Deutschland auf Platz 5 des weltweiten Robotermarktes
Die Anzahl der Industrieroboter ist laut IFR weltweit um 10% gestiegen. Die positive Marktentwicklung in China gleicht Schwächen in anderen Märkten aus.
Deutschland ist in der Europäischen Union mit rund 230.000 Industrie-Robotern die am stärksten automatisierte Volkswirtschaft. Dies hat die International Federation of Robotics (IFR) bei der Vorstellung des neuen Jahrbuchs „World Robotics 2021“ mitgeteilt. Die Zahl der neu installierten Roboter habe im Jahr 2020 rund 22.300 Einheiten erreicht. Das sei trotz des Krisenjahres 2020 der dritthöchste jemals erreichte Wert. „Angetrieben durch ein starkes Auslandsgeschäft erholt sich die deutsche Robotikindustrie“, sagt Milton Guerry, Präsident der International Federation of Robotics. „Der Heimatmarkt dürfte langsam wachsen, hauptsächlich gestützt durch die Nachfrage nach kostengünstigen Robotern in der Industrie, aber auch außerhalb der Fertigung.“
Deutschland: Probleme wegen Lieferketten
Deutschlands Anteil am europäischen Roboterbestand liegt bei 33 %, heißt es weiter. Damit seien in den Fabriken der deutschen Wirtschaft rund dreimal so viele Industrie-Roboter im Einsatz wie in Italien (78.200 Einheiten), rund fünfmal so viele wie in Frankreich (44.800 Einheiten) und rund zehnmal so viele wie in Großbritannien (23.000 Einheiten). Im weltweiten Vergleich liege Deutschland nach China, Japan, Korea und den USA auf Rang 5. Das gelte 2020 auch für die jährlichen Verkaufszahlen. Damit bewege sich die deutsche Wirtschaft schon seit vielen Jahren (2014 bis 2017) auf dem sehr hohen Niveau von rund 20.000 Einheiten per anno.
Aktuell bestätigen laut IFR 93 % der deutschen Robotik- und Automationsspezialisten, dass es Einschränkungen aufgrund von Problemen in den Lieferketten gibt. Knapp jeder Zweite hält die Probleme für gravierend. Nahezu alle deutschen Robotik- und Automationsspezialisten berichten von Engpässen in der Lieferung von elektronischen Komponenten und Computer-Chips. Gut 80 %t sehen Lieferengpässe bei Metallerzeugnissen, rund 60 % bei Kunststoffen. Nach den jüngsten Angaben der Bundesregierung wird das BIP in Deutschland 2021 wegen der Knappheit einiger Rohstoffe und steigender Energiepreise nur um 2,6 % wachsen und 2022 um 4 %.
2020 dritterfolgreichstes Jahr der Robotikbranche
Weltweit ist die Anzahl der Industrie-Roboter in den Fabriken um 10 % auf einen neuen Rekord von rund 3 Mio. Einheiten angestiegen, so die IFR weiter. Trotz der globalen Pandemie sei der Absatz neuer Roboter mit 0,5 % im Jahr 2020 leicht angestiegen: Weltweit wurden insgesamt 384.000 Einheiten ausgeliefert. Die positive Marktentwicklung in China habe den positiven Trend der Gesamtbilanz vorangetrieben und den Rückgang in anderen Märkten ausgeglichen. 2020 war nach 2018 und 2017 das dritterfolgreichste Jahr in der Geschichte der Robotikbranche, so die IFR.
