Frequenzumrichter verbessern Klima-Bilanz
Frequenzumrichter für Hochgeschwindigkeitsanwendungen sollen energieeffiziente Applikationen mit hohem Wirkungsgrad ermöglichen.
Mit verbesserter Prozessorleistung und erweiterten Regelfunktionen trägt die neue SD4x-Frequenzumrichter-Familie von Sieb & Meyer dazu bei, Energieverbrauch und CO2-Emissionen zu reduzieren. Dies gilt zum einen für die Anwendung selbst, deren Wirkungsgrad durch den Einsatz der innovativen Gerätetechnologie steigt. Zum anderen schaffen die Antriebs- und Steuerungslösungen der Lüneburger Hochgeschwindigkeits-Spezialisten zum Teil erst die Voraussetzung für bestimmte klimafreundliche Applikationen, die wiederum die Energiewende befördern.
„Im internationalen Vergleich nimmt Deutschland heute bei den Energiepreisen eine Spitzenstellung ein“, erklärt Torsten Blankenburg, CTO der Sieb & Meyer AG. „Das ist eine starke Motivation, die Effizienz von Industrieprozessen zu verbessern und dabei gleichzeitig Kosten und CO2 einzusparen. Hinzu kommt der CO2-Preis, der in Zukunft immer weiter steigen wird. Das heißt, letztendlich sind die beiden Treiber für eine CO2-Reduzierung wirtschaftliche und natürlich umwelttechnische Betrachtungen.“
Aufgrund des immer noch hohen Anteils von Kohlestrom im hiesigen Energie-Mix lagen die CO2-Emissionen pro kWh in Deutschland im Jahr 2022 laut Berechnungen des unabhängigen Energie-Think-Tanks Ember bei 385 gCO2/kWh. Zum Vergleich: Die USA rangieren mit 367 g/kWh knapp darunter, China mit 531 g/kWh deutlich darüber. Ein Unternehmen kann anhand dieses Wertes die künftigen CO2-Kosten seiner Prozesse quantifizieren und für die Zukunft kalkulieren. Auf der anderen Seite lassen sich Investitionen in eine Verbesserung der Effizienz wirtschaftlich beurteilen und der Return of Investment abschätzen.
Alleinstellungsmerkmal: Hohe PWM-Frequenzen
Mit seiner SD4x-Frequenzumrichter-Familie für Hochgeschwindigkeitsanwendungen leistet Sieb & Meyer einen direkten Beitrag, den Wirkungsgrad verschiedener Applikationen deutlich zu verbessern und dadurch am Ende bares Geld zu sparen.
„Unsere Frequenzumrichter reduzieren die Motorerwärmung und erhöhen gleichzeitig den System-Wirkungsgrad um mehrere Prozentpunkte“, bilanziert Blankenburg. „Zum Beispiel im Fall einer 200-kW-Applikation konnte eine Wirkungsgradsteigerung von circa 2 % erreicht werden. Dies bedeutet im 24/7-Betrieb 39 MWh pro Jahr und entsprechend 10.000 Euro bei einem Strompreis von 0,26 Euro pro kWh. Gleichzeitig emittiere ich 15 Tonnen weniger CO2. Das bedeutet bei einer CO2-Abgabe von aktuell 30 Euro/t eine weitere Ersparnis von 450 Euro.“ Die zweiprozentige Steigerung des Wirkungsgrads, so Blankenburg, haben Messreihen unterschiedlicher Kunden bestätigt.
Aber was genau zeichnet die Frequenzumrichter-Technologie von Sieb & Meyer gegenüber dem Wettbewerb aus? „Unser Alleinstellungsmerkmal sind zum einem die hohen PWM-Frequenzen, die wir mit unserer SD4x-Generation bereitstellen“, erläutert Blankenburg. „Unser Standard bei der Nennfrequenz ist das Maximum vieler Marktbegleiter. Das heißt, unsere Geräte sind auf hohe PWM-Frequenzen ausgelegt und dadurch für Hochgeschwindigkeits-Anwendungen geeignet. Der Anwender muss also keine Abstriche bei der Leistungsfähigkeit der Geräte machen. Darüber hinaus sind unsere maximalen Frequenzen beispielsweise bei der SD4S-Serie noch einmal doppelt so hoch, wie bei vergleichbaren Wettbewerbsgeräten.“
Aufgrund der hohen Schaltfrequenz der Frequenzumrichter von Sieb & Meyer lässt sich gerade bei niederinduktiven Motoren der für die Motorerwärmung relevante Rippelstrom signifikant senken. Denn während beispielsweise bei einer Frequenz von 8 kHz das Ausgangssignal stark von der gewünschten Sinusform abweicht, erzeugen 32 kHz eine fast perfekte Sinuskurve. Und je perfekter die Sinuswelle, desto geringer ist wiederum die Erwärmung, die im Rotor stattfindet.
