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Geschäftsentwicklung 2024 08.03.2024, 10:12 Uhr

Branchenverbände rechnen nur mit niedrigem Wachstum

Die Branchenverbände VDMA, ZVEI und AMA geben für das kommende Jahr nur zurückhaltende Prognosen. Positiv sei die Investitionsbereitschaft der Unternehmen.

Die Elektro- und Digitalindustrie ist so global aufgestellt wie kaum eine andere Branche. Auch 2023 konnten die Ausfuhren nochmals gesteigert werden. Grafik: ZVEI

Die Elektro- und Digitalindustrie ist so global aufgestellt wie kaum eine andere Branche. Auch 2023 konnten die Ausfuhren nochmals gesteigert werden. Grafik: ZVEI

Der AMA Verband für Sensorik und Messtechnik e.V. (AMA) hat seine Mitglieder im Januar 2024 zur wirtschaftlichen Entwicklung des zurückliegenden Geschäftsjahres befragt. Die AMA Mitglieder erwirtschafteten ein Umsatzplus von 6 %, verglichen zum Vorjahr. Im vierten Quartal gingen die Umsätze um 6 % und die Auftragseingänge um 3 % zurück, verglichen zum Vorquartal. Die AMA Mitglieder schauen aber verhalten positiv in das Geschäftsjahr 2024 und rechnen mit einem Umsatzwachstum von 2 %.

Höhere Investitionen geplant

Die AMA Mitglieder investierten im zurückliegenden Jahr 2023 1 % mehr als im vorherigen, planen jedoch für das laufende Jahr die Investitionen um 13 % zu steigern, bei Beibehaltung des Personals. Damit setzen die Mitglieder auf die Zukunftsfähigkeit der Branche, investieren in Technologien und unterstreichen die Relevanz der Sensorik und Messtechnik.

Invest Sensorik und Messtechnik. Grafik: AMA

Exportrückgang ins nicht europäische Ausland

Die Exportquote der Sensorik und Messtechnik sank im Jahr 2023 um 17 Prozentpunkte auf 48 %. Zurückzuführen ist diese Entwicklung auf die nachlassenden Exporte in das außereuropäische Ausland. Die Exportquote ins mitteleuropäische Ausland blieb stabil.

Verfügbarkeit von wichtigen Zuliefererprodukten

Im Jahr 2023 verringerten sich die Lieferengpässe bei Halbleitern und anderen kritischen Zulieferprodukten spürbar für die Mehrheit der AMA Mitglieder. Rund 20 % der Befragten geben an, weiterhin Schwierigkeiten bei der Beschaffung zu haben. Die meisten Sensorik-Spezialisten sind mittlerweile in der Lage, ihren Bedarf wieder problemlos zu decken.

Maschinen- und Anlagenbau Januar 2024: Rückgang auch zum Jahresauftakt

Zu Jahresbeginn sind die Bestellungen im deutschen Maschinen- und Anlagenbau weiter gesunken. Wie der VDMA mitteilt, blieben die Auftragseingänge im Januar um real 10 % unter dem Vorjahresniveau. Aus dem Inland kamen 11 % weniger Bestellungen, die Auslandsorders gingen um 9 % zum Vorjahresmonat zurück. Dabei fiel der Auftragsrückgang aus den Euro-Ländern mit 19 % deutlich heftiger aus als der Rückgang von 5 % aus den Nicht-Euro-Ländern.

„Die weltwirtschaftliche Erholung lässt weiter auf sich warten, für Deutschland wurden Wachstumsprognosen sogar zurückgenommen. Hinzu kommen unverändert geopolitische Herausforderungen und Unsicherheiten. Es fehlt nach wie vor an positiven Impulsen für das Investitionsverhalten. Einzig für Teile des Auslandsgeschäfts bleibt die Hoffnung auf Bodenbildung intakt“, erläutert VDMA-Chefvolkswirt Dr. Ralph Wiechers.

Im weniger schwankungsanfälligen Drei-Monats-Zeitraum November 2023 bis Januar 2024 sanken die die Bestellungen um real 10 % zum Vorjahr. Aus dem Inland wurden 13 % weniger Aufträge verbucht und aus dem Ausland 8 % weniger Aufträge. Dabei gingen die Orders aus den Euro-Ländern um 13 % zurück, das Minus mit den Nicht-Euro-Ländern betrug 6 %

Maschinenbau NRW verzeichnet zweistelliges Minus auch im Januar

Der Bestelleingang ist im nordrhein-westfälischen Maschinen- und Anlagenbau im Januar 2024 um 16 % hinter dem Vorjahresergebnis zurückgeblieben. Die Nachfrage aus dem Inland verzeichnete ein Minus von 12 % und die Auftragseingänge aus dem Ausland ein Minus von 18 %. Zu diesem Ergebnis trugen der Euroraum mit einem Minus von 16 % und der Nicht-Euroraum mit einem Minus von 18 % bei.

