Ausgezeichnete Automatisierungslösungen
Studenten aus Münster, Heilbronn und Würzburg haben Automatisierungsaufgaben kreativ gelöst und wurden dafür ausgezeichnet.
Wer zur Arbeit raus aufs Feld geht, macht sich dreckig. Das gilt für Menschen ebenso wie für Roboter. Und deshalb befindet sich Ceres II, der Agrarroboter eines studentischen Teams vom Fachbereich Maschinenbau an der FH Münster, jetzt auch erst mal in der Reinigung. Denn Ceres II kommt frisch vom Acker, konkret: vom Field Robot Event in Mannheim, bei dem das Team gleich in mehreren Disziplinen jeweils zu den drei besten gehörte. Einen ersten, einen zweiten und zwei dritte Plätze hat die Mannschaft belegt – und baut ihren Roboter deshalb jetzt erst einmal auseinander, um ihn einer Grundreinigung zu unterziehen und von Staub- und Schmutzresten zu befreien.
An ihrem Agrarroboter arbeitet die Gruppe um Jannis Wagner, Marc Philipp Funcke, Natalie Peracha und Constantin Eckes unter Leitung von Prof. Dr. Jochen Korn und Matthias Nießing bereits seit mehreren Jahren. Ein Highlight jeden Sommers ist dabei das Field Robot Event, das 2022 nach zweijähriger coronabedingter Pause erstmals wieder in Präsenz stattgefunden hat. Eine Premiere für Ceres II, denn dieser ist seit der Pandemie in Entwicklung und durfte nun erstmals unter realen Bedingungen raus aufs Feld. „Es war toll, mit dem Roboter endlich loszufahren und zu sehen, dass er funktioniert hat“, freut sich Wagner. „Und es ist super, dass er gleich so gut funktioniert hat!“
Wettbewerb auf dem Acker und virtuell
Der Wettbewerb war zweigeteilt: Er fand einerseits auf dem echten Acker, andererseits aber auch virtuell statt. Dort mussten die Roboter beziehungsweise ihre digitalen Ebenbilder eigenständig nach vorgegebenen Mustern durch die Reihen der Felder fahren, ohne die Pflanzen dabei zu beschädigen. In dieser Disziplin – der „Navigation“ – belegte das Team der FH Münster den ersten Platz auf dem echten Feld und den zweiten auf dem simulierten.
„Mapping and Removal“ beziehungsweise „Sensing and Mapping“ hieß die zweite Disziplin unter echten und simulierten Bedingungen. Der Roboter musste auf dem Feld Löwenzahnpflanzen und Blechdosen erkennen, sie voneinander unterscheiden und anschließend auf einer Karte markieren. Dabei belegte die FH Münster zweimal den dritten Platz.
Das Field Robot Event war in die DLG-Feldtage eingebettet – eine Landwirtschaftsmesse, bei der die Studierenden auch Kontakte zu einigen Unternehmen knüpfen konnten und gestaunt haben, wie die Robotik in der Landwirtschaft Einzug gehalten hat. „Es ging auf der Messe wirklich viel um Automatisierung in der Landwirtschaft. Früher hat dies nur einen kleinen Teil davon ausgemacht, jetzt gab es jede Menge dazu zu entdecken“, so Funcke. „Darüber hinaus ist es aber einfach schön, viele alte Bekannte auf dem Turnier zu sehen. Wenn die Teams abends noch an ihren Robotern arbeiten und diese im Dunkeln durch die Gegend fahren, ist es immer cool, auf dem Field Robot Event zu sein“, sagt Wagner.
