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+++ Exklusiver Fachbeitrag +++ 30.09.2024, 09:39 Uhr

Industriegasfedern im Rennwagen

Bei der Formula Student konkurrieren Rennwagen miteinander, die von studentischen Teams aus aller Welt entwickelt werden. Das Team Elbflorace Formula Student TU Dresden e.V. ist seit 2006 am Start und entwickelt bereits das 17. Fahrzeug. Beim aktuellen Modell haben die Nachwuchsingenieure Pedale entwickelt, die stärkere Vibrationen, das dynamische Ansprechverhalten des Fahrzeugs und eine möglichst niedrige körperliche Ermüdung des Fahrers berücksichtigen. Gasdruckfedern stabilisieren zum einen den Pedalweg und bieten dem Fahrer zum anderen einen mechanischen Widerstand, der auf den jeweiligen Fahrer angepasst werden kann.

Bild 1: DaisiE während des Endurance & Efficiency Events der Formula Student Netherlands 2024. Foto: Elbflorace e.V

Bild 1: DaisiE während des Endurance & Efficiency Events der Formula Student Netherlands 2024.

Foto: Elbflorace e.V

Die Formula Student ist ein internationaler studentischer Konstruktionswettbewerb, bei dem Hochschulteams aus der ganzen Welt eigene Formel-Rennwagen entwickeln, bauen, präsentieren und betreiben. An der Technischen Universität Dresden ansässig, ist das Elbflorace Formula Student Team TU Dresden e.V., welches 2006 gegründet wurde und in der aktuellen Saison 2024/25 bereits am 17. Fahrzeug baut. Dieses fährt je nach Anlass bei Tests und bei Rennen sowohl vollelektrisch als auch autonom über die Rennstrecken Europas.

Etwa 80 Studierende beteiligen sich pro Jahr aktiv am Projekt und erreichen im weltweiten Vergleich mit ihren Leistungen seit mehreren Jahren Platzierungen in den Top 10 %. Diese Resultate sind nicht ohne die Unterstützung der Hochschule und zahlreicher Sponsoren aus der Industrie möglich, zu denen unter anderen die ACE Stoßdämpfer GmbH aus Langenfeld gehört.

Das Fahrzeug der vorhergehenden Saison, „DaisiE“, wiegt rund 185 kg und beschleunigt aus dem Stillstand mit vier wassergekühlten Radnabenmotoren à 35 kW, selbst entwickelten Invertern und einem Monocoque aus carbonfaserverstärktem Kunststoff auf 100 km/h in unter 2,3 s. Für die Geschwindigkeitsregelung des Rennwagens stehen dem Fahrer in erster Näherung ein Beschleunigungs- und ein Bremspedal zur Verfügung. Darüber hinaus wird der Fahrer von mehreren selbstentwickelten Regelungen unterstützt, welche beispielsweise den Reifenschlupf überwachen oder eine agilere Kurvenfahrt durch Torque Vectoring erlauben.

Pedalkonstruktion für besondere Anforderungen

Im Vergleich zu einem handelsüblichen Pkw sind die Pedale deutlich verschieden an das Fahrzeug angebunden, haben einen abweichenden Pedalweg und begegnen darüber hinaus auch höheren Anforderungen, um dem Fahrer ein geeignetes Fahrgefühl zu vermitteln. So müssen beispielsweise stärkere Vibrationen, das dynamische Ansprechverhalten des Fahrzeugs und eine möglichst niedrige körperliche Ermüdung des Fahrers mitbetrachtet werden. Beide Pedale sind auf eigenen Schlitten montiert, um deren Position optimal auf die wechselnden Fahrer anpassen zu können.

Bild 2: Ausgebautes Gaspedal samt Schlitten und Schiene mit Pedalstellrasten.

Foto: Elbflorace e.V.

Für die Beschleunigung des Rennwagens hat der Fahrer ein Pedal aus carbonfaserverstärktem Kunststoff, welches auf einem carbonfaserverstärkten 3D-Druck Schlitten zum Verfahren auf den CFK-Rohrschienen montiert ist. Der Drehpunkt des Pedals liegt bei der Ferse des Fahrers in Form eines magnetdotierten Bolzens. Die Rotation des Pedals und somit des Bolzens wird über zwei unterschiedlich ausgeführte Hall-Sensoren bestimmt. Der Pedalweg wird durch zwei parallele Gasdruckfedern stabilisiert, die dem Fahrer zusätzlich einen mechanischen Widerstand für das Fahrgefühl bieten. Dieser Widerstand kann auf das Feedback des Fahrers angepasst werden.

