Automation: Nachhaltigkeit durch Digitalisierung
Automatisierung sichert die Wettbewerbsfähigkeit; der zunehmende Einsatz von Robotern steigert jedoch auch den Energiebedarf. Schmalz setzt daher auf ressourceneffiziente Produktlebenszyklen.
Nach zwei rückläufigen Jahren haben 2021 erstmals wieder mehr Industrieroboter in Europa ihren Dienst aufgenommen. Wie die International Federation of Robotics (IFR) im Juni 2022 berichtet, lag das Niveau im vergangenen Jahr mit rund 78.000 Einheiten sogar über dem Hoch von 2018. Besonders gestiegen sei die Nachfrage in den Branchen Metall und Maschinen (+50 %) sowie Kunststoff- und Chemieprodukte (+30 %). Die Automobilindustrie dagegen verzeichne keinen Zuwachs, sondern bleibe auf ihrem hohen Niveau von 19.300 Installationen. Das erneute Wachstum stimmt Roboter- und Komponentenhersteller positiv, der Green Deal der EU setzt sie allerdings unter Druck: Der Ruf nach Klimaneutralität fordert Entwickler von Automationslösungen heraus, den digitalen mit dem grünen Wandel zu vereinen.
Damit der flächendeckende Einsatz von digitalen Techniken nicht zwangsweise zu einem stetigen Anstieg des Energieverbrauchs, der Elektronikabfälle und des ökologischen Fußabdrucks führt, gilt es, den Produktlebenszyklus im Blick zu behalten – von der Konstruktion bis zum Recycling. „Wir müssen das CO2-Päckchen, mit dem wir unser Produkt zum Kunden schicken, von den Emissionen unterscheiden, die bei der Nutzung entstehen“, sagt Dr. Maik Fiedler, Leiter Geschäftsfelder Vakuum-Automation und Vakuum-Handhabung bei der J. Schmalz GmbH. Um das Päckchen möglichst klein zu halten, setzt Schmalz auf kurze Beschaffungswege – 50 % der Lieferanten kommen aus dem eigenen Bundesland –, Strom aus regenerativen Quellen und ein nachhaltiges Vertriebssystem. „Schon in der Entwicklung vermeiden wir energieintensive Materialien und Fertigungsprozesse. Dadurch sparen wir Material ein und der Kunde verbraucht im späteren Betrieb weniger Energie“, nennt Fiedler ein schon seit Jahren praktiziertes Vorgehen bei Schmalz. Jetzt schreibt der Vakuum-Experte nach eigenen Angaben das nächste Kapitel und entwickelt Systeme, die gänzlich unabhängig von Druckluft sind.
Performance auf Augenhöhe mit pneumatischen Lösungen
Das klingt nach einer einfachen Lösung, bei der jedoch Hürden zu überwinden sind. Eine davon ist laut Schmalz die höhere Leistungsdichte pneumatischer Vakuum-Erzeuger. „Wir erarbeiten neue Systemkonzepte, die rein elektrische Komponenten intelligent kombinieren. Dadurch erreichen wir Zykluszeiten, die mit leistungsstarken pneumatischen Vakuum-Erzeugern vergleichbar sind, inklusive aktivem Abblasen“, sagt Fiedler.
Das effiziente Konzept besteht aus einer zentral installierten elektrischen Vakuumpumpe auf der einen Seite, einem dazwischenliegenden Speicher sowie Ventilen, die auf der anderen Seite nahe am Sauggreifer montiert sind. „Unser Speicher sind die Schläuche, in denen wir das Vakuum vorspannen, um es bedarfsgerecht abzurufen. Das führt zu einer deutlichen Verkürzung der Evakuierungsdauer. Durch die Nutzung mehrerer Ventile können wir diverse unabhängige Saugkreise installieren“, erläutert der Vakuum-Experte. Bei der Vorstellung der rein elektrischen Lösung, die auf Augenhöhe mit pneumatischen Systemen ist, hat Fiedler das neue Belüftungsventil LQE im Sinn. Es ist unmittelbar am Greifer montiert und reduziert durch das Vorspannen das tatsächlich zu evakuierende Volumen. Dies ermöglicht ein schnelles Belüften. „Wir sprechen hier, abhängig vom System, von Zeiten unter 50 Millisekunden. Das Geheimnis dahinter ist der große Querschnitt, der Durchflüsse von über 300 Litern pro Minute realisiert“, betont Fiedler. Die vollelektrische Aktorsteuerung des 3/2-Wege-Vakuumventils trägt zur höheren Energieeffizienz des Gesamtsystems bei. Schmalz hat zudem einen Sensor integriert – er überwacht und kontrolliert das Vakuum und den Prozess direkt am Greifer. „So bringen wir die Nachhaltigkeit in Einklang mit der digitalen Transformation“, sagt Fiedler.
Leistungsstarker Vakuum-Erzeuger ist das Herzstück
Herzstück der druckluftfreien Vakuum-Automation ist ein leistungsstarker Vakuum-Erzeuger: die Compact-Pump GCPi. Sie wiegt rund drei Kilogramm und baut so kompakt, dass sie auch an Leichtbaurobotern eingesetzt werden kann. In Kombination mit einer Batterie – ihr genügt eine 24-Volt-Versorgung – ist sie bereit für mobile Anwendungen mit autonomen Transportsystemen (AGV) und Robotern (AMR). „Die neue Compact-Pump ist bereits nach kurzer Einschaltdauer deutlich günstiger im Betrieb als ein vergleichbarer Ejektor“, betont Fiedler.
Es gibt mehrere Wege
Dieses Konzept folgt der Effizienz-Strategie von Schmalz, deren Produkte die effektivere Nutzung von Energie fokussieren. Pneumatische Vakuum-Erzeuger wie der RECB bleiben weiterhin Teil des Portfolios. Sie erreichen im Verhältnis zum Bauraum hohe Vakuumwerte und Volumenströme, sind robust und können vorhandene Druckluftleitungen nutzen. Schmalz optimiert die pneumatischen Vakuum-Erzeuger kontinuierlich hinsichtlich ihrer Energieeffizienz. Doch es gibt noch weitere Aspekte, die eine Automatisierung nachhaltig gestalten: Zum einen ist es eine Frage der Lebensdauer und wie einfach sich Verschleißteile austauschen oder die verschiedenen Materialien trennen und recyceln lassen. Zum anderen unterstützt die Digitalisierung mit Condition Monitoring und Predictive Maintenance. Anwender behalten damit unter anderem den Prozess und die eingesetzten Vakuum-Komponenten im Blick. Zudem beschleunigen digitale Zwillinge die Inbetriebnahme und simulieren realitätsnah den späteren Prozess. „Die Digitalisierung gibt uns viele Werkzeuge an die Hand, um Energiefresser zu enttarnen und zu beseitigen“, sagt Fiedler.
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