Nun ist nach dem Wettbewerb vor dem Wettbewerb. Das Ceres-Team zieht seine Lehren aus dem Event und optimiert den Roboter weiterhin – denn in Mannheim haben sie gelernt, dass unter anderem der Staub vom trockenen Boden den Ceres-Sensoren durchaus zu schaffen macht. „Wir hatten extra Plexiglas davor gebaut, doch der Staub war so fein, dass die Kamera dadurch die Gegenstände nicht mehr richtig erkennen konnte“, sagt Funcke. „Jetzt arbeiten wir daran, den Roboter noch besser dagegen auszurüsten.“
Konstruktionswettbewerb der FH Heilbronn
Anfang Juli war es wieder so weit: Teilnehmer des Konstruktionswettbewerbs der Fachhochschule Heilbronn präsentierten ihre Aufgabenlösungen. In diesem Jahr hatten die Studierenden der Studiengänge Mechatronik-Robotik und Maschinenbau die Aufgabe, möglichst viele Bälle von einem Behälter in einen anderen zu befördern. Die Zeit hierfür war auf 30 s begrenzt. Die Randbedingungen standen fest: Die zu entwickelnde Lösung durfte die Kantenlänge 500 mm und eine Masse von 2.500 g nicht überschreiten. Das Produkt musste frei platzierbar sein und durfte weder die Bälle noch die Behälter beschädigen. Außerdem waren schädliche Emissionen, Verbrennungsgase und ein CO2-Ausstoß nicht gestattet. Jeder von einem in den anderen Behälter verbrachte Ball bringt Pluspunkte – jeder Ball, der daneben geht, Minuspunkte. Für die Ideenfindung und Aufgabenlösung samt selbst gebauter Konstruktion, Tests, Dokumentation und Präsentationserstellung hatten die Studierenden zwei Monate Zeit – eine inhaltliche und prozesstechnische Herausforderung.
Die überzeugende Lösung: alle Bälle auf einmal!
Elf Erstsemester-Teams mit jeweils fünf oder sechs Teilnehmern hatten die Challenge angenommen. Beim Kommando der Jury „Zeit läuft“ präsentierte das Siegerteam Sebastian Fleischmann, Matthias Heigold, Hugo Mauz, Marco Rohde und Laurin Vögelein eine bemerkenswerte Idee: eine dreieckförmige, gelenkig verbundene Kippvorrichtung, die an den Längsseiten der beiden Behälter befestigt wird. Über einen Seilzug, angetrieben von einem Elektromotor, wird der gefüllte Behälter sachte angehoben und kippt seinen Inhalt in den leeren Behälter – alle Bälle auf einmal. Der Griff in die Kiste muss also nicht immer einzeln vonstattengehen. Das hat die Jury überzeugt. „Die Ideenvielfalt der elf Teams hätte unterschiedlicher nicht sein können“, resümiert Jurymitglied Michael Franz, Teamleiter Pneumatic Gripping bei Schunk. „Vom Ansaugen der Bälle, Einfangen mit einem Netz, oder dem Unterwandern der Bälle und Sammeln mit Kunststofffolie bis zur vollständigen Umschüttung der Kiste war alles dabei. Das Siegerteam hat uns mit der Idee, die komplette Kiste mit den Bällen zu fixieren, zu kippen und die Bälle von einer Kiste in die andere rollen zu lassen, überzeugt.“
Die Begeisterung für den Wettbewerb ist ansteckend
Der Konstruktionswettbewerb hat auch diesmal begeistert – die Teilnehmenden sowieso, aber auch Zuschauer und Jurymitglieder. Wieder einmal war die Aufgabe so gestellt, dass sie Mechanik und Elektronik vereint. „Sich als Gruppe zusammentun, Ideen finden, tüfteln, bauen, ausprobieren, verifizieren und dokumentieren – das ist die praktische Aufgabenstellung im betrieblichen Alltag. Sie macht Spaß, inspiriert, spornt an – erst recht, wenn die Umsetzung gelingt. Sowohl Aspekte aus der Informatik als auch der Handhabungstechnik wurden hier vereint“, bestätigt Michael Franz.
Der Wettbewerb findet für jedes Erstsemester statt – jeden Sommer und jeden Winter. Schunk unterstützt ihn jeweils mit einem Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro. Die Hochschule greift mit den Aufgabenstellungen technologische Trendthemen auf und generiert neue Lösungsideen – praxisrelevant und durchaus ganz spielerisch.
RoboCup@Work: FHWS-Team gewinnt die German Open
Im zweiten Jahr zum Sieg: Bei den German Open der diesjährigen Robocup@Work-Meisterschaften in Magdeburg hat das Team der Hochschule Würzburg-Schweinfurt den ersten Platz erreicht. Im vergangenen Jahr war das Team um Prof. Dr. Tobias Kaupp bei seiner ersten Teilnahme bereits auf dem vierten Platz gelandet. Nun nimmt das Team die Weltmeisterschaft 2023 in Bordeaux ins Visier.
