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Metalle 10.12.2024, 12:00 Uhr

Bergbauschlamm als Quelle für neues Eisen

Forschende der TU Bergakademie Freiberg haben ein innovatives Verfahren entwickelt, um aus Bergbauschlämmen Eisen und Zink zu gewinnen und die Reste zu klimafreundlichen Geopolymerbaustoffen zu verarbeiten. Dabei wird sauberes Wasser zurückgeführt und Schadstoffe dauerhaft entfernt, was Altlasten in wertvolle Ressourcen umwandelt. Die Technologie, die auch international Aufmerksamkeit erregt, könnte Lösungen für den Nachbergbau weltweit bieten.

Dr. Michael Kraft entnimmt eine Probe des Bergbauschlamms. Foto: TU Bergakademie Freiberg

Dr. Michael Kraft entnimmt eine Probe des Bergbauschlamms.

Foto: TU Bergakademie Freiberg

Was wie eine utopische Vision klingt, ist an der TU Bergakademie Freiberg Realität geworden: Forschende haben in den vergangenen drei Jahren eine Recyclingtechnologie entwickelt, mit der aus Bergbauschlämmen und -abwässern wertvolle Metalle wie Eisen und Zink gewonnen und die verbleibenden Reste zu umweltfreundlichen Baustoffen verarbeitet werden können. Am Ende des Prozesses fließt sauberes Wasser zurück in die Umwelt. Dieser neuartige Ansatz wurde erfolgreich in einer Pilotanlage am sogenannten Roten Graben bei Freiberg getestet. Die Forschenden möchten das Verfahren gemeinsam mit regionalen Partnern weiterentwickeln und sehen darüber hinaus Potenzial, den Ansatz auf Nachbergbaugebiete weltweit zu übertragen.

Hat der Bergbauschlamm das innovative Verfahren durchlaufen, entsteht sauberes Wasser und ein Restschlamm.

Foto: TU Bergakademie Freiberg

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Herausforderung Altlasten: Eine neue Lösung

Der Rote Graben, ein künstlich angelegter Bach, der als Entwässerungssystem für das Freiberger Revier dient, enthält eisenhaltige Wässer und jährlich über 13 000 Kubikmeter Schlamm. Diese als Altlasten angesehenen Ablagerungen wurden bisher aufwendig ausgebaggert und deponiert. Mit der neuen Methode wird der Schlamm zunächst durch eine Filterpresse entwässert, wobei mehrere Membranen die festen Bestandteile und Schwermetalle entfernen. Das Ergebnis ist sauberes Wasser sowie ein Restschlamm, der im weiteren Prozess verarbeitet wird.

Das Team um Professor Martin Bertau, Leiter des Instituts für Technische Chemie der TU Bergakademie Freiberg, nutzt ein bewährtes Verfahren, um aus dem Restschlamm Eisen und Zink zu extrahieren. Dieses Material kann direkt in Hüttenbetrieben wie der Befesa GmbH in Freiberg eingesetzt werden, um die Metalle weiterzuverarbeiten. Gleichzeitig werden Schadstoffe wie Arsen, Blei und Cadmium in Elektrofiltern gesammelt, der Umwelt dauerhaft entzogen und fachgerecht entsorgt. Somit trägt die Technologie nicht nur zur Wertstoffgewinnung bei, sondern löst auch ein bedeutendes Umweltproblem.

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Innovative Baustoffe aus Grubenschlamm

Der mineralische Rückstand, der nach der Metallgewinnung übrig bleibt, wird ebenfalls verwertet. Das Team entwickelt daraus sogenannte Geopolymerbaustoffe, indem der Rückstand mit gebranntem Ton und Natronlauge versetzt wird. Diese Geopolymere, deren Zusammensetzung natürlichen Mineralien nachempfunden ist, bieten eine klimafreundliche Alternative zu herkömmlichem Zement. Sie sind nicht nur stabil, sondern können auch unbegrenzt recycelt werden. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von CO2-Emissionen, da rund acht Prozent der globalen CO2-Emissionen auf Zementproduktion zurückzuführen sind. Die Forschenden schätzen, dass Geopolymere die Emissionen um bis zu 80 Prozent senken können.

Die Forschenden haben ihr Verfahren zum Patent angemeldet und betonen, dass es auch im Hinblick auf die EU-Wasserrahmenrichtlinie eine zentrale Rolle spielen könnte. Die Technologie ermöglicht eine frühzeitige Behandlung von Bergbauwässern und leistet so einen entscheidenden Beitrag zur Erfüllung behördlicher Vorgaben und zur Entlastung der Natur.

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Internationale Aufmerksamkeit für Freiberger Technologie

Das Interesse an der Pilotanlage ist groß: Bereits mehrere Standorte haben sich gemeldet, um die Technologie zu testen. Nach einer Winterpause wird die Anlage im Frühjahr an einem neuen Standort in Betrieb gehen. Im Jahr 2025 wird die Freiberger Innovation zudem auf der Weltausstellung in Osaka im Deutschen Pavillon präsentiert und damit einem internationalen Publikum vorgestellt.

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Über das Forschungsprojekt rECOmine ZauBer

Das Projekt wird im Rahmen des Bündnisses „rECOmine – Ressourcenorientierte Umwelttechnologien für das 21. Jahrhundert“ durchgeführt und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund einer Million Euro gefördert. Neben der TU Bergakademie Freiberg und ihren Instituten für Technische Chemie, Thermische Verfahrenstechnik sowie Umwelt- und Naturstoffverfahrenstechnik sind mehrere Partner beteiligt, darunter die terra mineralia, die Intec Gesellschaft für Injektionstechnik, die Saxonia Standortentwicklungs- und Verwaltungsgesellschaft sowie die G.E.O.S. Ingenieurgesellschaft MBH und die Befesa Zinc Freiberg GmbH.

Das Forschungsprojekt, das eine Laufzeit von Januar 2022 bis November 2024 hat, zeigt nach Ansicht der Beteiligten eindrucksvoll, wie nachhaltige Technologien dazu beitragen können, Altlasten in Ressourcen zu verwandeln. Die Kombination aus Umweltschutz, wirtschaftlicher Verwertbarkeit und innovativer Baustoffentwicklung stellt einen wegweisenden Ansatz dar, der nicht nur für die Region Freiberg, sondern auch international von großer Bedeutung sein könnte.

Von Text: Technische Universität Bergakademie Freiberg / RMW