Aktuelle Branchenlage: Rekordhoch und dunkle Wolken
Maschinenbauer behaupten sich in schwierigem Umfeld, elektronische Bauelemente verzeichnen ein Rekordhoch – problematisch ist die Lage der Stahl- und Metallverarbeiter.
Die exportstarken Maschinen- und Anlagenbauer aus Deutschland haben sich nach Angaben des VDMA in einem sehr schwierigen Umfeld des Jahres 2022 bisher gut behaupten können. Die Maschinenexporte verzeichneten demnach allein im dritten Quartal laut vorläufiger Werte des Statistischen Bundesamtes einen Zuwachs von nominal 5,2 % zum Vorjahr. In den ersten neun Monaten legten die Maschinenausfuhren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um nominal 4,0 % auf 140,3 Mrd. Euro zu. „Der Maschinen- und Anlagenbau schlägt sich unverändert wacker. Verantwortlich für das Wachstum sind jedoch vornehmlich Preiseffekte“, sagt VDMA-Chefvolkswirt Dr. Ralph Wiechers. Preisbereinigt verbuchten die Unternehmen im Export im dritten Quartal einen realen Rückgang von 2,9 %. Von Januar bis einschließlich September war es ein Minus von real 2,8 %, so der VDMA.
Rückgang im Export nach China, USA weiterhin mit Schwung
Die Maschinenexporte in die beiden wichtigsten Einzelmärkte USA und China zeigen den Angaben zufolge seit geraumer Zeit eine deutlich divergierende Entwicklung. In den ersten drei Quartalen 2022 wurden in die Vereinigten Staaten Maschinen und Anlagen im Wert von 18,0 Mrd. Euro geliefert. Das entsprach einem Plus von nominal 19,4 %. „Maschinen und Anlagen aus Deutschland sind in den USA gefragt. Und der schwache Euro stärkt die preisliche Wettbewerbsfähigkeit auf diesem Wachstumsmarkt“, erläutert Wiechers.
Nach China verzeichneten die Maschinenexporteure hingegen im gleichen Zeitraum einen Rückgang von nominal 2,8 % auf 14,1 Mrd. Euro. „Die Industrieaktivität in China hat sich im dritten Quartal leicht stabilisiert, nachdem sie im zweiten Quartal aufgrund der Lockdowns in Shanghai und anderen Provinzen stark rückläufig war. Auch die deutschen Maschinenexporte nach China konnten sich daraufhin etwas erholen und liegen mit einem Plus von nominal 4,9 % im dritten Quartal deutlich über dem Jahresdurchschnitt“, analysiert der VDMA-Chefvolkswirt.
Allerdings dürfen die jüngsten Exportzahlen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die strikten Covid-Maßnahmen in China nach wie vor nicht nur Maschinenexporteure, sondern auch die Unternehmen vor Ort belasten, wie aus einer kürzlich durchgeführten Umfrage unter VDMA-Mitgliedsfirmen hervorgeht. „Die Entscheidung des chinesischen Staatsrates, die strikten Covid-Maßnahmen etwas zu lockern, ist vor diesem Hintergrund nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung“, sagt Wiechers.
Nur leichtes Plus beim nominalen Export in die EU
In die Länder der europäischen Union wurden von Januar bis September Maschinen und Anlagen im Wert von 61,4 Mrd. Euro exportiert. Damit liegen die Maschinenexporte in die EU-27 nominal 2,1 % über ihrem Vorjahresniveau. Die Maschinenexporte nach Russland sind dagegen kräftig um 44,4 % auf 2,3 Mrd. Euro gesunken. Damit reduzierte sich der Anteil Russlands an den gesamten deutschen Maschinenausfuhren auf nur noch 1,6 %, heißt es weiter.
Stahl- und Metallverarbeiter: Produktion und Auftragslage schlechter als 2021
Deutlich besorgter klingen die Töne aus der stahl- und metallverarbeitenden Industrie. Wie der WSM (Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung e.V.) mitteilt, ist der Konjunkturhimmel der Stahl und Metall verarbeitenden Industrie grauer als 2021. Trotz eines kleinen Plus im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gehen die Zahlen zurück: Die diesjährige Produktion sinkt bis Ende September um 0,7 %, der Auftragseingang um 7 %. Weil bereits 2021 rückläufig war, fürchtet der WSM eine Verfestigung des Negativtrends. Für den erwarteten Schutzschirm fordert er daher unter anderem eine Härtefallregelung, die die Industrie mitnimmt.
