KI-gestützte Materialcharakterisierung macht den Tunnelbau nachhaltig
Das Forschungsprojekt REMATCH (REsource efficient tunnelling based on real-time excavation MATerial CHaracterization) entwickelt ein KI-gestütztes System zur Echtzeit-Analyse von Tunnelbau-Aushub, um eine nachhaltige Wiederverwertung zu ermöglichen. Neue Messtechnologien erfassen geotechnische Parameter direkt auf dem Förderband und optimieren die Sortierung. Tests unter realen Bedingungen bestätigen die Effizienz der Methode. Die TH Köln und ihre Partner treiben diese Innovation für ressourcenschonenden Tunnelbau voran.
![Erprobt wurde das neue System unter anderem auf einem 50 m langen Förderband bei der Herrenknecht AG in Schwanau. Foto: Herrenknecht AG](https://www.ingenieur.de/wp-content/uploads/2025/01/newsimage402714-1-1200x600.jpg)
Erprobt wurde das neue System unter anderem auf einem 50 m langen Förderband bei der Herrenknecht AG in Schwanau.
Foto: Herrenknecht AG
Beim Tunnelbau fallen stündlich über 200 Tonnen Aushub an, der oft auf Deponien entsorgt wird, wenn eine Wiederverwertung vor Ort nicht möglich ist. Um eine nachhaltigere Nutzung zu gewährleisten, ist eine detaillierte Charakterisierung des Materials erforderlich. Die TH Köln und ihre Partner haben ein KI-gestütztes System entwickelt, das geotechnische Parameter in Echtzeit ermitteln und so eine sortenreine Trennung des Aushubs ermöglichen soll.
Innovationen für eine nachhaltige und effiziente Mobilität
Optimierte Sortierung durch Echtzeit-Datenanalyse
Laut Forschenden der TH Köln kann Aushubmaterial, abhängig von seinen Eigenschaften, vielfältig genutzt werden – etwa als Straßenunterbau oder Betonzuschlagsstoff. Voraussetzung dafür ist eine präzise Sortierung direkt auf der Baustelle. Ein neu entwickeltes, auf Künstlicher Intelligenz basierendes System soll künftig geotechnische Parameter automatisch erfassen und so eine gezielte Wiederverwertung erleichtern.
KI ergänzt lückenhafte Materialdaten effizient
Innovative Messtechnologien zur Materialcharakterisierung
Zu den relevanten Parametern gehören das Setzmaß, das die Fließfähigkeit des Materials bestimmt, sowie die Scherfestigkeit und der Wassergehalt, die entscheidend für die Stabilität von eingebauten Böden sind. Herkömmliche Messmethoden können diese Werte im laufenden Betrieb von Erddruckschildmaschinen nur schwer erfassen. Forschende der TH Köln haben daher neue Messinstrumente entwickelt: Ein Kugelpendel und ein Pflug über dem Förderband messen die Krafteinwirkung des vorbeifließenden Materials. Diese Daten werden dokumentiert und mit KI-gestützten Algorithmen analysiert. Erste Ergebnisse zeigen, dass sich unterschiedliche Bodenarten, wie sandige oder tonhaltige Böden, durch ihre spezifischen Kraftmuster eindeutig identifizieren lassen.
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Künstliche Intelligenz für präzise Echtzeit-Analysen
Das Forschungsziel bestand darin, eine KI zu trainieren, die aus den erfassten Krafteinwirkungen Rückschlüsse auf die geotechnischen Eigenschaften des Aushubmaterials ziehen kann. Dies ermöglicht Maschinenführern, den Boden bereits auf dem Förderband zu klassifizieren und entsprechend zu sortieren. Das System verbessert somit nicht nur die Effizienz der Materialtrennung, sondern trägt auch maßgeblich zur Ressourcenschonung bei.
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Realitätsnahe Tests für praxisgerechte Lösungen
Um eine belastbare Datenbasis für das KI-Training zu schaffen, wurden zunächst Materialproben auf einem zwei Meter großen Kreisförderband beim Projektpartner STUVA e.V. in Köln untersucht. Um die realen Bedingungen einer Tunnelbohrmaschine bestmöglich abzubilden, errichtete die Herrenknecht AG ein 50 m langes Testförderband im Maßstab 1:1 an ihrem Hauptsitz in Schwanau. Dort konnten verschiedene Bodenproben unter praxisnahen Bedingungen analysiert werden. Die neu entwickelten Messgeräte wurden zudem bei einem realen Tunnelbauprojekt erfolgreich getestet.
Laut den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wurden mit dem Projekt wichtige Grundlagen geschaffen, um geotechnische Parameter präzise zu bestimmen und das Verwertungspotenzial von Aushubmaterialien besser einzuschätzen. Weitere Untersuchungen zur Optimierung der KI-Modelle sind bereits in Planung.
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Projektfakten: REMATCH
Das Forschungsprojekt „REMATCH – REsource efficient tunnelling based on real-time excavation MATerial CHaracterization“ wurde von 2021 bis 2024 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der französischen Agence nationale de la recherche gefördert. Die Studiengesellschaft für Tunnel und Verkehrsanlagen (STUVA) e.V. leitete das Projekt auf deutscher Seite. Neben der TH Köln beteiligten sich der Tunnelbohrmaschinenhersteller Herrenknecht AG sowie auf französischer Seite das Planungs- und Beratungsunternehmen Arcadis und das LIRIS-Labor der Universität Lyon. Zu den assoziierten Partnern gehörten zudem die DB Netz AG, das französische Zentrum für Tunnelstudien (Centre d’Études des Tunnels) und der öffentliche Bauträger Tunnel Euralpin Lyon-Turin.