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Heizen mit dem Klimagerät? 29.05.2024, 14:39 Uhr

Wann sich der Einsatz von Luft-Luft-Wärmepumpen lohnt

Die Wärmepumpentechnologie hat in den vergangenen Jahren einen immensen Schub erfahren, vor allem bei den Luft-Wasser-Wärmepumpen. Doch es gibt noch weitere Wärmepumpenarten. Eine davon eröffnet vor allem für die Sanierung im Bestand neue Möglichkeiten.

Foto: Daikin

Foto: Daikin

Bald könnten Luft-Luft-Wärmepumpen einen nennenswerten Marktanteil erobern. Darauf weist das vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderte Informationsprogramm Zukunft Altbau hin. Die Geräte nutzen die Wärme der Außenluft und übertragen sie direkt ohne wasserführende Rohre und Heizkörper in die Räume. Vorteile seien unter anderem eine einfache Installation, vergleichsweise geringe Anschaffungskosten und die Möglichkeit der Luftreinigung mit Filtern, so Zukunft Altbau. Luft-Luft-Wärmepumpen können im Altbau außerdem stromsparender sein als Luft-Wasser- und Erdreich-Wärmepumpen.

Welche Wärmepumpenarten gibt es?

Wärmepumpen nutzen das Erdreich, das Grundwasser oder die Umgebungsluft als Wärmequelle. Mit Hilfe von Strom, der immer häufiger aus Windenergie- und Photovoltaikanlagen stammt, heben die Geräte das Temperaturniveau der Umweltenergie an und liefern so Wärme für Heizung und Warmwasser. Die vier üblichen Wärmepumpenarten sind Erdreich-, Grundwasser-, Luft-Wasser- und Luft-Luft-Wärmepumpen. Die beiden letzteren nutzen die Außenluft als Wärmequelle; die eine überträgt die Umgebungswärme an ein wassergeführtes Heizsystem, die andere direkt an die Raumluft.

Luft-Luft-Wärmepumpen europaweit am weitesten verbreitet

Noch wenig bekannt ist: Luft-Luft-Wärmepumpen sind in Europa die weit verbreitetste Wärmepumpenart. Insgesamt sind auf dem Kontinent rund 22 Millionen Wärmepumpen im Einsatz (Stand 2023 nach Zahlen des europäischen Verbandes für Wärmepumpen EAPH aus den 21 größten europäischen Ländern). Davon sind knapp die Hälfte, zehn Millionen, Luft-Luft-Wärmepumpen; die meisten installiert in Südeuropa.

In Deutschland sind Klimageräte zum Heizen noch relativ wenig verbreitet. „Ein wichtiger Grund ist die starke Dominanz wasserführender Heizungssysteme in Planung und Handwerk“, erklärt Frank Hettler von Zukunft Altbau. „Inzwischen rückt jedoch auch die Verwendung von Luft-Luft-Wärmepumpen in den Fokus“, so Hettler. Am häufigsten werden hierzulande Luft-Wasser-Wärmepumpen genutzt – rund 90 Prozent entfallen auf sie.

Wie funktionieren Single-Split- und Multi-Splitanlagen?

Eine wesentliche Bauart von Luft-Luft-Wärmepumpen sind Split-Klimageräte. Single-Splitanlagen bestehen aus einer Inneneinheit für einen Raum und einer Außeneinheit, Multi-Splitanlagen aus mehreren Inneneinheiten für mehrere Räume und einer Außeneinheit. Außen- und Inneneinheit sind mit zwei Kältemittelleitungen, einer elektrischen Leitung und einem Kondensatablauf verbunden.

Die Außeneinheit saugt Umgebungsluft an, um dieser in der Heizperiode Wärme zu entziehen. Anschließend leitet sie heißes Kältemittel zur Inneneinheit weiter. Diese gibt die Wärme an die Raumluft ab. Beim Kühlen funktioniert das Ganze umgekehrt, das heiße Kältemittel wird wie bei einem Kühlschrank nach außen geleitet und dort an die Umgebungsluft übertragen. So werden die Innenräume gekühlt.

Welche Vorteile bieten Splitanlagen?

Die Vorzüge von Split-Klimageräten: Sie benötigen keine wasserführenden Rohrleitungen, Heizkörper und Warmwasserspeicher. Das spart Kosten. „Zu installieren sind die rund 100 mal 60 mal 40 Zentimeter großen Geräte relativ einfach, hier passieren weniger Fehler als bei Luft-Wasser-Wärmepumpen“, sagt Birgit Groh vom Deutschen Energieberater-Netzwerk (DEN). „Die Inneneinheit wird oben an einer Wand angebracht und durch ein Loch mit der Außeneinheit verbunden.“ Die Anschaffungskosten beginnen bei einem Single-Split-Klimagerät (für einen Raum) laut Zukunft Altbau bei 2.000 bis 3.000 Euro. Bei Multi-Split-Geräten hängen die Kosten von der Anzahl der Räume, der Länge der Kältemittelleitungen und der Art und Anzahl der Wanddurchbrüche ab. Hier sei eine pauschale Aussage schwierig. Die staatliche Förderung liege bei bis zu 70 Prozent. Ein weiterer Vorzug: Die Anlagen sind gut für Allergiker geeignet. „In der Inneneinheit befinden sich Staub- und Partikelfilter, die die Raumluft von Pollen, Staub und Schadstoffen reinigen“, so Groh. Ein weiterer Vorteil ist, dass Klimageräte ohne Genehmigung installiert werden können. Nur beim Netzbetreiber ist eine Anmeldung erforderlich. Auch können die Klimageräte heizen und kühlen. Aus diesem Grund sind sie in Südeuropa so stark verbreitet. Auch wasserbasierte Wärmepumpensysteme haben diese Funktion übrigens häufig.