„Den konjunkturellen Tiefpunkt in der Covid-19-Zeit haben die Volkswirtschaften in Nord-Amerika, Asien und Europa nicht im gleichen Zeitraum durchlebt“, so Guerry. „In der chinesischen Fertigungsindustrie begannen die Auftragseingänge und Produktionsraten bereits im zweiten Quartal 2020 wieder an Fahrt aufzunehmen. Die nordamerikanische Wirtschaft erholte sich anschließend in der zweiten Jahreshälfte 2020 und Europa folgte noch etwas später.“
Der Robotikmarkt werde sich weltweit stark erholen, führt Guerry aus. Für das Jahr 2021 rechne die IFR mit einem Wachstum von rund 13 % auf 435.000 Einheiten – das Rekordniveau von 2018 würde damit übertroffen. Guerry weiter: „Für Nord-Amerika wird ein Anstieg um 17 % auf fast 43.000 Einheiten prognostiziert. Die Installationen in Europa werden voraussichtlich um 8 % auf fast 73.000 Einheiten steigen. In Asien dürfte die 300.000-Einheiten-Marke überschreiten und das Vorjahresergebnis um 15 % übertreffen werden. Für fast alle südostasiatischen Märkte werden bis 2021 zweistellige Wachstumsraten erwartet.“
Asien, Europa und Amerika im Überblick
Asien ist den Angaben zufolge nach wie vor der weltweit größte Markt für Industrie-Roboter. 71 % aller neu installierten Einheiten wurden im Jahr 2020 in Asien verkauft (2019: 67 %). Der Absatz in China, dem größten Anwenderland der Region, stieg mit 168.400 ausgelieferten Robotern um 20 %. Dies ist laut IFR der höchste Wert, der jemals für ein einzelnes Land verzeichnet wurde. Der operative Bestand erreichte 943.223 Einheiten (+21 %). Die 1-Million-Marke werde voraussichtlich im Jahr 2021 geknackt. Diese hohe Wachstumsrate dokumentiert die rasant voranschreitende Robotisierung in China.
Japan bleibt nach China der zweitgrößte Markt für Industrie-Roboter, obwohl die japanische Wirtschaft von der Covid-19-Pandemie schwer getroffen wurde: Mit 38.653 installierten Einheiten ging der Absatz im Jahr 2020 um 23 % zurück. Dies war das zweite Jahr des Rückgangs nach einem Spitzenwert von 55.240 Einheiten im Jahr 2018. Im Gegensatz zu China war die Nachfrage aus der Elektronikindustrie und der Automobilindustrie in Japan schwach. Japans operativer Bestand lag im Jahr 2020 bei 374.000 Einheiten (+5 %).
Japans Aussichten für das Finanzjahr 2021 sind mit einer erwarteten BIP-Wachstumsrate von 3,7 % positiv. Der japanische Robotikmarkt werde 2021 voraussichtlich um 7 % und 2022 um weitere 5 % wachsen. Unabhängig vom Inlandsmarkt werden die wichtigsten Exportziele die Nachfrage nach japanischer Robotik sichern. Auch wenn ein Großteil der Produktion heute direkt in China stattfindet, waren 36 % der japanischen Exporte von Robotik und Automatisierungstechnik für China bestimmt, heißt es weiter. Weitere 22 % der Ausfuhren gingen in die Vereinigten Staaten.
Die Republik Korea ist nach Japan, China und den USA der viertgrößte Robotermarkt. Im Jahr 2020 gingen die Installationen um 7 % auf 30.506 Einheiten zurück. Der operative Bestand stieg um 6 % auf 342.983 Einheiten. Die exportorientierte Wirtschaft des Landes habe die Pandemie bisher bemerkenswert gut verkraftet. Im Jahr 2020 sank das BIP nur um 1 %. Für 2021 und 2022 werde ein starkes BIP-Wachstum von +4 % und +3 % erwartet. Insbesondere die Elektronikindustrie und die Halbleiterindustrie investieren laut IFR kräftig. Ein im Mai 2021 aufgelegtes Förderprogramm werde die Investitionen in Maschinen und Anlagen weiter ankurbeln. Es wird erwartet, dass die Nachfrage nach Robotern sowohl von der Elektronikindustrie als auch von den Automobilzulieferern im Jahr 2021 um 11 % und in den darauffolgenden Jahren um durchschnittlich 8% pro Jahr erheblich zunehmen wird.
