Wärmepumpen: Welche Rolle spielt das menschliche Geräuschempfinden?
Im vergangenen Jahr wurden nach Zahlen des Bundesverband Wärmepumpe 205.000 Luft-Wasser-Wärmepumpen verkauft – ein Plus von 61 Prozent gegenüber 2021. Trotz wachsender Nachfrage bleibt eine Herausforderung bestehen: Die Geräte arbeiten nicht völlig geräuschlos. Je dichter die Bebauung, desto eher können sich Menschen durch die Betriebsgeräusche gestört fühlen. Dabei ist keineswegs nur der messbare Schalldruckpegel ausschlaggebend, sondern das menschliche Geräuschempfinden.
Eine Wärmepumpe funktioniert im Prinzip ähnlich wie ein Kühlschrank. Dieser entzieht Lebensmitteln in seinem Inneren die Wärme und gibt sie nach außen ab. Luft-Wasser-Wärmepumpen entziehen der Umgebungsluft ihre Wärme und geben diese an das Heizungssystem ab, das die Wohnung erwärmt beziehungsweise zur Warmwasserbereitung genutzt wird. Ventilatoren sorgen für den notwendigen Außen-Luftstrom über den Verdampfer des Geräts und erzeugen beim Betrieb zwangsläufig mehr oder weniger Geräusche. Das trifft auch auf die per se besonders leisen Ventilatoren mit GreenTech EC-Motoren zu. Auch kann die Einbausituation die Geräuschentwicklung negativ beeinflussen. Wer Luft-Wasser-Wärmepumpen herstellt oder einsetzt, muss sich also zwangsläufig mit dem Thema Geräuschentwicklung auseinandersetzen. Dabei genügt es meist nicht, nur die Grenzwerte der DIN 18005 und TA-Lärm zu beachten. Die in den Richtlinien und Normen festgelegten und auf dem Prüfstand messbaren Werte haben nur wenig mit dem individuellen menschlichen Geräuschempfinden zu tun. Themen wie die Tonalität beispielsweise, also Beziehungen zwischen Tönen werden bisher von Normen und Richtlinien nur unzureichend behandelt. Damit beschäftigen sich aktuell unterschiedliche psychoakustische Untersuchungen.
Psychoakustik: Wann ist ein Geräusch angenehm?
Die Psychoakustik will definieren, warum wir ein Geräusch als angenehm oder lästig empfinden. Trompetenspiel beispielsweise und der Bagger auf einer Baustelle haben ungefähr die gleiche messbare Schallleistung, werden aber psychoakustisch völlig unterschiedlich bewertet. Beim Ventilatorenhersteller ebm-papst hat man sich dieser Thematik schon früh angenommen und ein spezielles Psychoakustik-Labor für Testhörer eingerichtet, denen die Betriebsgeräusche von Wärmepumpen samt den darin verbauten Ventilatoren in unterschiedlichen Konfigurationen vorgespielt werden. Entwickler befragen die Probanden anschließend und schaffen so eine Datenbasis unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten. Wichtige Grundlage dafür sind beispielsweise die psychoakustischen Parameter Lautheit [sone], Schärfe [acum], Tonheit [mel], Rauigkeit [asper] und Schwankungsstärke [vacil].
Daneben sind auch Ton- und Impulshaltigkeit bedeutsame Größen. Tonhaltigkeit liegt vor, wenn Einzeltöne innerhalb eines Geräusches wahrnehmbar sind, was die Störwirkung erhöht. Mit Impulshaltigkeit werden Geräusche gekennzeichnet, die schnelle Pegeländerungen enthalten, zum Beispiel Knall- oder Rammgeräusche. Sowohl Impuls- als auch Tonhaltigkeit lassen sich mit Mikrofonen messen und mit den Aussagen der Testpersonen vergleichen.
Die Beurteilungen der Testpersonen werden mithilfe statistischer und psychologischer Verfahren bewertet. Die Ergebnisse fließen in die firmeneigene Ventilatorenentwicklung ein, lassen aber auch Aussagen über die getesteten Luft-Wasser-Wärmepumpen zu und darüber, welche Ventilatoren für die individuelle Einbausituation am besten geeignet sind. Schlussendlich ist das Ziel, dass die ohnehin schon sehr geringen Betriebsgeräusche einer hochwertigen Wärmepumpe von einer möglichst breiten Masse an Testpersonen als angenehm empfunden werden.
Metrik für die psychoakustische Bewertung
Forschungen rund um das Thema Psychoakustik sind im vollen Gange und auf die weiteren Ergebnisse darf man gespannt sein. Im Rahmen einer bei ebm-papst durchgeführten Doktorarbeit ist es beispielsweise bereits gelungen, eine Metrik zu entwickeln, die jetzt für die psychoakustische Bewertung im Endgerät verwendet wird. Ziel dieser Metrik ist es, eine Korrelation zwischen der subjektiv wahrgenommenen Geräuschqualität – die sich in unterschiedlichen „Dimensionen“ darstellt – und objektiv messbaren Größen zu schaffen.
Bei den umfangreichen durchgeführten Hörversuchen wurden dann unterschiedliche Wahrnehmungsdimensionen zueinander und mit physikalischen Messwerten ins Verhältnis gesetzt. Insgesamt wurden 123 Probanden im Alter zwischen 19 und 60 Jahren in drei Versuchsreihen 89 Geräusche unter realitätsnahen Bedingungen vorgespielt. Pro Versuchsreihe bewerteten jeweils 30 bis 40 dieser Probanden die aufgenommenen Geräusche in Bezug auf Leistungsstärke (schwach/stark, hochwertig/billig), Klanghöhe (zischend oder rauschend), Zeitstruktur (fluktuierend), Qualität (angenehm/störend) und Tonhöhe (brummend, dunkel/hell). Außerdem wurden unterschiedliche Geräusche im direkten Vergleich bewertet und für eine Rating-Skalierung bestimmte Geräusche nur im Hinblick auf jeweils eine Eigenschaft überprüft.
Zusätzliche Interviews der Testpersonen ergaben, dass die Geräuscheigenschaften dumpf, dunkel, tief, langsam, monoton, gleichbleibend, weich und leicht als angenehm empfunden wurden. Unangenehm dagegen waren die Eigenschaften ratternd, flatternd, rasselnd, tröpfelnd, summend, wechselnd, hoch, hell, zischend. Es war insgesamt für die Testpersonen durchaus akzeptabel, dass Betriebsgeräusche entstehen, sie müssen jedoch als angenehm empfunden werden. Schlussendlich zeigte die Auswertung der Hörversuche aber vor allem, dass sich der „Störungslevel“ maßgeblich mit objektiven, psychoakustischen Parametern verbinden lässt.
Physikalische und psychoakustische Parameter
Darauf aufbauend lassen sich jetzt zwei Folgeziele definieren: Zukünftig sollen zusätzlich zu den physikalischen Parametern zur Geräuschbeurteilung bei Ventilatoren auch die psychoakustischen verwendet werden. Weiterhin soll auf die Einführung einer internationalen Norm hingearbeitet werden, die auf genormten psychoakustischen Größen basiert. Damit wäre dann eine wichtige Voraussetzung dafür geschaffen, dass Luft-Wasser-Wärmepumpen mit möglichst angenehmen Betriebsgeräusch dazu beitragen, Ärger in der Nachbarschaft wegen Lärmbelästigung zu vermeiden.