Brennstoffzellen-Stapel in Nutzfahrzeugen
Brennstoffzellen in Nutzfahrzeugen müssen hohe Anforderungen erfüllen. Wie Brennstoffzellen-Stapel gestaltet werden können, untersucht ein neues Forschungsprojekt.
Nutzfahrzeuge (Nfz) mit elektrifiziertem Antrieb und Brennstoffzellen (BZ) zur Energiebereitstellung werden eine Schlüsseltechnologie für den CO2-neutralen Transport der Zukunft sein. Für sie gelten im Gegensatz zu Pkw deutlich höhere Anforderungen an die Betriebsdauer und damit an die Zuverlässigkeit. Mit dem gerade gestarteten Forschungsprojekt „Bewertung und Gestaltung der Systemzuverlässigkeit von Brennstoffzellen-Stapeln bei multiphysikalisch-chemischer Beanspruchung in Nutzfahrzeugen – multiPEM“ wird ein Konsortium unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt, für diese komplexen Sicherheitsanforderungen Analyse-, Bewertungs- und Testverfahren entwickeln, die eine kosten- und zeiteffiziente sowie sichere Gestaltung von BZ-Stapeln für Nfz zulassen.
Nutzfahrzeuge mit elektrifiziertem Antrieb und Brennstoffzellen zur Energiebereitstellung stellen einen großen Markt mit einem starken prognostizieren Wachstum dar. Die Größe des globalen Brennstoffzellen-Markts wurde im Jahr 2020 auf 21,7 Mrd. USD für das Jahr 2028 geschätzt. Fraunhofer-Forschende werden im Projekt „multiPEM“ Methoden und Angebote zu Analyse-, Bewertungs- und Testverfahren erarbeiten, die eine zeit- und kosteneffiziente Entwicklung von Brennstoffzellen-Stapeln für Nfz im Fokus haben und eine schnelle, nachhaltig Überführung in die breite Anwendung unterstützen. Dabei steht die Zuverlässigkeitsbewertung von Brennstoffzellen-Stapeln für Nfz im Vordergrund.
Erstmals überlagerte multiphysikalisch-chemische Beanspruchungen im Fokus
Auf Grund der heute und zukünftig verfügbaren, nicht ausreichenden Energiedichten von Batteriezellen, stellen rein batterieelektrische Antriebskonzepte für schwere Nfz keine optimale Lösung hinsichtlich Masse, Kosten und Ladezeit dar. Im Gegensatz dazu bietet die Bereitstellung von elektrischer Energie mit Wasserstoff-Brennstoffzellen einen vielversprechenden Lösungsansatz. Dazu werden sogenannte Niedertemperatur-Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzellen (NT-PEM-BZ) in einem Stapel zusammengefasst. Der mobile Einsatz dieser BZ-Stapel in Nfz geht mit hochkomplexen, multiphysikalischen (mechanisch, thermisch und elektrisch) sowie chemischen Beanspruchungen einher. Über die überlagerten Einflüsse dieser Beanspruchungen auf die Sicherheit und die Systemzuverlässigkeit des BZ-Stapels ist bisher wenig bekannt, da Brennstoffzellen-basierte Antriebe bei Nfz überwiegend nur als Prototypen vorhanden sind.
In „multiPEM“ werden erstmals die Auswirkungen der gleichzeitig überlagerten multiphysikalisch-chemischen Beanspruchungen von BZ im Nfz-Betrieb auf Stapel-Ebene betrachtet und in für die Anwendung relevante Methoden transferiert. Die zentralen Herausforderungen liegen in der Identifikation und Bewertung der kritischen Fehlermoden, der Entwicklung von beschleunigten und realitätsnahen Testabläufen sowie der Entwicklung schneller und kosteneffizienter Untersuchungsroutinen zur zerstörenden und zerstörungsfreien Charakterisierung. Die Untersuchung auf Stapel-Ebene unterscheidet sich wesentlich von der Untersuchung auf Einzelzell- oder Materialebene, da hier der Einfluss der Stapel-Bauweise und der Stapel-Belastung im Vordergrund steht. Die Herausforderung besteht darin, die benötigten Informationen an einer sehr kleinen Zahl von BZ-Stapeln oder sogar nur einen spezifischen Typ zu erheben.
Wertschöpfung im Technologiefeld von Wasserstoff und Brennstoffzellen aufbauen und stärken
Im Vorhaben „multiPEM“ werden Analyse-, Bewertungs- und Testverfahren entwickelt, die zur Beherrschung des komplexen Beanspruchungszustands von NT-PEM-BZ in Nfz beitragen und damit deren Sicherheit und Zuverlässigkeit verbessern. Hierbei werden erstmals die Auswirkungen der überlagerten multiphysikalisch-chemischen Beanspruchungen betrachtet und in für die Anwendung relevante Methoden transferiert.
Schwerpunkte sind:
- Entwicklung von Testabläufen und Testbedingungen zur Untersuchung von Schwingungs- und Schadstoffeinflüssen
- Entwicklung von Methoden zur zerstörungsfreien Zustandsbewertung mittels Hochenergie Computer-Tomographie und Magnetfeldsensorik
- Mikrostrukturanalytik und methodische Systemzuverlässigkeitsbewertung
Alle Teile der Brennstoffzellen-Wertschöpfungskette im Kontext Nutzfahrzeug können von den Ergebnissen profitieren: Hersteller und Entwickler von Brennstoffzellen, Brennstoffzellmodulen und Brennstoffzellsystemen, ebenso Entwickler und Systemausrüster für Teststände. Ziel ist, herstellerunabhängig Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen für BZ-elektrische Antriebslösungen in Nutzfahrzeugen zu generieren. Die Ergebnisse werden dabei helfen, die Wertschöpfung in Deutschland und in Europa im Technologiefeld von Wasserstoff und Brennstoffzellen aufzubauen und zu stärken.