Deutsche Teams erfolgreich bei Roboterfußball-WM
Bei der RoboCup-WM im Juli dominierten Teams aus Bonn, Bremen und dem DFKI in ihren Ligen. Die WM sollte 2020 stattfinden, wurde aber coronabedingt verschoben.
76 Tore und kein einziges Gegentor – so lautet die Bilanz der Bremer Roboterfußballer beim RoboCup 2023, dem weltweit größten Wettbewerb für intelligente Robotik. Wie das Deutsche Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) mitteilt, gelang es dem gemeinsamen Team der Universität Bremen und des DFKI, die Weltmeisterschaft im französischen Bordeaux in der Standard Platform League für sich zu entscheiden. Damit holen die Bremer den Titel zum zehnten Mal an die Weser.
Das Finale gegen die HTWK Robots aus Leipzig gewannen die Bremer klar mit 9:0, heißt es. Insgesamt erzielten sie 76 Tore in acht Spielen, und das, ohne ein einziges Gegentor zu kassieren. Dabei wurden fünf der acht Spiele wegen der sogenannten Mercy Rule, die bei einer Tordifferenz von 10:0 greift, vorzeitig beendet. Mit diesem Ergebnis ist B-Human die mit Abstand erfolgreichste Mannschaft in der RoboCup Standard Platform League (SPL), so das DFKI.
- Die RoboCup Standard Platform League ist laut der RoboCup-Webseite eine Fußballliga, an der alle Teams mit einer identischen Roboterplattform teilnehmen, derzeit dem humanoiden Roboter NAO von Aldebaran. Die Forschung in dieser Liga konzentriert sich auf die algorithmische Entwicklung für vollständig autonome Roboter.
Nach Abschluss der Wettbewerbe stellen die Bremer ihre Algorithmen als Open Source zur Verfügung, so dass auch andere Mannschaften davon profitieren können. Die drei besten Teams im Challenge Shield, RoboEireann aus Irland, die R-Zwei Kickers aus Kaiserslautern und die BadgerBots aus den USA, verwendeten beim diesjährigen Wettbewerb allesamt die von B-Human in den vergangenen zwei Jahren veröffentlichte Software.
Erfolgsrezept der Bremer Roboterfußballer
Der beispiellose Erfolg des Bremer Teams sei das Ergebnis seiner Überlegenheit in zahlreichen Forschungsbereichen. So hatten die B-Human-Roboter keinerlei Schwierigkeiten unter dem Einfluss von sich verändernden Lichtbedingungen zu agieren, etwa beim Spielen in der Nähe von Fenstern. Die Bremer NAOs kennen ihre genaue Position auf dem Feld, was ein präzises Passspiel ermöglicht, zu dem in dieser Form kein anderes Team der Liga fähig ist, heißt es weiter. Auch würden sie andere Spieler genau genug erkennen, um zwischen ihnen hindurchzuschießen oder sich an ihnen vorbeizuschlängeln. Zudem fielen die Roboter von B-Human seltener um als die NAOs der Konkurrenz, weil ihre Laufbewegungen viele Berührungen mit anderen Robotern ausgleichen könnten. Nicht zuletzt, seien sie in der Lage, in vielen Situationen aus dem Laufen heraus präzise zu schießen, was die meisten Pässe überhaupt erst möglich macht.
Anwendungsnahes Lernen von Software-Entwicklung
Bei B-Human geht es den Angaben zufolge um mehr als nur das Sammeln von Titeln und Trophäen: Als Projektstudium an der Universität Bremen führt es Studierende anwendungsnah an die Entwicklung von Software heran und ermöglicht ihnen, sich über mehrere Semester intensiv und eigenständig mit selbstgewählten Fragestellungen rund um den Roboterfußball zu beschäftigen. Aus den Arbeiten zu den Laufbewegungen der NAOs sind die wissenschaftlichen Publikationen „Dynamic Joint Control For A Humanoid Walk“ und „Neural Network-based Joint Angle Prediction for the NAO Robot“ hervorgegangen. Diese präsentierten die Teammitglieder Philip Reichenberg, Thomas Röfer, Jan Fiedler und Tim Laue beim diesjährigen RoboCup-Symposium, welches traditionell den Abschluss des RoboCups bildet.
