Verwenden von Arbeitsmitteln
Die neue Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) von 2015 legt als Schutzziel fest, dass die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Verwendung von Arbeitsmitteln gewährleistet sein muss. Verantwortlich hierfür ist der Arbeitgeber. Vor der Beschaffung oder der Verwendung von Arbeitsmitteln hat dieser eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Hierbei hat er die auftretenden Gefährdungen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln zu beurteilen und daraus abzuleitende erforderliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Nachstehende Ausführungen gehen auf die damit verbundenen Anforderungen ein und verdeutlichen die einzelnen Aspekte der Betrachtungseinheit „Verwenden von Arbeitsmitteln“ (siehe Bild).
Nach dem Text der Verordnung sind Werkzeuge, Geräte, Maschinen oder Anlagen, die für die Arbeit verwendet werden, sowie überwachungsbedürftige Anlagen Arbeitsmittel. Das bedeutet, dass mit dem Begriff Arbeitsmittel vom Hammer bis zu einer Fertigungsanlage alles umfasst ist. Hervorgehoben werden in der Definition die überwachungsbedürftigen Anlagen, da insoweit über die klassische Stellung als Arbeitgeber hinaus nunmehr auch der Betreiber einer überwachungsbedürftigen Anlage dem Arbeitgeber gleichgesetzt wird. Konkret wird dazu ausgeführt, dass auch der Mieter oder Pächter einer überwachungsbedürftigen Anlage – obschon er keine eigenen Beschäftigten hat – einem Arbeitgeber gleichgestellt wird. Er gilt als Verwender und Adressat des Schutzziels Sicherheit bei der Verwendung von überwachungsbedürftigen Anlagen. Die BetrSichV 2002 hatte eine eingeschränktere Definition des Begriffs Arbeitsmittel, da seinerzeit durch die Verordnung zwischen der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und der Benutzung von Arbeitsmitteln unterschieden wurde.
Schutzziel Sicherheit
Ziel der BetrSichV 2015 ist es, die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit der Beschäftigten bei der Verwendung von Arbeitsmitteln zu gewährleisten. Zur Zielerreichung sollen insbesondere
- die Auswahl geeigneter Arbeitsmittel erfolgen,
- deren sichere Verwendung gehandhabt werden,
- der vorgesehene Verwendungszweck in den Arbeits- und Fertigungsverfahren erfüllt sein sowie
- die Beschäftigten durch entsprechende Qualifikation und Unterweisung zur Umsetzung der sicheren Verwendung geschult werden.
Daneben regelt die BetrSichV zugleich den Schutz „anderer Personen im Gefahrenbereich“ soweit dies die Verwendung von überwachungsbedürftigen Anlagen betrifft.
Verwenden
Der Verordnungstext beschreibt mit dem Wort Verwenden jegliche Tätigkeit mit Arbeitsmitteln. Insbesondere gehören hierzu das Montieren und Installieren, Bedienen, An- oder Abschalten oder Einstellen, Gebrauchen, Betreiben, Instandhalten, Reinigen, Prüfen, Umbauen, Erproben, Demontieren, Transportieren und Überwachen. Einzelnen Tätigkeiten sind weitere Definitionen zugeordnet. Instandhaltung ist hiernach die Gesamtheit aller Maßnahmen zur Erhaltung des sicheren Zustands oder der Rückführung der Betrachtungseinheit in diesen. Umfasst werden hierbei die Inspektion, die Wartung und die Instandsetzung. Als Prüfung wird die Ermittlung des Istzustands, der Vergleich des Istzustands mit dem Sollzustand sowie die Bewertung der Abweichung des Istzustands vom Sollzustand definiert.
Dem Begriff des Verwendens wird der Begriff der Beschaffung vorangestellt, was bedeutet, dass bereits vor Auswahl und Beschaffung des Arbeitsmittels mit der Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung begonnen werden soll. Hierbei ist insbesondere die Eignung des Arbeitsmittels für die geplante Verwendung zu berücksichtigen und zwar hinsichtlich der vorhandenen Arbeitsorganisation bzw. der entsprechenden Arbeitsabläufe.
