Schaeffler reagiert auf schwieriges Umfeld
Schaeffler stärkt den Bereich Wälzlager durch den Erwerb von Ceraspin. Trotz eines guten 3. Quartals sind strukturelle Maßnahmen zur Kostenreduzierung nötig.
Der Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler hat nach eigenen Angaben mit der Ceratizit-Gruppe einen Vertrag zum Erwerb von Ceraspin unterzeichnet. Das Unternehmen entwickelt und produziert am Standort Livange in Luxemburg seit mehr als 25 Jahren Premium-Keramikprodukte, die überwiegend zu Walzkörpern für unterschiedliche Lageranwendungen verarbeitet werden.
Die auf dieser Basis hergestellten Wälzlager kommen, wie Schaeffler ausführt, in diversen strategischen Wachstumsfeldern zum Einsatz. Dazu gehören Windenergie, Schienenverkehr, Luft- und Raumfahrt, Medizintechnik, Elektrotechnik sowie Vakuumpumpen für Halbleiter-Anwendungen. Wälzlager mit Keramikkomponenten zeichnen sich durch geringe Reibung, einen verminderten Verschleiß und besonders hohe Präzision aus. Darüber hinaus kommen sie vermehrt bei Anwendungen zum Einsatz, die mechanische Komponenten vor Stromdurchgang sichern.
Mit der Akquisition von Ceraspin verstärke sich Schaeffler in strategisch wichtigen Zukunftsfeldern. Dr. Michael Pausch, Leiter Forschung und Entwicklung bei Schaeffler Industrial, sagte dazu: „Das Knowhow von Ceraspin bei Keramikkomponenten für Wälzlager ist für Schaeffler von entscheidender Bedeutung. Mit dem Kauf verstärken wir unsere Lieferkette vor allem in Europa. Gleichzeitig legen wir die Basis für eine zukunftsorientierte Aufstellung für hochwertige Komponenten in strategisch wichtigen Wachstumsfeldern.“
Mit dem Kauf übernimmt Schaeffler 100 % der Anteile an Ceraspin, heißt es. Der Vollzug der Transaktion wird noch im vierten Quartal erwartet. Der Abschluss steht unter dem Vorbehalt, dass übliche Vertragsbedingungen erfüllt werden. Über die Details der Transaktion wurde Stillschweigen vereinbart.
Gutes 3. Quartal in schwierigem Umfeld
Das Unternehmen hat vor einigen Tagen auch seine Zwischenmitteilung für die ersten neun Monate des Jahres 2022 vorgelegt. Im Berichtszeitraum lag der Umsatz der Schaeffler Gruppe den Angaben zufolge bei 11.790 Mio. Euro (Vorjahr: 10.346 Mio. Euro). Das Wachstum der Umsatzerlöse um währungsbereinigt 8,7 % im Vergleich zu dem Vorjahreszeitraum war größtenteils auf Volumenanstiege zurückzuführen, heißt es. Zusätzlich hätten sich positive Verkaufspreiseffekte in allen drei Sparten auf die Umsatzentwicklung ausgewirkt, weil gestiegene Beschaffungskosten zunehmend in den Markt weitergegeben werden konnten. Im starken dritten Quartal 2022 stiegen die Umsatzerlöse währungsbereinigt um 20,2 % auf 4.242 Mio. Euro (Vorjahr: 3.332 Mio. Euro).
Alle Regionen trugen den Angaben zufolge im Berichtszeitraum zum Umsatzwachstum bei. Besonders in den Regionen Europa und Amerikas wurden in den ersten neun Monaten mit 11,2 und 11,8 % deutliche währungsbereinigte Wachstumsraten verzeichnet. Nachdem die Umsätze in der Region Greater China aufgrund der Lockdown-Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie im zweiten Quartal noch gesunken waren, belief sich das Umsatzwachstum im neunmonatigen Berichtszeitraum dort währungsbereinigt wieder auf 2,7 %. Im dritten Quartal betrug die Wachstumsrate währungsbereinigt 24,8 % nach minus 12,5 % im Vorquartal. Die Region Asien/Pazifik verzeichnete ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum von 6,0 %, so das Unternehmen.
