Treibhausgasemissionen: Gebäudebereich erneut über Zielvorgabe
Ungeachtet der bis 2030 definierten Klimaschutzziele steigen die Treibhausgasemissionen in Deutschland wieder an. Allerdings überschreiten nur zwei Sektoren die Vorgaben des Bundesklimaschutzgesetzes für das vergangene Jahr: der Verkehrssektor und der Gebäudebereich.
Es wurden Einsparungen erzielt, die Vorgaben aber dennoch nicht erreicht. Das Jahresfazit zur Reduzierung von CO2-Emissionen im Gebäudebereich erinnert an die Floskeln eines Fußballtrainers im Nachgang eines verlorenen Spiels. Die Mannschaft habe sich bemüht, die Niederlagenserie der Vergangenheit konnte aber dennoch nicht beendet werden. Positiv formuliert könnte man sagen: Der Weg ist das Ziel. Und so überschreitet der Gebäudebereich 2021 die Zielvorgabe von 113 Millionen CO2-Äquivalenten um zwei Millionen Tonnen, kann aber dennoch eine Emissionsminderung von knapp vier Millionen Tonnen (minus 3,3 Prozent) im Vergleich zu 2020 für sich reklamieren. Diese Reduzierung sei im Wesentlichen allerdings als Sondereffekt auf deutlich verringerte Heizölkäufe zurückzuführen, so das UBA. Die Heizöllager seien aufgrund der günstigen Preise und in Erwartung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes bereits 2019 und 2020 umfangreich aufgestockt worden. Der Erdgasverbrauch stieg hingegen witterungsbedingt an.
Treibhausgasemissionen: Energiesektor mit massivem Anstieg
Nach aktuellen Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA) wurden im Jahr 2021 bundesweit rund 762 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt. Das sind gut 33 Millionen Tonnen oder 4,5 % mehr als 2020. Besonders auffällig ist der Anstieg mit einem Plus von 27 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten im Energiesektor. Maßgeblich dafür ist nach Einschätzung des UBA die gewachsene Stromnachfrage, eine geringere Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sowie die aufgrund des gestiegenen Gaspreises verstärkte Nutzung von Kohle zur Stromerzeugung. Da das Bundesklimaschutzgesetz für den Energiesektor jedoch keine konkreten Vorgaben hinsichtlich des zu erreichenden CO2-Äquivalenten macht, überschreiten auf dem Papier nur die Sektoren Gebäude und Verkehr die festgelegten Jahresemissionsmengen.
Industrie fast wieder auf Vor-Corona-Niveau
Und hier die Zahlen im Einzelnen: Im Verkehrssektor wurden im vergangenen Jahr rund 148 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen. Damit liegen die Treibhausgasemissionen dieses Sektors 1,2 % über dem Wert von 2020 und rund drei Millionen Tonnen über der im Bundesklimaschutzgesetz für 2021 zulässigen Jahresemissionsmenge von 145 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Ein Grund für den Zuwachs ist nach Auffassung des UBA, dass der Straßengüterverkehr auf den Autobahnen wieder auf ein Niveau leicht oberhalb des Jahres 2019 angestiegen ist. Der Pkw-Verkehr sei hingegen weiter niedriger als vor der Corona-Pandemie (2019).
Im Sektor Industrie stiegen die Emissionen gegenüber dem Vorjahr um gut neun Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (plus 5,5 %). Mit rund 181 Millionen Tonnen lagen sie damit wieder fast auf dem Niveau von 2019, aber knapp unter der im Bundesklimaschutzgesetz festgeschriebenen Jahresemissionsmenge von 182 Millionen Tonnen.
Rückläufig waren die Treibhausgasemissionen nach Berechnungen des UBA in 2021 im Sektor Landwirtschaft (minus 2,0 % beziehungsweise 1,2 Millionen Tonnen auf 61 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente) sowie im Abfallsektor (minus 4,3 % auf rund acht Millionen Tonnen).
Klimaschutz-Sofortprogramm soll Emissionen weiter senken
„Die Reduzierung der Treibhausgasemissionen von 2020 ist fast zur Hälfte schon wieder verloren“, resümiert UBA-Präsident Dirk Messner. Die Zahlen zeigen deutlich, dass die Ziele der Bundesregierung schnellstens angegangen werden müssen. Aus dem Klimaschutzministerium heißt es dazu: „Der Anstieg der Treibhausgasemissionen hat sich leider abgezeichnet. Dem wird die Bundesregierung jetzt mit einem Klimaschutz-Sofortprogramm zügig entgegenwirken“, so Staatssekretär Patrick Graichen. Das A & O sei ein wesentlich höheres Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien. „Wir müssen es schaffen, dreimal so viele Kapazitäten wie bisher zu installieren, um den Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung bis 2030 auf 80 % zu steigern.“
Die Emissionsdaten des Jahres 2021 werden nun, wie im Gesetz vorgesehen, vom Expertenrat für Klimafragen geprüft. Der Expertenrat legt innerhalb eines Monats eine Bewertung der Daten vor. Danach haben die jeweils zuständigen Ministerien laut Gesetz drei Monate Zeit, ein Sofortprogramm vorzulegen, das Vorschläge für Maßnahmen enthält, die den Gebäudesektor und Verkehrssektor in den kommenden Jahren auf den vorgesehenen Zielpfad bringen. Die Bundesregierung arbeitet bereits an einem Klimaschutz-Sofortprogramm, das diese Anforderungen so weit wie möglich erfüllen soll.
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