Maschinenbau kommt gut durch 2021
Der VDMA zieht eine positive Bilanz für 2021 und erhöht die Produktionsprognose. Für die Gesamtwirtschaft dämpft das Ifo-Institut die Erwartungen.
„Der Maschinen- und Anlagenbau in Deutschland hat sich in einem schweren Jahr 2021 hervorragend geschlagen und geht trotz der Corona-Pandemie mit reichlich Zuversicht in die kommenden Monate.“ Dieses Fazit hat VDMA-Präsident Karl Haeusgen auf der Online-Jahrespressekonferenz des Verbands gezogen. Um die gewaltigen Herausforderungen in Deutschland, Europa und der Welt zu meistern, brauche es vor allem den technischen Fortschritt – insbesondere zur Bekämpfung des Klimawandels. „Der mittelständisch geprägte Maschinen- und Anlagenbau nimmt hier mit seiner technologischen Kompetenz eine Schlüsselrolle ein. Ohne den Maschinen- und Anlagenbau ist Klimaschutz nicht machbar! Deshalb stehen wir als Partner des Fortschritts zur Verfügung“, sagte Haeusgen. Der VDMA-Präsident betonte, die Industrie und der VDMA stünden der Politik als konstruktiver Ansprechpartner für die anstehende Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft zur Verfügung.
Trotz gut gefüllter Auftragsbücher werden sich die Produktionserwartungen im Maschinen- und Anlagenbau für 2021 nicht vollständig erfüllen, so der VDMA. Während die Auftragseingänge in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres um real 34 % zulegten, stieg die Produktion im selben Zeitraum schwächer als erhofft um real 7,2 %. „Wir hätten mehr produzieren können, wären die verschiedenen Lieferengpässe nicht so hartnäckig gewesen“, erläuterte Haeusgen. Die VDMA-Volkswirte schätzen daher das Produktionswachstum 2021 – abweichend von ihrer Prognose aus dem September von plus 10 % – auf nunmehr preisbereinigt plus 7 % zum Vorjahr. Das entspricht einem Wert von rund 219 Mrd. Euro. „Damit sind wir zwar noch nicht wieder auf Vor-Corona-Niveau, nähern uns diesem aber stetig an“, erläuterte Haeusgen. Weil die Unternehmen davon ausgehen, den hohen Auftragsbestand im kommenden Jahr abarbeiten zu können, erhöht der VDMA die Produktionsprognose für 2022 von bisher plus 5 % auf plus 7 % im Vergleich zum Vorjahr.
Ifo-Institut senkt Wachstumsprognose für 2022
Das ifo Institut hat seine Wachstumsprognose für 2022 um 1,4 Prozentpunkte gesenkt und für das Jahr 2023 um 1,4 Prozentpunkte angehoben. „Die anhaltenden Lieferengpässe und die vierte Coronawelle bremsen die deutsche Wirtschaft spürbar aus. Die zunächst erwartete kräftige Erholung für 2022 verschiebt sich weiter nach hinten“, sagte ifo Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Die Wirtschaftsleistung wird demnach 2021 um 2,5 % zulegen, im kommenden Jahr nur noch um 3,7 %. 2023 werden es dann 2,9 %, so das Ifo-Institut.
Im laufenden Quartal dürfte das Bruttoinlandsprodukt um 0,5 % gegenüber dem Vorquartal schrumpfen und am Jahresbeginn 2022 nur stagnieren. „Im Sommerhalbjahr 2022 wird mit dem Abebben der Coronawelle und dem allmählichen Ende der Lieferengpässe eine kräftige Erholung einsetzen“, sagt Wollmershäuser. Die gesamtwirtschaftliche Produktion dürfte mit Raten von 2,3 sowie 1,8 % im zweiten und dritten Quartal 2022 deutlich zulegen und sich dann langsam auf durchschnittliche Zuwächse einschwenken.
Die Inflationsrate dürfte, so das Ifo-Institut weiter, zunächst noch einmal zunehmen: von 3,1 % in diesem Jahr auf 3,3 % im kommenden Jahr. Dabei würden steigende Kosten, die mit den Lieferengpässen einhergehen, eine treibende Rolle spielen und auch die verzögerte Anpassung an die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise. Erst im Jahr 2023 sollte sich der Anstieg der Verbraucherpreise wieder normalisieren und auf 1,8 % zurückgehen.
VDMA-Blitzumfrage: Elektronik-Komponenten und Metalle fehlen
Die aktuellen Schwierigkeiten in den Lieferketten zeigen auch die Ergebnisse der 12. VDMA-Blitzumfrage mit dem Schwerpunkt Materialmangel von Anfang Dezember, an der 521 Mitgliedsunternehmen teilnahmen. Wie der VDMA ausführt, spüren 84 % der befragten Unternehmen demzufolge noch immer merkliche oder sogar gravierende Beeinträchtigung der Lieferketten – das sei in etwa derselbe Wert wie in der Umfrage aus dem September. Den Betrieben mangele es vor allem an Elektronik-Komponenten (86 % der Unternehmen berichten von merklichen oder gravierenden Problemen) und Metallen (65 % sehen merkliche oder gravierende Probleme). Der Blick nach vorn zeige, dass eine Entspannung noch auf sich warten lasse: 38 % der Unternehmen rechnen für die kommenden drei Monate mit einer zunehmenden Beeinträchtigung, 57 % mit keiner Veränderung. Dies gelte insbesondere für Elektronikkomponenten. Eine weitgehende Entschärfung der Lage wird den Angaben zufolge frühestens im zweiten Quartal 2022 erwartet, bei Elektronikkomponenten rechnen die Unternehmen mit einer Entspannung nicht vor dem dritten Quartal 2022.