Hohe Ausgangsfrequenzen ermöglichen kompaktes Motor-Design
Außer den hohen PWM-Frequenzen stellt die SD4x-Familie auch entsprechend hohe Ausgangsfrequenzen zur Verfügung. Diese ermöglichen nicht nur hohe Motor-Drehzahlen, sondern darüber hinaus auch den Einsatz 4-poliger statt 2-poliger Motor-Designs. „Für ein 4-poliges Design benötigt der Motorenhersteller für die gleiche Drehzahl die doppelte Ausgangsfrequenz, er kann den Motor aber insgesamt viel kürzer und kompakter bauen und auf diese Weise mechanische Schwingungen im Hochgeschwindigkeitsantrieb minimieren“, beschreibt Blankenburg den Zusammenhang. „Durch die hohen Ausgangsfrequenzen schaffen wir also Freiheitsgrade für den Motorhersteller, kompakte Motoren mit hoher Leistungsdichte zu bauen. Diese wiederum sind die Voraussetzung für effiziente Highspeed-Applikationen mit hohem Wirkungsgrad, wie beispielsweise Turbokompressoren, die sich mit einem 2-poligen Motor gar nicht realisieren lassen. Mit unseren Frequenzumrichtern sind wir also ein Enabler, um den Schritt in Richtung höhere Effizienz überhaupt gehen zu können.“
Ein weiterer technischer Kniff zur Steigerung des Wirkungsgrads einer Anwendung ist der Einsatz der PWM-Modulation mit einer Multilevel-Endstufe. Diese reduziert die Wirbelstromverluste im Rotor und dadurch die Motorerwärmung. Darüber hinaus wird nur mit der halben Spannung geschaltet und dadurch die Beanspruchung der Isolation verringert. Sieb & Meyer stellt die Multilevel-Technologie in seiner SD4M-Serie zur Verfügung – das M in der Typenbezeichnung steht dabei für Multilevel.
Optimierte Regelung von IPM-Motoren
Zu den Talenten der SD4x-Familie gehört auch die optimierte Regelung von IPM-Motoren. IPM-Motoren stellen deutlich höhere Anforderungen an den Frequenzumrichter. So muss der Stromwinkel in Abhängigkeit des Betriebspunktes optimal in die Maschine eingeprägt werden, um in jedem Betriebspunkt das maximal mögliche Drehmoment herauszuholen. Für einen optimalen Wirkungsgrad ist darüber hinaus die Abhängigkeit der Motorinduktivität von Strom und Frequenz zu berücksichtigen. Die SD4x-Frequenzumrichter können die beschriebenen Abhängigkeiten durch spezielle Regelstrukturen genau erfassen und im jeweiligen Arbeitspunkt optimal regeln, sodass sich immer das optimale Moment bei gleichzeitig geringstem Motorstrom ergibt. Das minimiert die Verluste im Motor und Umrichter, verbessert die Energiebilanz und reduziert die CO2-Emissionen.
Anwendung 1: Turboverdichter und -kompressoren für die Abwasseraufbereitung
Wie sich der Einsatz der Frequenzumrichter von Sieb & Meyer in der Praxis auf Effizienz, Wirkungsgrad, CO2-Emissionen und Kosten auswirkt, zeigt unter anderem das Beispiel einer Abwasseraufbereitungsanlage, die mit Turboverdichtern oder Turbokompressoren belüftet wird. Die Hauptcharakteristik dieser Anwendung ist der Rund-um-die Uhr-Betrieb der Verdichter oder Kompressoren an 365 Tagen im Jahr.
Entsprechend ist die Anlageneffizienz ein wichtiges Thema, eine möglichst niedrige Motorerwärmung die große Herausforderung. Sieb & Meyer löst diese Anforderungen mit seinem SD4M mit Multilevel-Endstufe. Auf diese Weise kann der Wirkungsgrad der Turboverdichter oder –kompressoren um mehrere Prozentpunkte erhöht werden.
