Urteil zu Stundenlohnarbeiten und Einheitspreisen
Die Frage der Honorierung sorgt bei Bauprojekten immer wieder für Streit: Wann dürfen Arbeiten im Stundenlohn abgerechnet werden? Sind Klauseln, wonach bestimmte Leistungen in Einheitspreise einzuberechnen sind, wirksam? Im vergangenen Jahr gab es dazu ein Urteil.
Der klagende Bauunternehmer macht für von ihm erbrachte Leistungen eine Vergütung auf Stundenlohnbasis geltend, die deutlich über zehn Prozent der Gesamtabrechnungssumme ausmacht. Außerdem möchte er die Leistungen der Bestandsdokumentation separat vergütet erhalten. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 27.2.2023 – 29 U 117/20) weist die Klage ab.
Abrechnung auf Stundenbasis nur nach vorheriger Vereinbarung
Erstens: Bezüglich der geltend gemachten Vergütung nach Stundenaufwand kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht beweisen konnte, dass er überhaupt mit Stundenlohnarbeiten beauftragt worden war.
Das Gericht bezieht sich auf Paragraf 2 Absatz 10 VOB/B, wonach Stundenlohnarbeiten vor ihrer Ausführung ausdrücklich als solche beauftragt werden müssen. Der Auftragnehmer soll nicht nach Ausführung einer Leistung argumentieren können, die Abrechnung nach Stundenaufwand sei üblich oder eine andere Art der Abrechnung sei nicht möglich. Auch stillschweigend ist eine Stundenlohnabrede danach nicht möglich. In der Unterzeichnung eines Stundenlohnzettels kann im Einzelfall die (nachträgliche) Vereinbarung von Stundenlohnarbeiten liegen. Bestreitet der Auftraggeber dies, fehlt es an einer ausdrücklichen Vereinbarung. Zu beachten ist, dass der Objektüberwacher ohne besondere Vollmacht nicht zur Vereinbarung von Stundenlohnarbeiten bevollmächtigt ist.
Es ist umstritten, ob Paragraf 2 Absatz 10 VOB/B einer Inhaltskontrolle standhält, wenn die VOB/B nicht insgesamt vereinbart ist. Das Gericht prüft daher parallel noch die Rechtslage nach BGB. Nach BGB ist nicht immer eine vertragliche Abrede über Stundenlohnarbeiten erforderlich. Das gilt, wenn es nach den Umständen üblich ist, dass eine Leistung nach Stundenlohn abgerechnet wird. Insbesondere kleinere Nebenarbeiten werden üblicherweise nach Stundenlohn abgerechnet. Nach dem vom Kläger behaupteten Umfang handelte es sich vorliegend aber nicht um solche kleineren Leistungen.
Das Gericht geht nicht darauf ein, dass dem Kläger ungeachtet der Tatsache, dass eine Stundenlohnvereinbarung nicht nachgewiesen ist, eine Vergütung nach Paragraf 2 Absatz 5 oder 6 VOB/B zustehen kann: Wenn der Auftraggeber eine Leistung veranlasst, die vom Leistungssoll nicht umfasst ist, oder der Auftragnehmer sich auf Paragraf 2 Absatz 8 VOB/B berufen kann, steht ihm dafür selbstverständlich eine Vergütung zu, die nur eben nicht nach Stundenaufwand, sondern nach den tatsächlichen Kosten zu ermitteln ist. Der Kläger hatte dazu offenbar nichts vorgetragen.
Regelungen müssen klar und verständlich formuliert sein
Zweitens: Soweit der Kläger für die Bestandsdokumentation eine gesonderte Vergütung beansprucht, verweist der beklagte Auftraggeber auf eine Regelung in den Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis, wonach die Kosten für die Erstellung der Dokumentation in die Einheitspreise einzurechnen sind.
Allerdings werden solche Regelungen, die dem Auftragnehmer auferlegen, bestimmte Leistungen „einzukalkulieren“, unter Umständen als überraschende Klausel (Paragraf 305c Absatz 1 BGB) nicht Vertragsbestandteil. Das ist dann der Fall, wenn sie an einer Stelle in der Leistungsbeschreibung untergebracht sind, an der der Auftragnehmer mit solchen Regelungen nicht rechnen muss, weil sie nicht in den Zusammenhang gehören. Wenn die Regelung unmittelbar im räumlichen Zusammenhang mit den betroffenen Leistungspositionen steht oder sonst in eine deutlich erkennbare Beziehung gesetzt wird, ist sie regelmäßig nicht überraschend. Vorliegend stand dieser Gesichtspunkt nicht zur Debatte.
Bei reinen Vereinbarungen zum Leistungsinhalt findet eine allgemeine Angemessenheitskontrolle nicht statt. Solche Klauseln können aber wegen Intransparenz unwirksam sein (Paragraf 307 Absatz 3 Satz 2 BGB). Jede Regelung muss für sich genommen klar und verständlich formuliert sein und zudem auch im Kontext mit weiteren Regelungen nachvollziehbar sein. Der Zusammenhang verschiedener Regelungen muss sich entweder aus der räumlichen Anordnung der Klauseln im Vertrag oder durch entsprechende klare Verweise ergeben. Eine Vertragsgestaltung, die objektiv geeignet ist, den Vertragspartner bezüglich seiner Rechtsstellung irrezuführen, verstößt nach der Ansicht des OLG gegen das Transparenzgebot. Im unternehmerischen Verkehr (zwischen Gewerbetreibenden oder öffentlichen Auftraggebern) sind allerdings im Hinblick auf die besonderen beruflichen Kenntnisse und die Erfahrung der Vertragspartner in der Regel geringere Anforderungen an die Transparenz zu stellen.
Unter Anwendung dieser Grundsätze stellte das Gericht fest, dass die Klausel im vorliegenden Vertrag nicht intransparent war. Kritisch sind Klauseln, die dem Auftragnehmer auferlegen, bestimmte Leistungen einzukalkulieren, dann, wenn es um Umstände geht, die der Auftragnehmer bei der Kalkulation gar nicht erkennen kann. Insbesondere Klauseln, mit denen dem Auftragnehmer das Planungsrisiko übertragen wird (Vollständigkeitsklauseln), sind daher regelmäßig als unwirksam anzusehen.
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