In diesem Bereich der Rennwagen-Konstruktion ist die ACE Stoßdämpfer GmbH ein wesentlicher Unterstützer, der Elbflorace bereits seit mehreren Jahren mit Industrie-Gasdruckfedern der Typen GS-10–20-AD- 100N und GS-12–20-AD-100N sponsert. Der Kontakt zu dem Unternehmen ist stets unkompliziert, zuvorkommend und mit wertvollen Hinweisen gespickt, wofür das Team sehr dankbar ist.

Besondere Regeln für das Bremspedal

Aufgrund des Reglements der Formula Student und damit einhergehenden Sicherheitsanforderungen sind die konstruktiven Freiheiten am Bremspedal eingeschränkt. Entsprechend sind das Pedal, der Schlitten und die Schiene aus der Aluminiumlegierung EN-AW-7075 gefertigt und lediglich die Fußführungen aus CFK. Bei Betätigung des Bremspedals wird bis zu der Kraft, welche durch die einzelne Gasdruckfeder definiert wird, ein in Reihe montierter Membran-Kraftsensor betätigt. Über das Ausgangssignal der Kraftmessdose und die Rekuperation der vier elektrischen Maschinen wird der Rennwagen gebremst und die Energie zurückgewonnen. Erst bei Überschreiten der Losbrechkraft und damit einhergehender signifikanter Bewegung der Gasdruckfeder wird zusätzlich über die beiden Hauptbremszylinder für den vorderen und hinteren Bremskreis die mechanische Bremsung eingeleitet.

Bild 3: Zusammengesetztes Bremspedal samt Schlitten und Schiene, mittig Gasdruckfeder und axial montierte Kraftmessdose.

Foto: Elbflorace e.V.

Insbesondere die definierte Einschubkraft bei ausgefahrener Kolbenstange und der vernachlässigbare Weg bis zum Erreichen dieser begründen die Anwendung von Gasdruckfedern für das Formula Student Team Elbflorace. So kann gewährleistet werden, dass der mechanische Bremsvorgang und der damit einhergehende Energieverlust erst beim ausgelegten Pedaldruck eingeleitet wird.

Außer im Elbflorace-Team sind Gasdruckfedern auch in Formula-Student-Fahrzeugen zahlreicherer weiterer Formula-Student-Teams zu finden. Sie alle nutzen den Umstand aus, dass Gasdruckfedern im Vergleich zu anderen Federtypen kompakt gebaut und leichter sind. Das ermöglicht die Anwendung im engen Vorderwagen des Formel-Motorsports.

Aufgrund des per Füllventil individuell einstellbaren Gasdrucks und des einfachen Austauschs der gesamten Feder ist Elbflorace flexibel beim nachträglichen Anpassen der Pedalerie. Die Dimension der Gasfeder ist im Rahmen der Anwendung unabhängig von der Ein- und Ausschubkraft. Die Gasdruckfedern von ACE Stoßdämpfer sind wartungsfrei und ihre Lebensdauer übersteigt auch bei intensiver Nutzung bei weitem den Zeitraum einer Saison.

In Zukunft Gasdruckfedern aus Leichtbaumaterialien?

Zusammenfassend zeigt das Elbflorace Formula Student Team TU Dresden e.V., wie innovative Technik und kreative Ingenieurskunst im studentischen Umfeld Spitzenleistungen erzielen können. Mit einem hoch motivierten Team und dem Einsatz modernster Materialien und Technologien werden jährlich Fahrzeuge entwickelt, die in punkto Leichtbau, Antriebstechnik und Regelungstechnik Maßstäbe setzen. Die Kombination aus theoretischem Wissen und praktischer Anwendung bereitet die Studierenden nicht nur optimal auf ihre berufliche Zukunft vor, sondern fördert auch den technologischen Fortschritt im Bereich des elektrischen und autonomen Motorsports.

Bild 4: ACE Gasdruckfedern sind geschlossene Maschinenelemente, die dort zum Einsatz kommen, wo Massen ohne großen Kraftaufwand kontrolliert gehoben oder gesenkt werden sollen.

Foto: ACE

Um den Leichtbau weiter zu optimieren, wäre es für Elbflorace zukünftig wünschenswert, bei der Entwicklung von Gasdruckfedern aus Leichtbaumaterialien mitzuwirken und diese im Fahrzeug zu implementieren. Die kontinuierliche Förderung und die enge Zusammenarbeit mit Industriepartnern wie ACE untermauern die Bedeutung des Projektes für die Ausbildung und den Innovationsgeist an Hochschulen weltweit. 

Von Michael Molnár, Christoph Melzer, Robert Timmerberg

Michael Molnár und
Christoph Melzer
Elbflorace e.V. Formula Student Team TU Dresden e.V.,
Institut für Automobiltechnik Dresden
Robert Timmerberg
plus2 GmbH, Düsseldorf
Kontakt:
Elbflorace e.V., Institut für Automobiltechnik Dresden 01069 Dresden
Jim Preußner
Tel. (03 51) 85 09 57 65
teamleitung@elbflorace.de