Klimageräte: Stärken im Altbau

Besonders in der Anwendung in Bestands- und Altbauten lohne sich der Einsatz von Luft-Luft-Wärmepumpen, so die Initiative Zukunft Altbau. In energetisch nicht optimierten Altbauten mit Vorlauftemperaturen über 55 Grad Celsius seien die Klimageräte effizienter, verbrauchen also weniger Strom als andere Wärmepumpenarten. Bei Luft-Wasser- und Erdreich-Wärmepumpen gebe es Verteilverluste, bis die Wärme in die Räume gelangt. Sie sind an ein wasserführendes Rohrleitungssystem gebunden und benötigen dadurch mehr Strom zur Beheizung. Luft-Luft-Wärmepumpen seien hier im Vorteil, da sie die warme Luft direkt in die Räume abgeben und nicht auf Rohre und Warmwasserspeicher angewiesen sind. Allerdings: In neuen, gut gedämmten Gebäuden ist der Effizienzunterschied marginal. Der Wärmebedarf ist in diesen Gebäuden so niedrig, dass alle Wärmepumpensysteme ähnlich effizient laufen, so die Initiative.

Welche Nachteile haben Luft-Luft-Wärmepumpen?

Luft-Luft-Wärmepumpen haben aber auch Nachteile. Für die Erwärmung von Wasser für Küche und Bad sind sie nicht geeignet. Hier ist ein Durchlauferhitzer, ein elektrischer Boiler, eine Brauchwasser-Wärmepumpe oder eine andere externe Wärmequelle nötig. Außerdem müssen Staub- und Partikelfilter regelmäßig gereinigt werden. Was viele besonders stört: Die Außeneinheit an der Hauswand ist optisch gewöhnungsbedürftig. Auch die Inneneinheit an der Wand gefällt nicht jedem. Für manche ist die Heizfunktion außerdem zu wenig komfortabel. Heizsysteme mit Heizkörpern oder Flächenheizungen haben einen hohen Strahlungsanteil, den sie in die Räume abgeben. Dies wird von Menschen in der Regel als angenehm und behaglich empfunden. Luft-Luft-Wärmepumpen dagegen arbeiten rein konvektiv – sie erwärmen die Räume direkt per Luftströmung. Die Behaglichkeit ist hier geringer. Hinzu kommt: Eine direkte Luftheizung verhindert nicht den sogenannten Kaltluftabfall an den Fenstern. „Ein Kaltluftabfall entsteht, wenn sich warme Raumluft an kalten Oberflächen, beispielsweise an energetisch nicht optimierten Fenstern, abkühlt und dann nach unten sinkt“, erklärt Frank Hettler von Zukunft Altbau. „Nachströmende Kaltluft verursacht dann Zugerscheinungen.“ Heizkörper unterhalb des Fensters vermeiden dies.

Der Luftzug aus den Klimageräten kann ebenfalls als unangenehm empfunden werden. Inzwischen gibt es aber auch Systeme mit Sensoren. Sie erkennen Personen und strömen sie nicht direkt an. Die Geräuschentwicklung dagegen stellt eher ein untergeordnetes Problem dar. Die Betriebsgeräusche lägen meist bei rund 29 Dezibel, so Zukunft Altbau. Zum Vergleich: Besonders leise Kühlschränke haben sehr maßvolle Schallemissionen von 35 Dezibel.

Wo lohnt sich der Einsatz von Luft-Luft-Wärmepumpen?

Luft-Luft-Wärmepumpen lohnen sich insbesondere dort, wo man wenige Räume beheizt. Ein Beispiel sind Wohnungen, bei denen das Wohnzimmer mit der Küche verbunden ist und es noch ein, zwei weitere Zimmer gibt. Hier ist ein Multi-Split-Gerät mit einer Außeneinheit und pro Raum einer Inneneinheit möglich. Die Alternative: pro Raum ein Single-Split-Gerät. Luft-Luft-Wärmepumpen sind auch eine interessante Lösung beim Ersatz für Etagenheizungen, die sonst erst zentralisiert werden müssten.

Steigt die Zahl der Zimmer auf fünf und mehr Wohnräume an, fallen Single-Split-Geräte als Möglichkeit aus. Hier wären zu viele Außengeräte erforderlich. Multi-Split-Geräte brauchen hier jedoch auch mehrere Außeneinheiten. Hier fehlt es häufig noch an einem sinnvollen Konzept für die Verbindung der Außen- und Innengeräte untereinander.

Weitere Informationen gibt es auf der Webseite von Zukunft Altbau.

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