In den ersten neun Monaten sei ein EBIT vor Sondereffekten in Höhe von 813 Mio. Euro (Vorjahr: 962 Mio. Euro) erzielt worden. Dies entspricht einer EBIT-Marge vor Sondereffekten in Höhe von 6,9 % (Vorjahr: 9,3 %). Die EBIT-Marge vor Sondereffekten wurde durch hohe Fracht- und Logistikkosten belastet. Im dritten Quartal lag die bereinigte EBIT-Marge bei 8,4 %.
„Schaeffler hat in den ersten neun Monaten trotz eines schwierigen Umfelds operativ erfolgreich gewirtschaftet. Es ist uns in allen Sparten gelungen, die gestiegenen Verbrauchspreise an den Markt weiterzugeben. Unsere anhaltende Kosten- und Kapitaldisziplin schafft eine gute Basis, unsere Wettbewerbsfähigkeit aufrecht zu erhalten und die Profitabilität zu steigern“, sagte Claus Bauer, Vorstand für Finanzen und IT der Schaeffler AG.
Strukturelle Maßnahmen in der Sparte Automotive Technologies
Zur weiteren Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und Reduzierung der Fixkosten hat der Vorstand der Schaeffler AG beschlossen, ergänzende strukturelle Maßnahmen in der Sparte Automotive Technologies zu ergreifen, heißt es weiter.
Die strukturellen Maßnahmen sollen im Wesentlichen bis Ende 2026 umgesetzt werden, so das Unternehmen. Dazu sagt Matthias Zink, CEO der Sparte Automotive Technologies der Schaeffler AG: „Es reicht künftig nicht aus, nur technologisch führend zu sein. Vielmehr sind wettbewerbsfähige Kostenstrukturen entscheidend, um die Transformation weiter zu beschleunigen und Schaeffler konsequent auf die Elektrifizierung des Antriebsstrangs auszurichten. Dies bedeutet im Umkehrschluss auch, die Kostenbasis zu reduzieren und Überkapazitäten abzubauen.“
Einsparpotenzial von rund 100 Millionen Euro pro Jahr
Die beschleunigte Transformation der Fahrzeugantriebe hin zur Elektromobilität führe zu Überkapazitäten bei Produkten für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und somit zu einem weiteren Anpassungsbedarf. Hinzu komme, dass Automobilhersteller ihre Entwicklungsaktivitäten für Verbrenner kontinuierlich reduzierten, was auch bei Schaeffler zusätzliche Anpassungen erforderlich mache. Zudem sei der Automobil- und Industriezulieferer bestrebt, interne Strukturen sowohl in der Fertigung als auch in Zentralfunktionen so effizient wie möglich zu gestalten, um Fixkosten zu reduzieren und interne Prozesse so schlank wie möglich zu gestalten.
Wie das Unternehmen ausführt, umfassen die geplanten Maßnahmen auf dieser Basis einen Abbau von insgesamt 1.300 Stellen insbesondere in den Unternehmensbereichen Motor-/Getriebesysteme und Lager der Sparte Automotive Technologies sowie innerhalb der Zentralfunktionen des Unternehmens. Knapp drei Viertel des Kapazitätsabbaus entfallen auf Stellen in der Verwaltung sowie zentralen Funktionen im Bereich Forschung und Entwicklung für Verbrennungsmotoren, der Rest auf Stellen in der Produktion. Der Stellenabbau betreffe sowohl das Inland als auch das Ausland. In Deutschland seien im Wesentlichen die Standorte Herzogenaurach, Bühl und Homburg betroffen. Jede vierte betroffene Stelle befinde sich außerhalb von Deutschland.
„Die vom Vorstand definierten Maßnahmen stellen einen konkreten Beitrag zur Sicherung von zukünftigem Wachstum dar, um die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit von Schaeffler nachhaltig weiter zu stärken und hierdurch zugleich langfristig Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten“, sagt Sascha Zaps, Regional CEO Europa der Schaeffler AG. Die Maßnahmen sollen zu jährlichen Einsparungen von voraussichtlich bis zu 100 Mio. Euro führen. Dem stehen laut Schaeffler Transformationsaufwendungen in Höhe von rund 130 Mio. Euro gegenüber, von denen voraussichtlich der Großteil als Rückstellung im 4. Quartal 2022 gebildet werde.
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