Beurteilung der auftretenden Gefährdungen
Die Gefährdungsbeurteilung darf nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Fachkenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen. Fachkundig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass in die Gefährdungsbeurteilung die erforderlichen Fachkenntnisse einfließen. Zu den grundsätzlichen Anforderungen an die Fachkunde zählt, dass diese durch eine geeignete Berufsausbildung, durch entsprechende Berufserfahrung oder zumindest eine zeitnah ausgeübte entsprechende berufliche Tätigkeit zu belegen ist. Der Arbeitgeber hat sich alle Informationen zu beschaffen, die zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung notwendig sind. Dies gilt insbesondere für Herstellerinformationen, Gebrauchs- und Betriebsanleitungen sowie die technischen Regeln und Erkenntnisse. Die Fachkunde ist auf aktuellem Stand zu halten.
Der Arbeitgeber hat vor der Verwendung von Arbeitsmitteln die auftretenden Gefährdungen zu beurteilen und die sich daraus ergebenden notwendigen und geeigneten Schutzmaßnahmen abzuleiten. Eine vorhandene CE-Kennzeichnung am Arbeitsmittel entbindet den Arbeitgeber nicht von der Pflicht zur Durchführung einer gesonderten Gefährdungsbeurteilung.
In die Beurteilung sind alle Gefährdungen einzubeziehen. Diese Gefährdungen können von dem Arbeitsmittel selbst, der gegebenen Arbeitsumgebung und/oder den Arbeitsgegenständen, an denen Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln durchgeführt werden, ausgehen.
Zu berücksichtigen sind bei der Gefährdungsbeurteilung
- die Gebrauchstauglichkeit der Arbeitsmittel,
- die sicherheitsrelevanten Zusammenhänge zwischen Arbeitsplatz, Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren, Arbeitsorganisation, Arbeitsablauf, Arbeitszeit und Arbeitsaufgabe,
- die physischen und psychischen Belastungen der Beschäftigten sowie
- vorhersehbare Betriebsstörungen und die daraus resultierenden Gefährdungen.
Die Gefährdungsbeurteilung ist regelmäßig zu überprüfen. Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ist vor der erstmaligen Verwendung des Arbeitsmittels zu dokumentieren. Die Dokumentation hat Angaben zu enthalten, welche Gefährdungen bei der Verwendung des Arbeitsmittels auftreten können.
Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch
- die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte bzw. des Arbeitsplatzes,
- physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
- die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln,
- die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren,
- mangelnde Qualifikation und Unterweisung von Beschäftigten sowie
- psychische Belastungen bei der Arbeit.
Die Dokumentation hat ferner Angaben über die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen zu enthalten.
Ableiten notwendiger und geeigneter Schutzmaßnahmen
Die zu ermittelnden Schutzmaßnahmen sind nach dem Stand der Technik zu treffen. Stand der Technik ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme oder Vorgehensweise zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit der Beschäftigten oder anderer Personen gesicherte erscheinen lässt.
Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung, dass Gefährdungen durch technische Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik nicht oder nur unzureichend vermieden werden können, hat der Arbeitgeber geeignete organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen zu treffen. Technische Schutzmaßnahmen haben Vorrang vor organisatorischen, diese haben wiederum Vorrang vor personenbezogenen Schutzmaßnahmen.
Bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen hat der Arbeitgeber die technischen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen. Hält er diese ein, darf er davon ausgehen, dass die in der BetrSichV 2015 gestellten Anforderungen erfüllt sind. Weicht der Arbeitgeber von den technischen Regeln und Erkenntnissen ab, hat er die Schutzzielerreichung selbst nachzuweisen.
