Getriebe für Robotik- und Automationslösungen
Eine neue Reihe von Planetengetrieben soll eine Alternative zu Zykloidgetrieben sein. Ein patentierter Federmechanismus sorgt für konstant geringes Spiel.
Konstrukteure von Robotik- und Automationslösungen stehen vor der Wahl: Zykloid- oder Planetengetriebe? In den letzten Jahrzehnten lautete die Antwort häufig Zykloidgetriebe. Das Hamelner Unternehmen Melior Motion hat nach eigenen Angaben das Planetengetriebe revolutioniert und produziert mit seiner PSC-Reihe höchst präzise, leise sowie langlebige Antriebseinheiten.
Dass Antriebslösungen mit Planetenrädern wenig präzise sind, ist ein altes Vorurteil, führt das Unternehmen aus. Mit der Entwicklung der PSC-Reihe zeige Melior Motion, dass das nicht mehr zutreffe. Präzise, leise und langlebig seien die revolutionierten Planetengetriebe des Unternehmens aus Hameln. Damit heben sie sich nicht nur von gewöhnlichen Planetengetrieben, sondern auch von Zykloidgetrieben ab. Eine schräg verzahnte Vorstufe, eine konisch verzahnte zweite Stufe sowie ein patentierter Nachstellmechanismus bilden die Alleinstellungsmerkmale der PSC-Reihe.
Verglichen mit Zykloidgetrieben sind die Getriebe von Melior Motion um einiges präziser, heißt es weiter. Konkret bedeutet das: Sie haben ein Verdrehspiel unter 0,1 Winkelminute und ein Lost Motion unter 0,6 Winkelminute. Die meisten Zykloidgetriebe könnten lediglich mit einem Verdrehspiel unter 1 Winkelminute aufwarten – die PSC-Getriebe seien also bis zu zehn Mal präziser. Ihren Ursprung hat diese sehr hohe Genauigkeit in der konischen Verzahnung der zweiten Stufe, führt Melior Motion aus. Diese drückt die Zähne der Planetenräder ineinander und sorgt für die Spielfreiheit des Getriebes.
Konstant geringes Spiel
Dass die Antriebslösungen der PSC-Reihe nicht nur kurzfristig, sondern über die gesamte Lebensdauer so viel präziser sind als gewöhnliche Planetengetriebe und auch als Zykloidgetriebe, hat laut Melior Motion vor allem einen Grund: Ein gerade einmal fingernagelgroßes Bauteil. Genauer gesagt ein selbstregulierendes Verzahnungssystem. Dieser Federmechanismus ist patentiert und sorgt für die lebenslange Spielfreiheit. Er kompensiert die Abnutzung der Zahnflanken und vermeidet aufwändiges Nachjustieren samt damit verbundenem Stillstand der Maschinen. Auch nach längerer Nutzungsdauer bleibt das Getriebe präzise wie zu Beginn und hebt sich damit klar von anderen (Zykloid-)Getrieben ab.
Und auch wenn diese höchste Genauigkeit gar nicht für jede Anwendung zwingend notwendig ist, ist doch die Präzision das Aushängeschild eines jeden Roboters. Zumal, wenn der Roboter auch nach mehreren tausend Stunden Betriebsdauer noch ebenso genau arbeitet wie zu Beginn. Im Gegensatz zu anderen Antriebseinheiten sind laut Melior Motion mit den PSC-Getrieben 20.000 oder je nach Einsatzfall auch mehr Betriebsstunden ohne Präzisionsverlust möglich. Ein Wirkungsgrad von mehr als 90 % und ein äußerst niedriges Losbrechmoment sorgen für eine sehr gute Energieeffizienz. Die Getriebetemperatur bleibt auf durchgängig niedrigem Niveau – in der Folge haben Verschleißteile und Schmierstoffe eine längere Lebensdauer.
Leise und vibrationsarm durch schräg verzahnte Eingangsstufe
In einigen Branchen wie der Medizintechnik kommt es nicht allein auf die Präzision, sondern auch auf eine geringe Lautstärke an. Im Behandlungsraum oder OP-Saal werden Geräusche ganz anders wahrgenommen als in einer riesigen Produktionshalle. Für das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten ist eine ruhige Umgebung wichtig. Und auch in Punkto Arbeitssicherheit sind leise Getriebe – in allen Branchen – im Vorteil. Die PSC-Getriebe macht die schräg verzahnte Eingangsstufe besonders geräuscharm im Betrieb, führt Melior Motions aus. Deutlich leiser, als andere Planeten- oder auch Zykloidlösungen es sind. Mit einem Laufgeräusch von weniger als 65 dB(A) macht das insbesondere bei Anwendungen mit mehreren Getrieben einen deutlichen Unterschied.
Hand in Hand mit der geringen Lautstärke geht die Vibrationsarmut. Diese ist zum einen in der sehr präzise laufenden Evolventenverzahnung, die alle Planetengetriebe gemein haben, begründet. Sie ermöglicht eine hocheffiziente Rollbewegung. Zykloidsysteme, die auf einer Gleitbewegung mit versetzten rotierenden Nocken beruhen, verursachen mehr Vibrationen und Verschleiß. Zum anderen geht die Vibrationsarmut ebenfalls auf die schräg verzahnte Eingangsstufe, die Besonderheit der PSC-Getriebe, zurück: Bei hohen Drehzahlen ist ein ruhiger und gleichmäßiger Lauf gegeben. Relevant ist das wiederum nicht nur im medizinischen Bereich, sondern beispielsweise auch bei Drehtischen von Werkzeugmaschinen.
Flexibel an Anwendung anpassbar
Ein geringes Losbrechmoment bedeutet eine gute Kontrollierbarkeit für den Anwender. Und zwar besonders während der Anlaufphase und bei niedrigen Drehzahlen. Aufgrund ihres Aufbaus sind Planetengetriebe in dieser Hinsicht generell im Vorteil gegenüber Zykloidgetrieben, heißt es weiter. Die PSC-Systeme haben sogar ein zusätzliches Element, welches das Losbrechmoment weiter verringert. Vor dem Planetengetriebe befindet sich eine Stirnradstufe, bestehend aus nur einem einzelnen Ritzel und einem Zahnrad. Beide sind schräg verzahnt. Weil im ersten Schritt nur wenige Komponenten bewegt werden, entsteht eine große Übersetzung von bis zu 16:1 in der ersten Stufe. Bei Getrieben mit geringem Losbrechmoment kann der Antriebsmotor kleiner ausgelegt werden.
Im Vergleich zu anderen Antriebseinheiten haben die PSC-Antriebe eine weitere Besonderheit, die für die Nutzer einen großen Vorteil bedeuten kann: Der Motor ist aus der Mitte gerückt. Was bei Hohlwellengetrieben ohnehin notwendig ist, nutzt Melior Motion auch für seine Vollwellengetriebe. Der veränderte Aufbau lässt eine weitaus flexiblere Planung zu. Konstrukteure können – wenn gewünscht – die Anlage oder den Roboter um das Getriebe herum bauen. Die erweiterten Möglichkeiten kommen also besonders zum Tragen, wenn Ingenieure die PSC-Getriebe möglichst früh in ihre Planungen einbeziehen.