Membranventile mit Rohrumformgehäuse erhöhen die Anlageneffizienz
Membranventile mit sehr leichtem Rohrumformgehäuse ändern bei SIP-Prozessen deutlich schneller ihre Temperatur. Dies senkt den Energieverbrauch im Betrieb.
Nachhaltigkeit, möglichst geringe Betriebskosten und hohe Anlagenverfügbarkeit sind heute in der Pharma-, Food- und Lebensmittelbranche zentrale Themen. Alle in den Anlagen verbauten und an den Prozessen beteiligten Komponenten müssen dazu beitragen. Das gilt auch für die unzähligen Membranventile, die vor allem in sterilen und pharmazeutischen Anwendungen im Einsatz sind und strenge Hygieneanforderungen und -normen erfüllen müssen. Die meist üblichen Membranventile mit herkömmlichen Schmiede- oder Gussgehäusen verbrauchen aber nicht nur bei der Herstellung relativ viel Energie, sondern auch im Betrieb: Bei SIP-Prozessen werden große Mengen teuren Reinstdampfes benötigt, um die massereichen Ventilkörper auf Sterilisationstemperatur zu bringen. Gleichzeitig verkürzt sich die Zeit, in der produziert werden kann, da sich die Gehäuse nur langsam erhitzen und abkühlen. Deutlich leichtere Rohrumformgehäuse (Tube Valve Body) sind dabei eine praxis- und umweltgerechte Alternative.
Die Fluidikexperten von Bürkert Fluid Control Systems beschäftigen sich schon seit vielen Jahren intensiv mit der Optimierung der Gehäusetechnik für Membranventile. Heute ist der patentierte Tube Valve Body bereits in der dritten Generation auf dem Markt und aufgrund der Anwendungserfahrung der Fluidikexperten genau an seinen Einsatzbereich in Pharma-, Food- und Kosmetikindustrie angepasst.
Ohne Schweißnähte im Membran-Medienbereich und mit hoher Oberflächenqualität sind die Membranventile vom Typ 2103 mit Element-Aktor und Steuer- oder Rückmeldekopf mittlerweile technisch den herkömmlichen Schmiedegehäusen mehr als ebenbürtig. Sie erfüllen die anspruchsvollen Regularien der Branche und können vor allem wesentlich dazu beitragen, die Betriebskosten zu senken, die verfügbare Produktionszeit zu erhöhen und den CO2-Fußabdruck zu verbessern.
Letzteres hat eine von Trusted Footprint nach internationalen Standards durchgeführte CO2-Bilanzierung bewiesen, die sowohl das Verhalten im SIP-Prozess als auch die ökologischen Auswirkungen im Produktions- und Herstellungsprozess berücksichtigt.
Treibhausgas-Bilanz im direkten Vergleich
Im ersten Schritt der CO2-Bilanzierung wurde der Herstellungsprozess eines 1,5-Zoll-Ventils im Rohrumformgehäuse mit dem eines 1,5-Zoll-Ventils mit Schmiedeventilkörper miteinander über die gesamte Wertschöpfungskette verglichen, angefangen von der Beschaffung der Rohmaterialien, über die Verarbeitung bis hin zur Anlieferung ins Lager des Herstellers. Die Erfassung und Berechnung der verursachten Treibhausgasemissionen – also Kohlenstoffdioxid, Methan, Distickstoffmonoxid und Flourkohlenwasserstoffe – wurde in Anlehnung an die international anerkannten Standards der ISO 14067–1 und des Treibhausgasprotokolls (GHC) durchgeführt und als C02-Äquivalente dokumentiert.
Das Ergebnis ist beachtlich: Während der Produktion werden bei den Rohrventilkörpern rund 50 % weniger CO2-Äquivalente freigesetzt. Gleiches gilt auch für den Transport. Ursache für beides ist hauptsächlich das geringere Gewicht. Der Rohrventilköper, der untersucht wurde, wiegt 0,807 kg und ist damit fast 80 % leichter als der 3.607 kg schwere Schmiedeventilkörper. Das geringere Gewicht macht sich dann auch im Betrieb positiv bemerkbar. Die Rohrumformgehäuse haben eine niedrigere thermische Masse als Schmiede- und Gussvarianten, ein Vorteil, der umso deutlicher wird, je größer die Nennweite ist.
