Wärmepumpen: 40 Prozent Preissenkung anvisiert
Werden Wärmepumpen bald deutlich günstiger verfügbar sein? Im Rahmen eines Pressetermins beim Bundesverband Wärmepumpe machten Industrievertreter konkrete Angaben zu angestrebten Preisveränderungen – und Lösungsvorschläge zur Behebung des Fachkräftemangels.
Am 3. April hatte das Drei-Parteien-Kabinett seinen Regierungsentwurf für das novellierte Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorlegt. Seither wird viel diskutiert. Eine erste Rückäußerung der Industrie folgte umgehend: Im Rahmen einer Online-Pressekonferenz hatte der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) am 5. April seine Ansicht zum offiziellen Regierungsentwurf vorgetragen. Mit am Tisch saßen unter anderem Dr. Kai Schiefelbein, Geschäftsführer von Stiebel-Eltron, sowie Claus Fest, Leiter Energiewirtschaft und Beschaffung im Energiekonzern EnBW. Bemerkenswert waren vor allem die Aussagen zur Preisentwicklung bei Wärmepumpen und zu den Möglichkeiten der Behebung des Personalmangels.
Keine Pflicht zur Wärmepumpe
Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer des BWP, hob in seiner Einführung zunächst auf die 65 %-Regel ab: „Es bleibt im offiziellen Entwurf dabei, dass ab 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 % mit erneuerbarer Energie betrieben werden muss, gleichgültig ob Neubau oder Altbau, also auch im Fall eines Ersatzes im Bestand.“ Ausnahmen seien selbstverständlich vorgesehen. Aktuell produzierten die deutschen Heizungen zu noch 80 % die Wärme aus fossiler Energie, ein Drittel des Energiebedarfs in Deutschland entfällt auf das Heizen von Gebäuden. „Das heißt, es ist aus Klimaschutzgründen ganz dringend notwendig, im Gebäudebereich voranzukommen. Wir stehen hier nicht alleine da. Das ist eine europaweite Bewegung. Bezogen auf die 65 % hat der Gebäudeeigentümer die freie Wahl, mit welcher Option er das Gebot erfüllen will“, so Sabel. Es bestehe also keine reine Wärmepumpenpflicht, wie vielfach in der Presse dargestellt.
Holz nur im Altbau
Folgende Anlagen erfüllen die Anforderung nach Paragraf 71 des Entwurfs:
- erstens der Anschluss an ein Wärmenetz,
- zweitens elektrisch angetriebene Wärmepumpen,
- drittens Stromdirektheizungen,
- viertens solarthermischen Anlagen,
- fünftens Heizungsanlagen zur Nutzung von Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate und
- sechstens Wärmepumpen-Hybridheizung, bestehend aus einer elektrisch angetriebenen Wärmepumpe in Kombination mit einer Gas-, Biomasse- oder Flüssigbrennstofffeuerung.
Zu fünftens ist jedoch zu sagen, dass nach Paragraf 71 Biomasse und ihre Derivate (Pellets, Holz, Biogas) für den Neubau nicht zulässig sind, weil man diesen relativ knappen Energieträger für den Altbau nutzen und nicht im Neubau verschwenden will. Der Neubau bietet andere Möglichkeiten. Grüner Wasserstoff: weitgehend CO2-frei, da er durch die Elektrolyse von Wasser mit erneuerbarem Strom gewonnen wird. Blauer Wasserstoff: Dampfreformierung von fossilen Brennstoffen, etwa Erdgas. Das anfallende CO2 wird unterirdisch eingelagert. Damit ist blauer Wasserstoff ebenfalls weitgehend CO2-neutral.
Auflagen für Hybridheizungen
Beim Einbau oder Aufstellung einer Wärmepumpen-Hybridheizung gelten die Vorgaben des Paragrafen 71 Absatz 1 als erfüllt, wenn:
- erstens der Betrieb bivalent parallel mit Vorrang für die Wärmepumpe erfolgt, sodass der Spitzenlasterzeuger nur eingesetzt wird, wenn der Wärmebedarf nicht mehr von der Wärmepumpe gedeckt werden kann,
- zweitens die einzelnen Wärmeerzeuger, aus denen die Wärmepumpen-Hybridheizung kombiniert ist, über eine gemeinsame, fernansprechbare Steuerung verfügen und
- drittens der Spitzenlasterzeuger im Fall des Einsatzes von gasförmigen oder flüssigen Brennstoffen ein Brennwertkessel ist.