Maschinenbau: Beschäftigung weitgehend gehalten
Auch im zweiten Corona-Jahr hat sich der mittelständisch geprägte Maschinen- und Anlagenbau als Garant für sichere Arbeitsplätze erwiesen, führt der VDMA aus. Im September 2021 beschäftigten die Unternehmen demnach rund 1,01 Mio. Menschen (Betriebe ab 50 Mitarbeiter) in ihren inländischen Stammbelegschaften. Trotz der Pandemie mit ihren schwerwiegenden Folgen bedeute dies nur einen leichten Abbau von 1,9 % zum Vorjahr. „Das ist ein starkes Signal! Wir sind und bleiben der größte industrielle Arbeitgeber im Land“, betonte Haeusgen. 67 % der Unternehmen planen laut einer aktuellen VDMA-Umfrage zur Beschäftigung im Maschinenbau sogar einen – überwiegend moderaten – Aufbau der Stammbelegschaft im kommenden Jahr. Allerdings erweisen sich der Fachkräftemangel und der demografische Wandel immer mehr als Wachstumshemmnis; laut Umfrage werden sie als größte Herausforderung des Maschinenbaus in den nächsten Jahren gesehen – noch vor der Digitalisierung und der Dekarbonisierung. 70 % der Unternehmen leiden demnach unter merklichem oder gravierendem Fachkräftemangel.
Nach Angaben des Ifo-Instituts wird die Arbeitslosenquote von voraussichtlich 5,7 % im Jahr 2021 auf durchschnittlich 5,2 % im Jahr 2022 fallen und auf 4,9 % im Jahr 2023. Die Zahl der Erwerbstätigen dürfte daher im Jahr 2022 um etwa 409.000 und 2023 um 311.000 zunehmen, nachdem sie 2021 durchschnittlich um 97.000 über ihrem Vorjahreswert lag. Die Kurzarbeit dürfte von schätzungsweise knapp 1,7 Mio. Beschäftigten im Durchschnitt des laufenden Jahres auf etwa 313.000 im nächsten und 74.000 im Jahr 2023 zurückgehen, so das Ifo-Institut.
Exportdynamik nach China lässt nach, USA und Europa mit Schwung
Für den mittelständischen Maschinen- und Anlagenbau sind, so der VDMA weiter, die drei großen Wirtschaftsblöcke Europa, USA und China die wichtigsten Absatzmärkte, zusammen machen sie gut 80 % aller Exporte aus. Während sich die Wachstumsdynamik in China im Lauf des Jahres 2021 nach einem starken Start zuletzt abgeschwächt habe, würden die Konjunkturprogramme in den USA und Europa für weiterhin gute Exportchancen sorgen. Insgesamt hätten die Ausfuhren der Maschinen- und Anlagenbauer in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres um 11 % zugelegt. „Wir sehen aber mit Sorge die wieder zunehmenden Spannungen im Verhältnis von China und den USA, ebenso wie die unveränderte Blockade einer WTO-Reform und extra-territorial wirkende Sanktionen“, sagte Haeusgen. Hinzu komme, dass die chinesische Regierung immer stärker eine technologische Autarkie bei Schlüsseltechnologien anstrebe. „Damit wird für ausländische Unternehmen in China das Geschäftsumfeld tendenziell schwieriger. Insgesamt wird es für den Maschinenbau zunehmend herausfordernder, sich auf diesen Märkten zu behaupten. Die Firmen müssen daher verstärkt prüfen, ob und wie sie sich in den einzelnen Regionen künftig aufstellen und ihre Lieferketten gestalten“, erläuterte der VDMA-Präsident.
Kritische Bewertung der Europapolitik
Kritisch bewertet Haeusgen aktuelle Entwicklungen in der Europapolitik. Der VDMA unterstütze zwar die europäische Idee und den Binnenmarkt voll und ganz. Zudem sieht der Verband im Green Deal einen enorm wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. „In der Umsetzung der Ziele läuft aus unserer Sicht derzeit allerdings einiges falsch. Exemplarisch kann man hierzu den delegierten Rechtsakt zur Taxonomie nennen. Die für den grünen Wandel so wichtigen Maschinenbautechnologien kommen hier nur am Rande vor, mit der Folge, dass wir von Nachteilen bei der Finanzierung in der Zukunft ausgehen müssen“, kritisierte Haeusgen. Dies sei angesichts der Tatsache, dass fast 90 % der Treibhausgasemissionen durch Maschinenbautechnologien beseitigt werden können, eine eindeutige Fehlsteuerung.
Auch die sehr kritische Haltung im Europäischen Parlament und in vielen Mitgliedstaaten zum Freihandel sei für die exportorientierte Maschinenbauindustrie ein großer Grund zur Sorge. „Den Vorschlag aus Frankreich, die Verhandlungen zu sämtlichen Freihandelsabkommen bis zum Ende der französischen Präsidentschaftswahlen auf Eis zu legen, sehen wir äußerst kritisch“, so Haeusgen. „Wenn ein solches Vorgehen Schule macht und Mitgliedstaaten aus Rücksichtnahme auf innenpolitische Vorgänge die Verhandlungen stoppen können, kommt die EU als internationaler Verhandlungspartner praktisch nicht mehr in Frage“, warnte der VDMA-Präsident.