Robotermarkt in Europa weiterhin rückläufig
In Europa gingen die Installationen von Industrierobotern 2020 um 8 % auf 67.700 Einheiten zurück. Damit war der Robotikmarkt das zweite Jahr in Folge rückläufig, nach einem Höchststand von 75.560 Einheiten im Jahr 2018. Die Nachfrage aus der Automobilindustrie sank laut IFR um weitere 20 %, während die Installationen in der allgemeinen Industrie um 14 % stiegen. Deutschland zählt zu den fünf größten Robotermärkten weltweit (China, Japan, USA, Korea, Deutschland) und verzeichnete einen Anteil von 33 % an den Gesamtinstallationen in Europa. Es folgten Italien mit 13 % und Frankreich mit 8 %.
Im Großbritannien stiegen die Installationen von Industrie-Robotern 2020 um 8 % auf 2.205 Einheiten. Die Automobilindustrie stieg um 16 % auf 875 Einheiten – das entspricht 40 % des Absatzes im Vereinigten Königreich. Die Lebensmittel- und Getränkeindustrie verdoppelte ihre Installationen fast von 155 Einheiten im Jahr 2019 auf 304 Einheiten im Jahr 2020 (+96 %). Die Lebensmittel- und Getränkeindustrie hatte einen hohen Anteil an ausländischen Arbeitskräften, häufig aus Osteuropa, und steht vor einem massiven Arbeitskräftemangel. Die anhaltenden Covid-19– Reisebeschränkungen seien ein Grund und der Brexit ein weiterer. In den Jahren 2021 und 2022 werde die Nachfrage laut Prognose stark mit zweistelligen Prozentraten wachsen. Durch einen massiven Steueranreiz werde die Modernisierung der britischen Fertigungsindustrie angekurbelt.
Die neu installierten 2.205 Einheiten im Vereinigten Königreich aus dem Jahr 2020 sind etwa zehnmal weniger als die Auslieferungen in Deutschland (22.302 Einheiten), etwa viermal weniger als in Italien (8.525 Einheiten) und weniger als die Hälfte an Industrie-Robotern in Frankreich (5.368 Einheiten).
USA mit Abstand größter Nutzer in Gesamtamerika
Die USA sind mit einem Anteil von 79 % an den Gesamtinstallationen der größte Nutzer von Industrierobotern auf dem amerikanischen Kontinent. Es folgen Mexiko mit 9 % und Kanada mit 7 %. Im Jahr 2020 gingen die Neuinstallationen in den Vereinigten Staaten um 8 % zurück. Nach acht Jahren Wachstum war dies das zweite Jahr in Folge mit einem Minus. Während die Automobilindustrie im Jahr 2020 deutlich weniger Roboter nachfragte (10.494 Einheiten, –19 %), stiegen die Installationen in der Elektro-/Elektronikindustrie um 7 % auf 3.710 Einheiten. Der operative Bestand in den Vereinigten Staaten stieg seit 2015 um 6 % CAGR.
Die Gesamtprognosen für den nordamerikanischen Markt seien sehr positiv. Derzeit laufe bereits eine starke Erholung und für 2021 könne mit einer Rückkehr zum Vorkrisenniveau gerechnet werden. Es wird erwartet, dass die Roboterinstallationen im Jahr 2021 um +17 % steigen werden. Ein Nach-Krisen-Boom wird 2022 und darüber hinaus für zusätzliches Wachstum im niedrigen zweistelligen Bereich sorgen.
Ausblick
Der „Boom nach der Krise“ dürfte 2022 den Angaben zufolge weltweit leicht abklingen. Von 2021 bis 2024 wird mit durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten im mittleren einstelligen Bereich gerechnet. Eine Aufholjagd findet 2022 oder 2023 statt – geringfügige Rückgänge können als statistischer Effekt auftreten. Sollten Sondereffekte eintreten, werden sie den allgemeinen Wachstumstrend nicht brechen. Die historische Marke von 500.000 weltweit installierten Roboter-Einheiten pro Jahr wird voraussichtlich im Jahr 2024 erreicht werden, heißt es weiter.