Im Fall einer Hybridheizung muss zusätzlich die thermische Leistung der Wärmepumpe mindestens 30 % der Leistung des Spitzenlasterzeugers entsprechen (Teillastpunkt „A“ nach DIN EN 14825) des versorgten Gebäudes oder Gebäudeteils. Sabel dazu: „Bei den 30 % geht man davon aus, dass die Wärmepumpe trotzdem den Löwenanteil des Wärmebedarfs abdeckt und der Kessel oder die alternative Heizung nur zu wenigen Zeiten anspringt. Die Wärmepumpe hat Vorrang.“
Preissenkungen für Wärmepumpen erwartet
Eine aufschlussreiche Antwort gab Stiebel-Eltron-Geschäftsführer Kai Schiefelbein auf die Frage: Wie werden sich die Kosten für Wärmepumpen inklusive der Installation aufgrund der Skaleneffekts, des erwarteten enorm steigenden Absatzes, in den Jahren bis 2025 und 2030 entwickeln? „Bis 2025 wird sich da nicht viel tun, weil wir im Moment alle die Fertigungskapazitäten hochfahren und die Komponenten, die wir dafür einkaufen müssen, deutlich teurer werden“, so Schiefelbein. Bis 2030 gehe er aber davon aus, dass sich die Wärmepumpe inklusive Installation um 40 % vergünstigen wird. „Wie gesagt, die Vergünstigung setzt sich dann zusammen aus geringeren Kosten für die Wärmepumpe und für die Installation. Die geringeren Kosten für die Wärmepumpe werden unter anderem dadurch entstehen, dass die Hersteller ihre Wertschöpfungskette erhöhen, dass die Hersteller die Wärmepumpen mehr für die Produktion entwickeln werden – beispielsweise werden weniger Teile in der Wärmepumpe verbaut werden, sodass Montageschritte eingespart werden und solche, die heute noch per Handarbeit geschehen, automatisiert werden können. Man wird die Integration erhöhen und Kunststoffteile einsetzen, die eine breitere Funktion haben, als das mit den heute verwendeten Materialien der Fall ist“, erklärt Schiefelbein.
Vereinfachung der Installationen
„Der zweite Teil der Einsparung wird aus der Installation kommen: Man wird dafür sorgen, dass die Wärmepumpe einfacher zu installieren ist. Dazu gehört die Schwingungsentkopplung zum Heizungssystem. Aus akustischen Gründen. Wir werden deshalb an der Wärmepumpe Steckanschlüsse für die Hydraulikverbindungen an die Wasserrohre vorsehen, wir werden auf der Elektroseite Einiges tun, wir werden das Aufstellen vereinfachen, indem wir Wandkonsolen und Aufstellkonsolen anbieten, sodass kein Betonfundament mehr gegossen werden muss. Bei den Handwerkern wird die größere Routine ebenfalls zur Kostensenkung beitragen. Der ZVSHK ist ja hier sehr aktiv.“ Stichworte seien Vorplanung und eine bessere Organisation der Arbeitsprozesse draußen im Feld. Der Stiebel-Geschäftsführer: „Eine Untersuchung eines britischen Forschungsinstituts hat bestätigt: eine Kostensenkung von 40 % bei heutigem Geldwert bis 2030 ist zu erwarten.“
100.000 Fachkräfte fehlen
Könnte der Fachkräftemangel zum Hemmschuh des Wärmepumpen-Hochlaufs werden, beziehungsweise wie könnte an dem entgegenwirken? Auch diese Frage kam natürlich. Der Status Quo: Laut Bundesamt für Statistik beschäftigen die deutschen SHK-Betriebe derzeit rund 400.000 Mitarbeitende. Zieht man davon die reinen Verwaltungskräfte im Büro und die Sanitärspezialisten ab, bleiben potenziell etwa 200.000 Wärmepumpen-Monteure übrig. In diesem Zusammenhang sei es unbedingt notwendig, „dass die Energiepreise sinken und somit die Perspektive klar ist. Ausbildung und Fortbildung müssen sich lohnen. Wir haben sehr viel gut ausgebildete Fachhandwerker, die motiviert werden müssen“, fordert Martin Sabel.