Mit einem Sieg hatte das vielköpfige Team allerdings nicht gerechnet – denn kurz vor dem Wettbewerb fielen gleich drei Mitglieder wegen Corona-Infektionen aus, darunter auch Teamleiter Lucas Reinhart, wissenschaftlicher Mitarbeiter am CERI (Center Robotics) in Schweinfurt. Kurzfristig sprangen zwei andere wissenschaftliche Mitarbeiter ein: Moritz Heimbach als Teamkapitän und Felix Endres. „Lucas war der einzige, der den kompletten Roboter gekannt hat“, beschreibt Endres die besondere Herausforderung. „Jedes Teammitglied ist Experte für bestimmte Dinge“, erläutert Heimbach. „Wenn plötzlich alle Leute für den Roboterarm ausfallen, dann wissen wir erst mal nicht, wie der Arm in Betrieb genommen wird.“ Sie hätten alle viel über die Bedeutung von guter Dokumentation gelernt, fügt er hinzu.
Arbeitsvorgänge in einer intelligenten Fabrik realisieren
Beim Robocup@Work-Wettbewerb geht es darum, die Arbeitsvorgänge in einer intelligenten Fabrik zu realisieren. Ein autonom fahrender Roboter muss sich selbstständig zurechtfinden und Bauteile von einer Arbeitsstation zur nächsten befördern, ohne sich zu verirren oder mit einem Hindernis zu kollidieren. Das klingt für einen Menschen relativ einfach – für einen Roboter ist es eine Herausforderung.
„Die Arena war dieses Jahr sehr schwierig“, sagt Laboringenieur Martin Löser, der das Studierendenteam unterstützte. „Alle anderen Teams sind gleich am Anfang disqualifiziert worden.“ Beispielsweise könne mangelnde Beleuchtung ein unüberwindbares Problem für die Bilderkennung darstellen. Was den Schweinfurtern den Sieg brachte: „Unser Roboter war zuverlässiger“, erklärt Heimbach. „Andere Teams waren schneller, sind aber gegen die Wand gefahren.“ Im nächsten Jahr will das Team weiter am Tempo arbeiten.
Gelerntes direkt in die Praxis umsetzen
Für Michael Didszun, Robotik-Student im zweiten Semester, hat sich die Teilnahme schon gelohnt: „Ein Projekt, in dem alles gebraucht wird, was man bereits in den ersten Semestern des Studiengangs ,Bachelor Robotik‘ an der FHWS mit auf den Weg bekommt, macht wirklich viel Spaß. Wenn man dann noch gewinnt – umso mehr!“
Auch für Prof. Kaupp ist klar, dass das Projekt Robocup an der Hochschule weitergehen wird. „Lehre, Forschung und Transfer – für mein Fachgebiet kombiniert der RoboCup@Work die Aufgabengebiete einer Hochschule in idealer Weise. Studierende lernen robotische Systeme in die Anwendung zu bringen. Das CERI erwirbt Kompetenzen und Erfahrungen, die wir direkt in Industrieprojekten einbringen können. Und schließlich ist so ein Wettbewerb immer öffentlichkeitswirksam und verschafft neue Kontakte in Industrie und Gesellschaft.“
Zum diesjährigen RoboCup@Work-Wettbewerb traten außerdem Teams der Universitäten Magdeburg, Hannover und Innsbruck an, Teams aus Griechenland und dem Iran nahmen virtuell teil. Die Liga RoboCup@Work ist Teil des seit 1997 bestehenden RoboCup-Soccer-Wettkampfs, bei dem Roboter autonom gegeneinander Fußball spielen. Nachdem die Beliebtheit des Fußball-Wettbewerbs weltweit zunahm, wurde das Wettkampf-Prinzip auch auf andere Bereiche ausgeweitet: Inzwischen gibt es neben der Industrierobotik auch Ligen für humanoide und Haushaltsroboter sowie für das Rettungswesen.