Bei einem 2-Zoll-Ventil beispielsweise kann die Gewichtsreduktion bis zu 75 % betragen. Die Gehäuse heizen sich dadurch schneller auf und kühlen auch schneller wieder ab, was sich positiv auf die Betriebskosten auswirkt. Bei einer Temperaturdifferenz von 100 K pro SIP-Zyklus können sich Einsparungen von mehr als 50 % ergeben. Multipliziert man diesen Wert mit der Anzahl der SIP-Prozesse pro Jahr, ergeben sich je nach Anlage beachtliche Kosteneinsparungen. Die Produktion wird nachhaltiger; der CO2-Fußabdruck des Herstellungsprozesses reduziert sich. Geht man von einer typischen Applikation mit 100 Ventilen aus, spart das 875 kg CO2 pro Jahr, das ist immerhin so viel wie 70 Bäume aufnehmen können (bei 12,5 kg CO2 pro Baum).
Ein Stück Rohr als Gehäuse
Die Grundlage dafür liefert ein spezielles Fertigungsverfahren: Die Membranventilgehäuse werden im Rohrumformverfahren, auch bekannt unter dem Begriff Hydroforming, hergestellt. Das heißt, ein metallisches Rohr wird in einem geschlossenen Werkzeug mit Innendruck in mehreren Schritten inklusive Wärmebehandlung zum Ventilgehäuse geformt. Die Vorteile des Verfahrens liegen auf der Hand. So können beispielsweise für die Hydroform-Gehäuse der Ventile die gleichen Rohrmaterialien verwendet werden, die in der Anlage eingesetzt und dafür zugelassen sind. Außerdem sind Montage oder Schweißoperationen wie bei einer Halbschalenbauweise nicht mehr notwendig und die Gehäuse wiegen kaum mehr als ein Stück Rohr gleicher Länge.
Auch die große Präzision und Wiederholgenauigkeit bei der Fertigung sprechen für das Verfahren. Die daraus resultierende hohe Produktqualität ist ein entscheidendes Kriterium; schließlich ist die zuverlässige Funktion der Membranventile im späteren Betrieb ausschlaggebend für die Prozesssicherheit in der Anwendung. Dazu gehört auch die durchgängige Dokumentation während des Fertigungsprozesses und die Zertifizierung für den jeweiligen Einsatzbereich.
Das Hydroform-Gehäuse ist zudem ausgesprochen robust. Sein Design entspricht den Anforderungen der ASME-BPE 2014 und hält schnellen Temperaturwechseln zwischen heißem Dampf und kaltem Wasser sowie langzeitigen Vibrationen stand. Zudem berührt das Medium nur die Membrane und den pharmatauglichen Rohrabschnitt, aus dem das Gehäuse geformt wird. Dieser ist identisch mit den anderen in den Anlagen eingesetzten Rohrelementen und erfüllt die jeweiligen geltenden Normen. Im Gegensatz zu Gussgehäusen entstehen zudem bei der Fertigung keine Lunker oder andere Unreinheiten, die immer ein Kontaminationsrisiko oder Fertigungsausschuss bedeuten. Hinzu kommt noch eine weitere positive Eigenschaft: Bei der Montage im Rohrsystem wird die hygienischste aller Verbindungen möglich, nämlich eine direkte Rohr-zu-Rohr-Verschweißung. Hier kann sich nichts festsetzen und die Reinigung ist genauso einfach wie die des Gesamtrohrsystems.
Schnellere Reinigung und weniger Stress für die Membranen
Gleichzeitig steigt die Produktivität der Anlage, da sich durch den schnellen Aufheiz- und Abkühlprozess die Nebenzeiten für die Reinigung verkürzen. Je öfter gereinigt werden muss, desto mehr profitiert der Anwender davon. Das geringere Gewicht der Membranventile hat aber noch einen weiteren Effekt: Weil die Ventile durch die vergleichsweise geringe thermische Masse sich bei den SIP-Prozessen schneller aufheizen und abkühlen, reduziert sich auch der thermische Stress für die temperaturempfindlichen Membranen. Sie halten deutlich länger als das bei anderen Gehäuseausführungen üblich ist. Je nach Anwendung kann ihre Lebensdauer dadurch mehr als verdoppelt werden, was die notwendigen Servicezyklen deutlich verlängert und ebenfalls zur Nachhaltigkeit beiträgt.
Schlussendlich haben die Membranventile im Rohrumformgehäuse auch für die Anlagenbauer einen nicht zu unterschätzenden Nutzen. Anders als bei Schmiede- oder Gussgehäusen müssen sie in den meisten Fällen keine zusätzlichen Abstützungen für die Ventile vorsehen, was Konstruktion und Montage deutlich erleichtern kann, Arbeit spart und damit ebenfalls die Kosten senkt.
Michael Wiedmann
ist Produktmanager Membranventile
bei Bürkert Fluid Control Systems.