Man müsse jedoch auch mehr die Kooperationen fördern. Die seien zwar heute schon da, aber noch nicht ausgeprägt genug. Energieversorger Claus Fest: „Das fängt an bei der Photovoltaikanlage, über den Batteriespeicher bis hin zur Wärmepumpe und zur klassischen Heizung, wie etwa der Fußbodenheizung und der Radiatorheizung.“ All diese Ansätze, inklusive die industriellen Vereinfachungen, lösten das Fachkräftemangelproblem aber nicht wirklich. „Es bleibt dabei, das Aufstellen einer Wärmepumpe wird immer noch die doppelte Zeit gegenüber dem Auswechseln einer Gastherme in Anspruch nehmen“, so Kai Schiefelbein. Um die angestrebten sechs Millionen Anlagen in 2030 ans Netz zu bringen, müssten 100.000 Fachkräfte hinzukommen.
Man müsse sich deshalb, so der allgemeine Tenor, um Quereinsteiger kümmern, um Zuwanderer, um neue Geschäftsmodelle, auch um neue Berufsbilder. Man habe da Hoffnung, da die Wärmepumpe ja ein spannendes Gebiet ist, das immer mehr junge Leute anziehe, wie demnach beispielsweise Zahlen aus Baden-Württemberg belegen.
Wärmepumpen-Stromtarif nicht zielführend
Ein spezieller Wärmepumpen-Strompreis, wie er im Übrigen bei einigen Versorgern schon seit 50 Jahren existiert, fand nicht die Zustimmung von EnBW-Mann Fest. Generelle Preissenkung ja, allerdings „nicht über das Monster Strompreisbremse. Gaspreisbremse und Wärmebremse sind auch nicht viel besser. Wäre es nicht politisch sinnvoller, etwa bei der Stromsteuer und der Mehrwertsteuer anzusetzen. Das sind sehr einfache Schritte, sehr unbürokratisch und sehr schnell umzusetzen. Man hat andere Wege politisch gesucht, warum auch immer. Aber gehen wir mal über diesen Punkt hinweg. Wir stellen etwas anderes fest. Gerade im Neubau ist der Trend vieler Kunden, wegzugehen vom zweiten Zähler für die Wärmepumpe. Der integrierte Ansatz ist oftmals viel attraktiver, insbesondere, wenn es um die Einbindung von Photovoltaik, Stromspeicher und Elektromobilität geht. Da ist einfach die Zusammenführung über einen einzigen Zähler richtig. Das erfordert jedoch Energiemanagementsysteme, die helfen zu optimieren, zu steuern, um den Verbrauch im Haus aufeinander abzustimmen. Die Bundesnetzagentur plädiert ebenfalls für das Einzählermodell. Zwei Zähler bedeuten in jedem Fall Kosten. Sie müssen gegebenenfalls den Verteilerkasten umbauen und das kann bis 2.000 Euro gehen. Wir sollten besser die Strompreise attraktiver machen.“
Hemmschuh Wasserstoffdiskussion
Wasserstoff in der Heizung kann allenfalls eine Nischenlösung sein. Der BWP: „Die Politik der falschen Zeichen könnte sich im GEG noch verstärken. Je nachdem wie der Gesetzgeber mit dem Vorschlag weiter verfährt, dass auch Erdgasheizungen als Erfüllungsoption der 65 % Pflicht anerkannt werden, wenn sie „H2-ready“ sind und der Gasnetzbetreiber einen Transformationsplan vorlegt.“ Laut Gesetzentwurf wäre das jedoch mit harten Anforderungen verbunden, Gasnetzbetreiber müssten für entsprechende Versorgungsgebiete verbindliche Zusagen machen und massive Investitionen leisten, was angesichts der großen Effizienzvorteile von Wärmepumpen nur in vereinzelten Insellösungen eine Rolle spielen dürfte. Der BWP: „Beim Verbraucher könnte aber die Erwartung entstehen, dass diese Option auch in der Breite des Gebäudebestands einsatzfähig ist. Er könnte sich deshalb mit dem Wechsel zu einer Wärmepumpe zunächst zurückhalten. Es ist Aufgabe der Politik, falschen Erwartungen entgegenzutreten.“
Bei der diskutierten Vorlage zum GEG handelt es sich um den Regierungsentwurf. Dieser muss noch durch den Bundestag und den Bundesrat. Bis zur Gesetzesverkündigung kann dies noch einige Monate in Anspruch nehmen.