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Verbundwerkstoffe 11.12.2024, 12:00 Uhr

Nachhaltigkeit im Leichtbau: Hochorientierte Tapes aus recycelten Carbonfasern

Die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) haben ein Verfahren entwickelt, um recycelte Carbonfasern (rCF) zu hochorientierten Tapes für Hochleistungsanwendungen zu verarbeiten. Diese Technologie ermöglicht eine Reduktion von CO2-Emissionen um bis zu 66 % und erzielt 88 % der Festigkeit von Neufasern. Sie ebnet den Weg für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft im Leichtbau.

Entwickelte „Infinity“ rCF-Tape-Variante ohne Besäumung der Tapekanten. Foto: DITF

Entwickelte „Infinity“ rCF-Tape-Variante ohne Besäumung der Tapekanten.

Foto: DITF

In Leichtbauanwendungen, bei denen geringes Gewicht mit hoher Festigkeit und Steifigkeit kombiniert werden muss, gewinnen carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) zunehmend an Bedeutung. Der steigende Einsatz von CFK führt jedoch zu einer wachsenden Menge an Carbonfaserabfällen. Bisherige Recyclingverfahren beeinträchtigen die mechanischen Eigenschaften der Carbonfasern erheblich, was deren Wiederverwendung stark einschränkt. Die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) haben nun eine wegweisende Technologie entwickelt, mit der recycelte Carbonfasern (rCF) zu hochorientierten Tapes verarbeitet werden können, die auch für Hochleistungsanwendungen wie Strukturbauteilen im Automobilbereich eignen.

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Herausforderungen bei der CFK-Produktion und -Entsorgung

Die Herstellung von Carbonfasern ist energieintensiv und verursacht erhebliche CO2-Emissionen. Pro Kilogramm Carbonfaser werden etwa 20–65 kg CO2-Äquivalente ausgestoßen. Zudem entstehen während der Produktion erhebliche Abfallmengen: Je nach Verfahren können bis zu 50 % des Materials als Verschnitt anfallen. Hinzu kommen große Mengen CFK-Abfälle aus ausgedienten Bauteilen, wie den erwarteten Rückläufen von etwa 8 000 Passagierflugzeugen in Europa bis 2030. Derzeit werden nur 15 % dieser CFK-Abfälle recycelt; der Großteil landet in Müllverbrennungsanlagen oder auf Deponien. Eine effektive Wiederverwertung könnte jedoch deutlich zum Klima- und Ressourcenschutz beitragen.

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Innovative Technologien zur Faserorientierung

Die DITF haben ein Verfahren entwickelt, mit dem recycelte Carbonfasern durch Pyrolyse oder Solvolyse zurückgewonnen und zu hochorientierten Tapes verarbeitet werden. Diese Tapes imitieren die mechanischen Eigenschaften von Neufasern und können diese in strukturellen Anwendungen ersetzen. Das Verfahren umfasst mehrere Schritte: Die Carbonfasern werden geöffnet, mit thermoplastischen Matrixfasern (z. B. Polyamid 6) gemischt und durch einen modifizierten Krempelprozess ausgerichtet. Im Verstreckprozess werden die Fasern weiter in Längsrichtung orientiert, bevor das Material zu endlosen Tapes fixiert wird. Dabei schmelzen die Matrixfasern teilweise auf und stabilisieren die Struktur.

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Nachhaltige Alternativen zu Neufasern

Innerhalb des Forschungsprojekts „Infinity“ (03LB3006) konnte das Potenzial dieser Technologie nachgewiesen werden. Die entwickelten rCF-Tapes erreichten 88 % der Zugfestigkeit und des Zugmoduls vergleichbarer Neufaserprodukte. Eine Lebenszyklusanalyse zeigte zudem, dass sich das Treibhauspotenzial beim Einsatz von Pyrolysefasern um 49 % und bei Produktionsabfällen um 66 % reduzieren lässt.

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Weg zur Kreislaufwirtschaft im Leichtbau

Die Technologie der DITF ermöglicht es, recycelte Carbonfasern in Hochleistungsanwendungen einzusetzen und damit eine echte Substitution von Neufasern zu erreichen. Dies stellt einen bedeutenden Fortschritt dar, da es bisher üblich war, recycelte Fasern nur für minderwertige Anwendungen zu nutzen. Die Forschungsergebnisse ebnen laut DITF den Weg für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft, die den Ressourcenverbrauch reduziert und die CO2-Bilanz der CFK-Industrie erheblich verbessert.

Mit dieser Innovation wollen die DITF demonstrieren, dass Recycling nicht nur eine umweltfreundliche, sondern auch eine wirtschaftlich sinnvolle Alternative zur herkömmlichen CFK-Produktion darstellt. Die Technologie könnte künftig eine Schlüsselrolle bei der Reduzierung von Abfällen und Emissionen im Leichtbau spielen und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit recycelter Materialien erheblich steigern.

Von Text: Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf