Transceiver des Fraunhofer IPMS an der ISS angebracht
Ausrangierte Satelliten, sogenannter Weltraumschrott, werden zu einem immer größeren Problem. Baukastenkonzepte sollen für mehr Nachhaltigkeit sorgen.
Zu viel Müll verursacht der Mensch nicht nur auf der Erde. Auch Weltraumschrott wird zu einem immer größeren Problem. Für mehr Nachhaltigkeit der Satellitensysteme sollen diese zukünftig im Baukastensystem erstellt werden, um einzelne Bauteile austauschen zu können und so die Lebensdauer der Satelliten zu verlängern. Für eine problemlose Schnittstelle zwischen den Bauteilen entwickelte das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS einen Transceiver, welcher den Datentransfer zwischen den Bauteilen gewährleistet. Dieser wurde in dem Interface der I-Boss GmbH integriert und befindet sich seit Februar 2022 zu Testzwecken auf der Raumstation ISS (International Space Station).
Satelliten im Baukastensystem
Wie Fraunhofer ausführt, herrscht in der Raumfahrt internationaler Konsens, was die Modularität von künftigen Satellitensystemen anbelangt. Zukünftig sollen sich solche Systeme wie im Baukastensystem flexibel auseinander und wieder zusammenbauen lassen. Der Vorteil bei modularen Plug & Play-Systemen bestehe darin, dass sich defekte Bauteile austauschen lassen und so die Lebensdauer und Funktion eines Satelliten deutlich erhöht werden könne. Am Ende ihrer Lebenszeit verglühen Satelliten entweder in der Erdatmosphäre oder verbleiben im Erdorbit. In der Konsequenz entstehe Weltraumschrott, der schon heute enorme Kosten und Aufwand erzeugt und in der bemannten Raumfahrt zur echten Lebensgefahr werden könne. Die neue Satellitengeneration soll daher die althergebrachte Architektur durch ein nachhaltigeres und modular aufgebautes Konzept ersetzen.
Standardisierte Bausteine erforderlich
Um Module direkt im Weltraum flexibel an- und abmontieren zu können sind vor allem einfach zu koppelnde und standardisierte Bausteine wichtig. Neben der mechanischen Koppelung der einzelnen Module gehe es im Wesentlichen darum, den Daten- und Energietransfer zwischen den einzelnen Bausteinen zu gewährleisten, um auf diese Weise Satelliten beliebig kombinieren zu können. Die RWTH Aachen hat deswegen schon vor Jahren ein Patent angemeldet, das nun über die Ausgründung der I-Boss GmbH als intelligent Space System Interface (ISS) auf den Markt gebracht wurde und eine Standardschnittstelle für solche Systeme bildet.
Ein Teil des Interface ist eine Entwicklung des Fraunhofer IPMS und auch bekannt unter dem Namen LiFI-Giga-Dock. Der Kern der Technik ist ein optisch drahtloser Transceiver, ein hochintegrierter Baustein, der eine kontaktlose Voll-Duplex und bidirektionale Datenübertragung mit einer Datenrate bis zu 5 Gbps ermöglicht. Die mögliche Übertragungsdistanz der optischen Datenschnittstelle liegt bei 5 cm. Auch bei der Übertragung von Rotor zu Stator könne der Baustein eingesetzt werden, weil der Transceiver selbst bei hohen Drehzahlen einwandfrei funktioniere. „Aufbauend auf dieser Komponente hat das Fraunhofer IPMS für I-Boss ein Kommunikationsmodul entwickelt, das es nun auch in das All geschafft hat, genauer gesagt sogar auf die ISS“, sagt Alexander Noack, Entwicklungsleiter für die optische drahtlose Kommunikation. „Neben der Raumfahrt findet man die Komponente in industriellen Kommunikationssystemen, in der Medizintechnik als auch in Docking-Applikationen“, erklärt er weiter. Im Februar flog das Interface zu Test- und Demonstrationszwecken in den Weltraum und wurde durch einen Roboter erstmalig am japanischen Teil der ISS montiert. Bis Mitte Dezember soll das Modul dort verbleiben und seine Einsatzfähigkeit unter Vakuumbedingungen und Strahlungseinfluss beweisen.