Corona fördert Chinas Aufstieg zur Wirtschaftsmacht
VDMA zieht Zwischenbilanz: Ausländische Unternehmen profitieren von den Anstrengungen Chinas, leiden andererseits aber unter Wettbewerbsnachteilen.
Mit der Strategie „Made in China 2025“ und dem aktuellen Fünf-Jahres-Plan strebt die Volksrepublik bis zum Jahr 2035 eine technische Vorherrschaft auf verschiedenen industriellen Feldern an, etwa bei intelligenter Fertigung und Robotik oder in der Landtechnik. Zudem wolle China diese Position nicht nur auf dem heimischen Markt erreichen, sondern sich auch als Exportmacht immer stärker durchsetzen. Dies ist das Ergebnis einer Zwischenbilanz der „Made in China 2025“-Strategie, die der VDMA zusammen mit dem Schweizer Maschinenbauverband Swissmem und dem China-Beratungsunternehmen Sinolytics gezogen hat. Diese Zwischenbilanz fällt aus Sicht des Maschinen- und Anlagenbaus gemischt aus, so der VDMA weiter.
Einerseits stecke die Regierung in Peking umfangreiche Ressourcen in Forschung und Entwicklung, wovon nicht nur chinesische Unternehmen profitierten, sondern auch die exportorientierten Unternehmen aus Europa. Andererseits greife die chinesische Politik verstärkt in den Markt ein, zum Beispiel durch vorteilhafte Finanzierungsangebote oder einen eingeengten Zugang zu staatlichen Ausschreibungen. „Dies führt eindeutig zu Wettbewerbsnachteilen für ausländisch investierte Unternehmen. Außerdem hat China die Bedeutung der Standardisierung entdeckt und versucht, nicht nur in den internationalen Normungsgremien seinen Einfluss zu erhöhen, sondern setzt zunehmend auf lokale Industriestandards“, erläutert Ulrich Ackermann, Leiter VDMA Außenwirtschaft.
Wechsel an der Spitze der Exportländer
Der Aufstieg Chinas als globale Wirtschaftsmacht zeige sich auch in den Zahlen: Das Außenhandelsvolumen mit Maschinen und Anlagen belief sich im Jahr 2020 nach ersten Schätzungen des VDMA auf rund 1048 Mrd. Euro. Die Maschinenausfuhren aus China erreichten 165 Mrd. Euro und damit 15,8 % des Gesamtexportvolumens. Das bedeutete einen Wechsel an der Spitze der größten Lieferländer: Deutschland exportierte im selben Jahr Maschinen- und Anlagen im Wert von 162 Mrd. Euro (Anteil: 15,5 %). Im Jahr 2019 betrug der Vorsprung Deutschlands auf China noch 1,4 Prozentpunkte.
„Gerade die Corona-Pandemie hat Chinas Aufstieg einen kräftigen Schub verliehen, weil das Land sehr früh und nur sehr kurz betroffen war, während der europäische Absatzmarkt durch die Pandemie einen kräftigen Dämpfer erlitt. Eine starke wirtschaftliche Erholung in der EU könnte dafür sorgen, dass die Maschinenexporte aus Deutschland und anderen europäischen Ländern 2021 wieder stärker wachsen. Aber der langfristige Trend spricht klar für China“, sagt Ackermann. „Deutschland und die EU sollten aber nicht nach Protektionismus rufen, sondern dieser Herausforderung mit marktwirtschaftlichen Maßnahmen begegnen. Dazu müssen wir unsere eigene Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Gleichzeitig sollte die EU die handelspolitischen Instrumente neu ausrichten und etwa den Binnenmarkt vor subventionieren Wettbewerbern aus China schützen sowie Maßnahmen zur Öffnung der chinesischen Märkte für öffentliche Beschaffungen ergreifen“, ergänzt er.
Maschinenbau profitiert auch von Chinas Aufschwung
Die Studie von VDMA und Swissmem zeige andererseits auch, dass China in vielen Sektoren im Vergleich zu den internationalen Wettbewerbern noch immer zurückliege. So kommen in der Volksrepublik im Durchschnitt nur 187 Industrieroboter je 10.000 Beschäftigte zum Einsatz. In den USA sind es 228 Industrieroboter, in Deutschland 346 und die Spitzenreiter Südkorea (868) und Singapur (918) liegen auf diesem Gebiet noch deutlicher vorn. Dort gebe es spürbaren Nachholbedarf, der gute Exportchancen verspricht. Laut einer der Studie zugrunde liegenden Umfrage unter 222 Mitgliedsfirmen schätzen rund 36 % der Maschinen- und Anlagenbauer aus Deutschland und der Schweiz die Strategie „Made in China 2025“ positiv für das eigene Geschäft ein.
Streben nach Autarkie schafft zusätzliche Herausforderungen
Dementgegen stehe allerdings, dass die Regierung in Peking eine technische Autarkie im Maschinenbau anstrebt. Erhebliche Marktverzerrungen als Folge politischen Handelns seien ein strukturelles Element dieses Ansatzes. „Das Interesse der Maschinenbauindustrie am Markt China ist zwar ungebrochen und wir rechnen auch in der näheren Zukunft mit einem weiteren Ausbau der Aktivitäten der Unternehmen vor Ort. Chinas Hunger nach zuverlässigen, energieeffizienten und stärker vernetzten Maschinen und Anlagen ist groß, und der europäische Maschinenbau hat entsprechende Lösungen im Angebot“, sagt Ackermann. „Gleichwohl sollte nicht vergessen werden, dass China in seinem Streben nach technologischer Autarkie immer stärker Einfluss auf Rahmenbedingungen, technologische Entwicklungen und sogar einzelne Marktsegmente nimmt, die unsere mittelständischen Firmen jetzt und in der Zukunft vor zusätzliche Herausforderungen stellen“, warnt der VDMA-Außenwirtschaftsexperte.