber auch nur diese Wohnungseigentümer zur Nutzung des umgestalteten gemeinschaftlichen Eigentums berechtigt sein.