Anforderungen an das Messpersonal bei Vibrationsmessungen
Vibrationen sind häufige Gefährdungen bei der Arbeit mit Maschinen. Können Arbeitgeber die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte nicht sicher etwa anhand von Herstellerangaben bestimmen, sind Messungen erforderlich. Die Messung ist jedoch nicht trivial und die Ergebnisse hängen unter anderem von der Qualifikation des Messpersonals ab. Doch wer ist ausreichend qualifiziert für eine fachkundige Messung?
Vibrationen können u. a. zu Rückenschmerzen, Schädigungen von Wirbelsäule und Gelenken, Durchblutungsstörungen und neurologischen Erkrankungen führen. Treten Vibrationen am Arbeitsplatz auf, so muss der Arbeitgeber nach der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (Lärm VibrationsArbSchV [1]) die davon ausgehenden Gefährdungen für die Beschäftigten beurteilen. Hierzu muss er die auftretenden Expositionen am Arbeitsplatz ermitteln und bewerten. Gegebenenfalls müssen Messungen durchgeführt werden. Für belastbare Messergebnisse sind das Messgerät, das Messverfahren und die Qualifizierung des Messpersonals entscheidend.
Fachkunde – was heißt das?
Geräte und Verfahren zur Vibrationsmessung werden in Normen beschrieben. Zur Qualifizierung des Messpersonals legt die LärmVibrationsArbSchV fest, dass der Arbeitgeber nur Personen beauftragen darf, die über die notwendige Fachkunde verfügen. Die Technische Regel „Vibrationen – Teil 2: Messung von Vibrationen“ [2] (TRLV) legt die grundsätzlichen Anforderungen an Fachkundige für die Messungen von Vibrationen fest. Hier werden einige Themenbereiche aufgezählt, in denen fachkundiges Messpersonal Kenntnisse haben muss. Zudem wird die Möglichkeit erwähnt, über geeignete Fortbildungsveranstaltungen die Fachkunde zu erlangen. Die konkreten Inhalte einer solchen Fortbildungsmaßnahme sind jedoch nicht geregelt. Der DIN-Normenausschuss „Qualifizierung und Bewertung Messpersonal“ hat sich unter der Leitung eines Obmanns des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) mit diesem Thema befasst und 2012 mit der Erarbeitung einer deutschen Norm über die Anforderungen an die Qualifizierung von Messpersonal zur Schwingungsmessung – auch an Arbeitsplätzen – begonnen. Der Gemeinsame Deutsche Standpunkt [3] lässt Normen zur Qualifizierung von Messpersonal grundsätzlich zu. Innerhalb der interessierten Kreise des Arbeitsschutzes sah das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) das Projekt u. a. aufgrund des engen Bezugs zur TRLV schon damals kritisch.
Veränderte Situation durch neue Bewertungsgrundlage
Anfang 2015 wurde das Grundsatzpapier zur Rolle der Normung im betrieblichen Arbeitsschutz [4] veröffentlicht. Normprojekte werden hiernach anhand eines Fragenkatalogs bewertet. Im Herbst 2015 bat das BMAS die Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN), das Normprojekt zur Qualifizierung von Messpersonal zu prüfen. Die KAN gründete dazu eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der interessierten Arbeitsschutzkreise. Diese waren sich einig, dass die Gefährdung durch Vibrationen in den Betrieben nicht ausreichend erkannt wird und hier generell Handlungsbedarf besteht. Darüber hinaus wurde der Bedarf, die Qualifizierung des Messpersonals über die Anforderungen der TRLV hinaus zu konkretisieren, sowie die fachliche Arbeit der an der Norm mitwirkenden Arbeitsschutzexperten anerkannt. Allerdings wurde eine Norm nicht als geeigneter Dokumenttyp angesehen. Was genau Fachkunde ausmacht, ist den Regelungen von Staat und gesetzlicher Unfallversicherung vorbehalten. Zudem würde die Norm zu einem Zertifizierungsdruck im Zusammenhang mit der in der TRLV geforderten Fachkunde führen. Diese Zertifizierung bedeutet zusätzliche Kosten für den Arbeitgeber und ist von den Arbeitsschutzkreisen nicht gewünscht.
Um die Anforderungen an die Fachkunde genauer zu definieren, wird zurzeit ein DGUV-Grundsatz erarbeitet. Dieser wird kostenfrei verfügbar sein und besitzt eine größere Signalwirkung als eine Norm – ein gewichtiges Argument auch für die Seite der Arbeitnehmer.
Der Normenausschuss hat im September 2016 zugesagt, die Forderungen der Arbeitsgruppe umzusetzen. Unter anderem soll die Norm keine Fortbildungsmaßnahmen mehr beschreiben, sondern nur noch die für eine zuverlässige Messung erforderlichen Kenntnisse. Bezüge zur LärmVibrationsArbSchV, zur TRLV und zur Fachkunde sollen entfernt werden. Das Dokument soll als DIN SPEC Fachbericht veröffentlicht werden.
(aus: KAN-Brief 4/16 )
Literatur
[1] Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung vom 6. März 2007. BGBl. I, S. 261, zul. geänd. durch Artikel 2 der Verordnung vom 15. November 2016. BGBl. I, S. 2531. www.gesetze-im- internet.de/l_rmvibrationsarbschv/
[2] Technische Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung – TRLV Vibrationen – Teil 2 Messung von Vibrationen. GMBl Nr. 25/26 vom 24. Juni 2015, S. 522. www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Anlagen-und-Betriebssicherheit/TRLV/TRLV-Vibration.html
[3] Gemeinsamer Deutscher Standpunkt (GDS) zur Normung im Bereich der auf Artikel 118a des EG-Vertrags gestützten Richtlinien. www.kan.de/fileadmin/ Redaktion/Dokumente/Basisdokumente/de/Deu/ GDS_de.PDF
[4] Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Grundsatzpapier zur Rolle der Normung im betrieblichen Arbeitsschutz. Bek. d. BMAS v. 24. November 2014. GMBl. (2015) Nr. 1, S. 2. www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/normung- betrieblicher-arbeitsschutz-2015.pdf
Dr. Anna Dammann, KAN Kommission Arbeitsschutz und Normung, Sankt Augustin.