Der Stahl und Metall verarbeitende Mittelstand leide, so der Verband. Er verliere nicht nur im Vergleich zu 2021, auch das laufende Geschäftsjahr entwickele sich unerfreulich: Im Vergleich zu dem zweiten Quartal sank die Produktion im dritten um 0,5 %, der Auftragseingang um 5 %. „Diese Zahlen lassen keinen positiven Ausklang des Jahres erwarten. Die Politik muss jetzt dafür sorgen, dass die angespannten Wertschöpfungsstrukturen des deutschen Wohlstandsfundamentes nicht weiter einreißen. Der geplante Schutzschirm ist für viele Unternehmen noch nicht wasserdicht – ihre Liquidität ist angegriffen, sie brauchen mehr Unterstützung“, betont Holger Ade, Leiter Industrie- und Energiepolitik beim WSM.
Härtefallregelungen müssen Industrie einbeziehen
Sorgen machen, wie der Verband ausführt, unter anderem die bisher bekannten Rahmenbedingungen der Härtefallregelung bei Gaspreisdeckel und Strompreisbremse, weil sie die Industrie durchs Raster fallen ließen. Dazu WSM-Hauptgeschäftsführer Christian Vietmeyer: „In der jetzigen Form gilt die Härtefallregelung nur für private Haushalte und Kleingewerbe. Es gibt aber Unternehmen, die selbst mit gedeckelten Energiepreisen nicht mehr wettbewerbsfähig produzieren können. Auch das sind Härtefälle.“
Deutscher Markt der elektronischen Bauelemente erreicht 2022 Rekordhoch
„Der deutsche Markt für elektronische Bauelemente wird zum Jahresende 2022 ein starkes Wachstum von gut 15 % aufweisen und mit einem Umsatz von 22,1 Mrd. Euro sogar das Umsatzniveau des Vorjahres mit gut 19 Mrd. Euro übertreffen“, prognostizierte Nicolas Schweizer, Vorsitzender des ZVEI-Fachverbands PCB and Electronic Systems, anlässlich der Messe Electronica.
Der deutsche Markt der elektronischen Bauelemente habe sich aufgrund des durch die Corona-Krise verursachten Einbruchs im Jahr 2020 im Folgejahr nachhaltig erholen können. „Diese Erholung wird sich auch im laufenden Jahr fortsetzten können und voraussichtlich ein 10-Jahres-Hoch erreichen“, so die Erwartung von Schweizer. Auch die Auftragseingänge bei den Unternehmen seien auf Rekordhoch. Für den europäischen Markt ergebe sich 2022 ein ähnlich positives Bild wie für die inländischen Märkte. „Wir rechnen mit einem Umsatzanstieg von knapp 20 % auf gut 67 Mrd. Euro“, so Schweizer.
Materialknappheit beeinträchtigt Produktion
Jedoch beeinträchtigen die derzeitige Verknappung an Materialien und Rohstoffen für die Produktion von elektronischen Komponenten sowie die langen Transportzeiten der Vorprodukte weiterhin massiv die Lieferkette, heißt es weiter. Hinzu kommen den Angaben zufolge die durch die derzeitige Energiekrise und die hohe Inflation stark gestiegenen Produktionskosten. „Strom ist der Rohstoff der Energiewende. Wichtig ist deshalb, dass zusätzlich zu den geplanten Entlastungsmaßnahmen weitere Entscheidungen zugunsten eines niedrigen Strompreises getroffen werden. Dazu gehört die Absenkung der Stromsteuer auf EU-Mindestmaß und der Mehrwertsteuer auf 7 %, wie bereits beim Gas“, erklärte Schweizer. Politische Verwerfungen wie der Krieg in der Ukraine und eine mögliche wirtschaftliche Rezession führten darüber hinaus zu Verunsicherungen in der gesamten Branche. Dies bremse die positiven Wachstumsaussichten für 2023. Der ZVEI geht deshalb nur noch von einem mittleren einstelligen Wachstum für die Komponenten-Branche aus.
In der positiven Entwicklung der Weltregionen spiegele sich der anhaltend hohe Bedarf an Halbleiter-Komponenten wider. Am Weltmarkt für elektronische Bauelemente haben Halbleiter einen Anteil von gut 77 %. „Die nächsthöhere Wertschöpfungsstufe der Elektronikfertigung – die elektronischen Baugruppen – werden dieses Jahr analog zu den elektronischen Bauelementen um knapp 9 % auf einen Umsatz von 1252 Mrd. US-Dollar weltweit wachsen“, bilanzierte Schweizer abschließend. Für das kommende Jahr rechnet der ZVEI für die Märkte der elektronischen Bauelemente und Baugruppen mit Zuwachsraten im mittleren einstelligen Bereich.