Demografischer Wandel in der Montage
Die Arbeitswelt ist heute neben den Thematiken wie Flexibilität, Fachkräftemangel und Globalisierung insbesondere auch durch den demografischen Wandel geprägt. Dadurch und mit der gleichzeitigen Erhöhung des Renteneintrittsalters werden in der Zukunft vor allem ältere Arbeitnehmer zur Verfügung stehen. Folglich können ergonomische Präventionsmaßnahmen nicht ignoriert werden, um die Hürde zwischen Jung und Alt bestmöglichst zu meistern. An der Hochschule Trier haben sich Studenten des Fachbereichs Technik mit den Auswirkungen des demografischen Wandels in Bezug auf Montagearbeitsplätze beschäftigt.
Als Auswirkungen des demografischen Wandels ergibt sich bis 2050 ein Rückgang der Arbeitnehmerzahlen von 30 % und ein erhöhtes Renteneintrittsalter.[1] Es wird nötig sein, die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit zu erhalten, da den Erwerbstätigen im Alter zwischen 50 und 70 Jahren eine zunehmende Bedeutung in der Arbeitswelt zukommt. Der Arbeitgeber muss sich der Unterschiede zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitern bewusst sein. Jüngere Menschen sind stärker belastbar, besitzen eine höhere Lernfähigkeit und Lernbereitschaft. Auf der anderen Seite können sich ältere Mitarbeiter durch mehr Erfahrung, Kompetenz, Disziplin sowie einem höheren Qualitätsbewusstsein hervorheben [2].
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ohne Präventionsmaßnahmen
Um aussagekräftige Kennzahlen in Bezug auf die anfallenden Kosten für das Unternehmen zu erhalten, wurde eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung zwischen jüngeren und älteren Montagemitarbeitern durchgeführt. Hierzu wurden folgende Kriterien herangezogen:
- Berechnung der Ausfallkosten durch Arbeitsunfähigkeit,
- Auswirkungen des Alters auf die Ausübung von Montagetätigkeiten, Leistungsfähigkeit, Qualitätsbewusstsein,
- Kosten für ergonomische Verbesserungen.
Im ersten Schritt wurde die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung an einem einfachen Montagearbeitsplatz ohne ergonomische Optimierung durchgeführt (Bild 1), wodurch folgende Kennzahlen ermittelt wurden.
Ausfallkosten
Studien zeigen, dass jüngere Menschen zwar öfter krank sind als Ältere, jedoch weniger Tage pro Ausfall vorliegen somit in Summe weniger Tage im Jahr fehlen. [2; 3] Nach Be- rechnungen sind die Ausfallkosten für ältere Mitarbeiter um das 2,5-Fache höher. Bezogen auf einen Montage- mitarbeiter bedeutet dies krankheitsbedingte Mehrkosten von ca. 4 000 € pro Jahr.
Leistungsfähigkeit
Um den Aspekt der Leistungsfähigkeit ermitteln zu können, wurde die Montagezeit für ein vordefiniertes Produkt am Montagearbeitsplatz erfasst. Die Analyse ergab, dass ältere Mitarbeiter einen durchschnittlichen Leistungsverlust von 17,39 % bzw. 11 150 € pro Jahr aufweisen. Die Abnahme ergibt sich u. a. aus den verringerten feinmotorischen Fähigkeiten, wie z. B. Kraftdosierung[4].
Altersbonus
Die Leistungsparameter von älteren Mitarbeitern verändern sich aber auch positiv. So ist die Altersgruppe der 50- bis 60+-Jährigen in Bezug auf Erfahrung, Arbeitsmoral, Disziplin, Qualitätsbewusstsein und Loyalität ihren jüngeren Kollegen gegenüber im Vorteil. Durch die steigende Erfahrung passieren älteren Mitarbeitern bis zu 38,7 % [5] seltener schwere Montagefehler, wodurch sich die Fehlerkosten um 3 250 € pro Jahr verringern.
Insgesamt ergeben sich altersbedingte Mehrkosten von ca. 11 900 € pro Jahr.
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung mit ergonomischen Maßnahmen
Im nächsten Schritt wurde eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Montagearbeitsplatzes mit ergonomischen Optimierungsmaßnahmen durchgeführt (Bild 2).
Durch den im Bild gezeigten Montagearbeitsplatz können die Krankheitskosten reduziert werden. Außerdem liegt eine Zeitersparnis vor, wodurch die Arbeitsproduktivität des älteren Mitarbeiters steigt. Die Kosten für einen ergonomischen Montagearbeitsplatz belaufen sich auf 6 500 €. Durch die Einführung von Gesundheitsmaßnahmen (angepasste Pausenregeln und Arbeitsplätze) können die Kosten für Ausfallzeiten zusätzlich um bis zu 40 % reduziert werden, was zu Einsparungen von rund 2 700 € pro Jahr führt. Die Mehrkosten durch den altersbedingten Leistungsverlust können durch die ergonomischen Maßnahmen von 11 150 € pro Jahr auf 1 350 € pro Jahr reduziert werden.
Es wird deutlich, dass ein Unternehmen durch die Investition in einen ergonomischen Arbeitsplatz für einen älteren Mitarbeiter eine Kosteneinsparung hinsichtlich der Mehrkosten von ca. 95 % bzw. rund 11 000 € pro Jahr erzielen kann.
Fazit
Durch die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wird deutlich, dass ein älterer Mitarbeiter keine Mehrkosten für ein Unternehmen darstellt, da er mit seiner Erfahrung und seinem Qualitätsbewusstsein hervorsticht. Durch eine ergonomische sowie altersgerechte Arbeitsplatzgestaltung steht dieser einem jüngeren Mitarbeiter in nichts nach. Die Nachteile eines älteren Mitarbeiters werden vollständig eliminiert Da es in Zukunft circa 30 % weniger Arbeitnehmer und auch insgesamt weniger jüngere Fachkräfte geben wird, ist es notwendig jetzt zu handeln und in angepasste, ergonomische Montagearbeitsplätze zu investieren. Die Kosten für einen ergonomischen Arbeitsplatz lohnen sich auf jeden Fall. Unternehmen werden von der Arbeitskraft älterer Mitarbeiter abhängig sein und es liegt an ihnen jetzt zu handeln und zu investieren. TS 473
Literaturverzeichnis
[1] Lehr, U.: Alterung der Bevölkerung. Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Berlin 2013.
www.berlin-institut.org/online-handbuchdemografie/bevoelkerungsdynamik/ auswirkungen/alterung.html
[2] Nöllenheidt C.; Brenscheidt S.: Arbeitswelt im Wandel Zahlen – Daten – Fakten. Ausgabe 2013. Hrsg.: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Dortmund 2013.
[3] Badura, B.; Ducki, A.; Schröder, H.; Klose, J.; Meyer, M. (Hrsg.): Fehlzeitenreport 2014. Berlin: Springer 2014.
[4] Riedel S.; Gillmeister F.; Kinne J.: Einflüsse altersabhängiger Veränderungen von Bedienpersonen auf die sichere Nutzung von Handmaschinen. Hrsg.: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Dortmund 2012.
[5] Köppe, D.: CAQ-Datenmodell: Anwendungen in der rechnerintegrierten Produktion. Berlin: Springer Verlag 2013.
F. Böning, C. Speicher, M. Demary, N. Reinartz, K. Stoll und A. Wittmann, TrierAutoren Felix Böning, Carina Speicher, Markus Demary, Nicole Reinartz, Katharina Stoll, Prof. Dr.-Ing. Armin Wittmann, Fachbereich Technik, Hochschule Trier.