Der Arbeitgeber hat die grundlegenden Schutzmaßnahmen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln zu erfüllen. Er hat dafür zu sorgen, dass vorhandene Schutzeinrichtungen und die zur Verfügung gestellte PSA verwendet werden. Die erforderlichen Schutz- und Sicherheitseinrichtungen müssen funktionsfähig sein und Beschäftigten unterwiesen sein. Unterweisung bedeutet, dass der Arbeitgeber den Beschäftigten ausreichende und angemessene Informationen anhand der Gefährdungsbeurteilung in einer für sie verständlichen Form und Sprache zur Verfügung stellt. Die Unterweisungen sind mindestens einmal jährlich zu wiederholen. Das Datum der Unterweisung und der Name des Unterwiesenen ist schriftlich festzuhalten.
Zu den Schutzmaßnahmen zählt ferner, dass der Arbeitgeber dafür sorgt,
- dass die Errichtung von Arbeitsmitteln,
- der Auf- und Abbau,
- die Erprobung, sowie
- die Instandhaltung und Prüfung von Arbeitsmitteln
nach dem Stand der Technik erfolgt.
Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Sicherheits- und Schutzabstände eingehalten werden und alle verwendeten Energieformen und Materialien sicher zu- und abgeführt werden können.
Prüfung von Arbeitsmitteln
Der Arbeitgeber hat die Arbeitsmittel auf deren Sicherheit zu überprüfen. Bei Arbeitsmitteln, deren Sicherheit von den Montagebedingungen abhängt, umfasst die Prüfung vor der erstmaligen Verwendung
- die Kontrolle der vorschriftsmäßigen Montage oder Installation und der sicheren Funktion des Arbeitsmittels,
- die rechtzeitige Feststellung von Schäden und
- die Feststellung, ob die getroffenen sicherheitstechnischen Maßnahmen wirksam sind.
Die Prüfung hat durch eine befähigte Person zu erfolgen. Diese ist eine Person, die durch ihre Berufsausbildung, ihre Berufserfahrung und ihre zeitnahe berufliche Tätigkeit über die erforderlichen Kenntnisse zur Prüfung von Arbeitsmitteln verfügt. In den Anhängen 2 und 3 der BetrSichV 2015 sind weitergehende Anforderungen an die Person festgelegt.
Im Anhang 2 sind die Prüfvorschriften für überwachungsbedürftige Anlagen festgelegt. Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass überwachungsbedürftige Anlagen
vor ihrer erstmaligen Inbetriebnahme,
- vor Wiederinbetriebnahme nach prüfpflichtigen Änderungen und
- nach Maßgabe der in Anhang 2 genannten Vorgaben
geprüft werden.
Die in Anhang 3 genannten Arbeitsmittel hat der Arbeitgeber auf ihren sicheren Zustand und auf ihre sichere Funktion umfassend prüfen zu lassen und zwar
- vor ihrer erstmaligen Inbetriebnahme,
- vor Inbetriebnahme nach prüfpflichtigen Änderungen und
- wiederkehrend nach Maßgabe der in Anhang 3 genannten Vorgaben.
Bei der Prüfung ist festzustellen, ob die für die Prüfung benötigten Unterlagen vorhanden sind und ihr Inhalt plausibel ist. Ferner ist festzustellen, ob die Anlage, einschließlich der Anlagenteile, entsprechend der BetrSichV errichtet wurde und sich auch unter Berücksichtigung der Aufstellbedingungen in einem sicheren Zustand befindet.
Bei der Prüfung vor erstmaliger Inbetriebnahme ist ebenso festzustellen, ob die getroffenen sicherheitstechnischen Maßnahmen geeignet und wirksam sind und welche Frist für die nächste wiederkehrende Prüfung festgelegt wurde. Die Prüfungen sind entweder von einer zugelassenen Überwachungsstelle (ZÜS) oder – soweit in der Verordnung geregelt – von einer zur Prüfung befähigten Person durchzuführen. TS 550