Auftragseingang im Maschinenbau NRW. Grafik: VDMA-Statistik

Im aussagekräftigen Dreimonatszeitraum November 2023 bis Januar 2024 nahm der Ordereingang im Vorjahresvergleich um 20 % ab. Die Aufträge aus dem Inland sanken ebenfalls um 20 % und auch aus dem Ausland wurden 20 % weniger Aufträge generiert. Die Nachfragen aus dem europäischen Raum verfehlten ihr Vorjahresniveau um 20 % und die Auftragseingänge aus dem nichteuropäischen Ausland um 19 %.

„Die geopolitischen Herausforderungen und die schwache Konjunktur schlagen sich deutlich in den Auftragseingängen nieder. Dem nordrhein-westfälischen Maschinen- und Anlagen fehlen weiterhin Impulse, sowohl aus dem Inland als auch aus dem Ausland“, erklärt Hans-Jürgen Alt, Manager ProduktionNRW. „Aktuell ist noch kein Ende der Durststrecke abzusehen.“

Deutsche Elektroexporte schließen 2023 mit leichtem Plus

„2023 ist für die deutsche Elektro- und Digitalindustrie insgesamt recht ordentlich gewesen“, bilanziert ZVEI-Präsident Dr. Gunther Kegel das vergangene Jahr im Rahmen der ZVEI-Jahresauftaktpressekonferenz im Februar. „Zum dritten Mal in Folge konnte die reale, preisbereinigte Produktion gesteigert werden – auf Basis der Zahlen bis einschließlich November um 1,4 %.“ Damit habe sich die Branche in einem schwierigen Umfeld als robust erwiesen. „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Unternehmen noch historisch hohe Auftragsbestände abarbeiten konnten, als die Neubestellungen spätestens ab dem zweiten Quartal bereits zurückgingen.“ Die nominalen Erlöse der Branche erreichten im vergangenen Jahr mit 242 Mrd. Euro erneut eine Rekordmarke (+ 8 %).

Abermals hat sich die in ihrer Zusammensetzung heterogene Branche uneinheitlich entwickelt. Den stärksten Produktionszuwachs verzeichneten Batterien (+ 7 %), gefolgt von elektronischen Bauelementen (+ 6 %), Energietechnik (+ 4 %) und Automation (+ 3 %). Die Gebrauchsgüter dagegen verzeichneten einen deutlichen Rückgang (- 13 %). „Erfreulich ist, dass bei der Beschäftigung nochmals zugelegt werden konnte“, sagt Kegel. Allein in Deutschland beschäftigte die Branche zuletzt 910.000 Menschen (+ 12.000 gegenüber 2022).

Top-10-Exportabnehmer. Grafik: ZVEI

Die Elektro- und Digitalindustrie ist so global aufgestellt wie kaum eine andere Branche. Auch 2023 konnten die Ausfuhren (einschließlich der Re-Exporte) nochmals gesteigert werden, und zwar um 4 % auf 256 Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte – 133 Milliarden Euro – verblieb in der Europäischen Union. „Angesichts wachsender geopolitscher Spannungen wird der europäische Binnenmarkt immer wichtiger“, erklärt der ZVEI-Präsident. „Will die EU zwischen den USA und China weiterhin eine eigenständige Rolle einnehmen, muss sie den Binnenmarkt konsequenter auf Wachstum ausrichten und von industriefremder Regulierung wie dem EU-Lieferkettengesetz ablassen.“ Die nächste EU-Kommission müsse den Regulierungstsunami und eine in Teilen nahezu entfesselte Bürokratie stoppen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen schwäche. „Wir brauchen jetzt eine Europäische Union, die industrielle Wertschöpfung in den Fokus stellt“, fordert Kegel. Einem „Dexit“ erteilt der ZVEI-Präsident eine klare Absage: „Wer meint, dass Deutschland auf sich allein gestellt besser fahren könnte, offenbart gefährliche wirtschaftspolitische Ahnungslosigkeit.“

Angesichts des aktuell schwierigen konjunkturellen Umfelds mit Inflation, vergleichsweise noch hohen Zinsen und hohen Energiepreisen zeigt sich der ZVEI für 2024 zurückhaltend.

Dr. Kegel: „Die Branche steht vor einer Wachstumsdelle. Auf Jahressicht erwarten wir, dass die reale Produktion um 2 % nachgeben wird.“

Dass die Unternehmen der Elektro- und Digitalindustrie weiterhin fest zum Industriestandort Deutschland und Europa stehen, zeigt eine aktuelle ZVEI-Mitgliederbefragung. Vier von fünf Unternehmen geben an, vorzugsweise im eigenen Land investieren zu wollen. Für mehr als die Hälfte ist Europa, aber – gleichauf – auch China ein attraktiver Investitionsstandort. Insgesamt wollen 60 % der Unternehmen ihre Investitionstätigkeit weltweit erhöhen, obwohl alle Firmen die aktuelle geopolitische und politische Lage als unsicher bewerten. „Die Unternehmen wollen weiter die Chancen nutzen, die sich in dieser Phase der industriellen Transformation ergeben“, erklärt Kegel und verweist darauf, dass die Megatrends Elektrifizierung, Digitalisierung und Automatisierung weiterhin intakt seien. „Als einzige große Branche des Verarbeitenden Gewerbes ist die reale Produktion bei uns heute höher als vor Corona.“

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Von AMA/VDMA/ZVEI