Neue Berechnungsmethode revolutioniert die Simulation neuer Materialien
Ein Forscherteam aus Saarbrücken, Eindhoven und Toronto hat eine Methode entwickelt, die es erlaubt, das Verhalten komplexer Systeme wie magnetischer Supraleiter, die aus etwa 1023 Teilchen bestehen, effizient zu berechnen. Die Berechnung, die bislang Supercomputer an ihre Grenzen brachte, kann nun auf herkömmlichen Laptops in Sekunden durchgeführt werden. Dies ermöglicht erstmals die exakte Simulation von Systemen mit Rändern und könnte neue Wege für Materialforschung in der Quantenphysik und Quantenchemie eröffnen.
Die Berechnung des Verhaltens eines Objekts bestehend aus etwa 1023 Teilchen, wie beispielsweise einem Magneten, ist aufgrund der Vielzahl an Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Teilchen eine mathematisch hochkomplexe Aufgabe. Insbesondere an den Rändern solcher Objekte, wo häufig andere physikalische Gesetze gelten als im Inneren, wird die Berechnung noch anspruchsvoller. Einem internationalen Team von Mathematikern aus Saarbrücken, Eindhoven und Toronto ist es nun gelungen, diese Herausforderungen zu lösen. Laut ihren Erkenntnissen kann die Berechnung solcher Systeme, die bisher selbst leistungsstarke Supercomputer an ihre Grenzen brachte, nun auf herkömmlichen Laptops in Sekundenschnelle durchgeführt werden.
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Verhalten komplexer Systeme betrachten
Mathematiker wie Andreas Buchheit, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Professor Sergej Rjasanow, betonen die zusätzliche Komplexität an den Rändern von dreidimensionalen Objekten wie magnetischen Supraleitern. Diese Materialien, die aus Abermilliarden Teilchen bestehen, verhalten sich an den Rändern oft anders als im Zentrum des Systems, was mit interessanten technologischen Implikationen verbunden sein kann. Buchheit arbeitet seit Jahren an der mathematischen Modellierung des Verhaltens solcher komplexen Systeme. Die Berechnung jeder einzelnen Interaktion zwischen den Teilchen unter variablen Bedingungen stellte bislang eine nahezu unlösbare Aufgabe dar, die oft selbst die modernsten Computer überforderte. Dank der neuen Methoden, die Buchheit und seine Kollegen entwickelt haben, konnten diese Hürden nun überwunden werden.
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Geometrische Strukturen schnell analysiert
Mit diesen neuartigen Verfahren wird es nun möglich, geometrisch komplexe Strukturen aus etwa 1023 Teilchen innerhalb von Sekunden auf herkömmlichen Computern zu analysieren. Dabei bestehen jedoch weiterhin Herausforderungen, wenn es um Objekte mit scharfen Kanten geht, an denen das Verhalten der Teilchen meist anders ist als in homogenen Bereichen. Buchheit und sein Team haben sich daher in einer aktuellen Arbeit speziell diesen Grenzbereichen gewidmet. Laut Buchheit lassen sich Systeme ohne harte Grenzen inzwischen gut berechnen, doch das Einbeziehen scharfer Kanten und daraus entstehender Gittersummen stellte selbst verbesserte Verfahren bisher auf eine harte Probe. Während Berechnungen im Inneren eines Objekts heute zügig auf einem Laptop möglich sind, erfordern die Randbereiche oft den Einsatz von Supercomputern – die nicht selten an diesen Aufgaben scheitern.
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Jetzt werden auch Rand- und Eckstrukturen in die Berechnung einbezogen
Durch die Weiterentwicklung der Epsteinschen Zeta-Funktion, die ursprünglich vom Mathematiker Paul Epstein im Jahr 1903 formuliert wurde, konnten Andreas Buchheit und seine Kollegen Torsten Keßler von der Universität Eindhoven und Kirill Serkh von der Universität Toronto nun auch Rand- und Eckstrukturen in die Berechnungen einbeziehen. Diese Funktion, die ursprünglich zur Berechnung gleichmäßig ausgebreiteter Gittersummen ohne Ränder verwendet wurde, wurde so erweitert, dass auch komplizierte Strukturen mit Ecken und Kanten berechnet werden können.
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Handelsüblicher Laptop statt Supercomputer
Die Effizienz und Genauigkeit der Methode wurde sowohl theoretisch als auch praktisch bestätigt. Buchheit und sein Team untersuchten beispielsweise, wie sich das Verhalten eines Magneten verändert, wenn sich der Spin eines einzelnen Elektrons am Rand umkehrt, während die übrigen Elektronen unbeeinflusst bleiben. Diese Art der Störung wird mathematisch als Rauschen betrachtet. Bei Anwendungen wie Quantencomputern, die magnetische Supraleiter zur Ausführung von Rechenoperationen nutzen, könnte solches Rauschen erhebliche Auswirkungen haben und sogar das Scheitern einer Berechnung verursachen. Buchheit erläuterte, dass das Korrigieren solcher Störungen bisher eine Herausforderung darstellte, die oft nur mit leistungsstarken Supercomputern bewältigt werden konnte, wenn überhaupt. Mit der neuen Methode lässt sich diese Berechnung jedoch auf einem handelsüblichen Laptop in weniger als zwei Sekunden durchführen, was sowohl die Kosten als auch den technischen Aufwand erheblich reduziert.
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Die Methode eröffnet nun völlig neue Möglichkeiten, insbesondere in der Materialsimulation. Buchheit unterstrich, dass ihre Entwicklung unabhängig von der Teilchenanzahl funktioniert und somit für beliebig große Objekte einsetzbar ist. Ganz gleich, ob nur wenige Teilchen oder ein System von 1023 Teilchen berechnet werden müssen – beide Berechnungen lassen sich in menschlich kaum wahrnehmbarer Zeit durchführen. Die Präzision, mit der solche komplexen Systeme nun berechnet werden können, wäre zuvor unerreichbar gewesen. Zusammen mit seinen Kollegen hat Buchheit damit die Grundlage geschaffen, um die Simulation neuer Materialien und Substanzen zu ermöglichen, die etwa in der Quantenchemie und Quantenphysik völlig neue Forschungsbereiche eröffnen könnten.