Aktuell setzt sich B-Human aus 13 Studierenden der Universität Bremen und einem ehemaligen Studenten zusammen. Betreut werden sie von den Wissenschaftlern Dr. Thomas Röfer vom DFKI-Forschungsbereich Cyber-Physical Systems, der von Prof. Dr. Rolf Drechsler geleitet wird, sowie Dr. Tim Laue und Arne Hasselbring aus der Arbeitsgruppe Multisensorische Interaktive Systeme von Prof. Dr. Udo Frese an der Universität Bremen.
Uni Bonn verteidigt Titel in der Humanoid-AdultSize-Klasse
Das Team NimbRo der Universität Bonn hat in Bordeaux das Fußballturnier der Humanoid-AdultSize-Klasse gewonnen und damit den Titel erfolgreich verteidigt. Die menschähnlichen Fußballroboter wurden in der Arbeitsgruppe Autonome Intelligente Systeme des Instituts für Informatik entwickelt. Sie traten mit verbesserter Software an und konnten so zahlreiche Zweikämpfe gewinnen und den Ball zügig ins Tor dribbeln.
- In der Humanoid League spielen laut RoboCup-Webseite autonome Roboter mit menschenähnlichem Körperbau und menschenähnlichen Sinnen Fußball gegeneinander. Im Gegensatz zu humanoiden Robotern außerhalb der Humanoiden-Liga wird die Aufgabe der Wahrnehmung und Weltmodellierung nicht durch die Verwendung nicht-menschlicher Entfernungssensoren vereinfacht.
Um den im Vorjahr in Bangkok (Thailand) erzielten Titel zu verteidigen, hatte das im Institut für Informatik VI der Universität Bonn angesiedelte Team NimbRo vier selbstentwickelte circa 135 cm hohe menschenähnliche Fußballroboter fit gemacht. Insbesondere wurde die Robotersoftware verbessert, beispielsweise durch Beschleunigung der visuellen Wahrnehmung, um die Spielsituation in Echtzeit zu erfassen, durch eine überarbeitete Gangerzeugung, die auch bei starken Störungen die Balance wiedererlangt, sowie durch flexiblere Kickbewegungen.
Im Turnier dominierte das NimbRo-Team klar die internationale Konkurrenz, heißt es. In drei Vorrundenspielen wurden 22:0 Tore erzielt. Im Finale trafen die Bonner Roboter auf das Team HERoEHS der Hanyang University, Korea. NimbRo gewann den Angaben zufolge fast alle Zweikämpfe, dribbelte den Ball um die Gegner herum und versenkte ihn zügig im gegnerischen Tor. Nach einem Halbzeitstand von 4:0 endete das Finale mit 8:0.
Neben dem Hauptwettbewerb fand den Angaben zufolge auch ein Drop-In-Turnier statt, bei dem Roboter verschiedener Teams zu Mannschaften zusammengelost wurden. Auch dabei gewann das Bonner Team klar mit 26:0 Toren. Weiterhin fanden technische Wettbewerbe statt, bei denen Fähigkeiten einzeln evaluiert werden, die in Zukunft für das Spiel wichtig sind. Dabei stellten die Roboter der Universität Bonn unter Beweis, dass sie auch nach starken Störungen die Balance wiedererlangen, einen Pass annehmen und ins Tor kicken sowie den Ball über ein Hindernis lupfen können, heißt es weiter.
„Obwohl die anderen Teams ihre Systeme deutlich verbessert haben, konnten die Fußballroboter meines Teams NimbRo den Weltmeistertitel ohne Gegentor verteidigen“, sagt Prof. Dr. Sven Behnke, Leiter der Arbeitsgruppe Autonome Intelligente Systeme des Instituts für Informatik der Universität Bonn.
Der RoboCup ist, wie es weiter heißt, eine internationale Initiative mit dem Ziel, die Weiterentwicklung intelligenter Roboter durch Wettbewerbe zu fördern. Bis zum Jahr 2050 sollen humanoide Fußballroboter entwickelt werden, die gegen den dann amtierenden menschlichen Weltmeister gewinnen können. „Roboter, die sich schnell und robust auf zwei Beinen fortbewegen können, sind in der Zukunft für zahlreiche Anwendungen in Alltagsumgebungen wichtig, zum Beispiel für die Auslieferung von Post oder für die Unterstützung assistenzbedürftiger Personen“, sagt Behnke.