Anwendung 2: Schwungmassenspeicher für Schnellladesäulen
Ein weiteres Anwendungsbeispiel für die SD4M-Serie von Sieb & Meyer sind Schnellladelösungen für Regionen mit schwacher Netzstruktur. Die Schnellladestation arbeitet in Verbindung mit einem Schwungmassenspeicher, auch Flywheel genannt, der die zum Laden des Elektro-Fahrzeugs benötigte Energie bereitstellt und zwischen den Ladevorgängen erneut Energie speichern kann.
Die große Herausforderung dieser Anwendung ist das Hochvakuum, unter dem der Rotor des Flywheels arbeitet. Durch dessen hohe Isolationswirkung kann die Wärmeabfuhr ausschließlich über Strahlungswärme erfolgen. Darüber hinaus handelt es sich um ein magnetgelagertes, sprich kontaktloses System, so dass die Rotorwärme nicht über die Lagerung ausgeschleust werden kann. „Das heißt, dieses System benötigt die geringstmögliche Erwärmung, damit es überhaupt vernünftig arbeiten kann“, fasst Blankenburg zusammen. „Unsere Frequenzumrichter produzieren ein Minimum an Wärme, so dass sie solche Anwendungen optimal unterstützen beziehungsweise zum Teil überhaupt erst möglich machen.“
Anwendung 3: Klimageräte mit Wasser als Kältemittel
Unter anderem haben heute Rechenzentren extrem hohe Aufwendungen für das Kühlen ihrer Systeme. Gefragt sind deshalb hocheffiziente Klimageräte, die sich optimalerweise mit risikoarmen Kältemitteln betreiben lassen. Der Einsatz von Turbo-Technologie in Kombination mit Wasser als Kältemittel bietet dabei eine nachhaltige Lösung. Eine besondere Herausforderung ist dabei der verwendete Hochgeschwindigkeits-Synchronmotor mit hoher Leistungsdichte, der nur eine geringe Rotorerwärmung erlaubt und hocheffizient angetrieben werden muss. Dabei reduziert die Folienlagerung die mögliche Abfuhr der Rotorwärme zusätzlich auf ein Minium.
„Auch in diesem Anwendungsfall sind wir praktisch der Enabler“, kommentiert Blankenburg. „Denn für diese Anwendung ist ein Kompressor mit hoher Leistungsdichte notwendig, und der Motor muss entsprechend hocheffizient angetrieben werden bei gleichzeitig geringer Erwärmung. Das ist die Voraussetzung, um so ein System überhaupt zum Laufen zu bringen. Die Lösung ist hier unser SD2S, das Vorgängermodell des SD4S, den wir kundenspezifisch angepasst haben.“
Anwendung 4: ORC- und Mikrogasturbinen
Im Bereich der Grün-Strom-Erzeugung über ORC- (Organic Rankine Cycle) oder Mikrogasturbienen sorgt die SD4M-Serie von Sieb & Meyer für das geforderte hohe Maß an Effizienz. Denn sowohl bei der Verstromung von Biogas als auch von Abwärme über den ORC-Prozess müssen Hochgeschwindigkeits-Generatoren effizient betrieben werden, um den bestmöglichen Wirkungsgrad zu generieren. Beide Prozesse basieren auf einem Turboverdichter, welcher die Turbine mit Verbrennungsgasen oder dem verdampften Kältemittel aus dem ORC-Prozess speist. Die zur Verfügung stehenden Varianten mit DC-Versorgung ermöglichen dabei die Kopplung mit externen Einspeisenetzteilen, welche auf die weltweit unterschiedlichen Netzbedingungen optimiert sind.
Aktuell umfasst die SD4x-Familie die SD4B- die SD4S- und die SD4M-Serie. Den SD4S gibt in den Baugrößen B, C und D, mit insgesamt sieben Geräte-Varianten für unterschiedliche Spannungs- und Leistungsklassen. Der SD4M steht in vier Baugrößen mit sieben Leistungsklassen im Bereich 83 kVA bis 554 kVA zur Verfügung. „Zurzeit arbeiten wir an der Ausweitung der Leistungsklassen innerhalb der SD4S-Serie“, blickt Blankenburg in die Zukunft. „Unser erklärtes Ziel ist es, dass wir unsere komplette SD2S-Serie 2024 durch die SD4S-Serie ersetzen können.“
Markus Finselberger, Vertriebsleiter Antriebselektronik, Sieb & Meyer AG