Mit der App zum schadstofffreien Gebäude
Bei der Schadstoffbegutachtung in Gebäuden ist „Asbest“ nach wie vor das größte Thema und stellt die Baubranche, ca. 30 Jahre nach dem Asbestverbot, vor große Herausforderungen. Betroffene Gebäudestrukturen setzen bei unsachgemäßem Abriss- oder Renovierungsarbeiten Asbestfasern frei. Diese stellen für Handwerker aber auch für die Folgenutzer der Gebäude eine in der Raumluft lauernde Gesundheitsgefahr dar. Die kürzlich erschienene VDI Norm DIN 6202 Blatt 3 setzt neue Maßstäbe für aussagekräftige Schadstoffuntersuchungen. Robin Krepp, Geschäftsführer, Mitgründer der IK-Report GmbH und Schadstoffgutachter seit 2015 erklärt im Interview, wie die „IK-Report-App“ dabei helfen kann die neuen Anforderungen umzusetzen und Prozesse in der Praxis zu vereinfachen.
Wie kam die Idee auf, ein Unternehmen wie IK zu gründen und welche Vorteile hat die neue „IK-Report-App“?
Robin Krepp Bei meiner Tätigkeit als Gebäudeschadstoffgutachter ist mir eine Vielzahl an Tätigkeiten aufgefallen, die ein Computer einfach schneller kann. Mit dem Klemmbrett händisch Befunde zu erfassen hat mich persönlich nie sonderlich gestört, aber die anschließende Digitalisierung ist sehr aufwendig. Ausschließlich mit der App die Daten zu erfassen spart diese Digitalisierungsschritte. Das betrifft auch alle Reibungsverluste im Prozess. Bei mancher Handschrift gibt es mehrere Rückfragen und man dreht mit einem Zeichner auch schnell mehr als eine Korrekturschleife.
Wie hebt sich die neue „IK-Report-App“ auf dem Markt ab?
Robin Krepp Unsere App hebt sich durch mehrere Punkte ab. Wir setzen auf eine möglichst geringe Einstiegshürde, indem man direkt mit dem vorhandenen Smartphone loslegen kann. Die Bedienung ist intuitiv und man braucht im Prinzip keine Anleitung. Darüber hinaus liefern wir nach der Erfassung alle Daten in einer Form, die der Nutzer weiterverarbeiten kann. In der Praxis sind das verschiedene Word- bzw. Excel-Dateien, Fotos und Lagepläne mit den Befunden.
Völlig einzigartig ist bei uns, dass zusammenhängende Befunde verknüpft sind. Doppelte Eingaben werden so vermieden und es erlaubt die Kalkulation der Aussagesicherheit von Verdachtsmomenten nach VDI 6202 Blatt 3. So ermöglichen wir die Probenahme mit der App fachgerecht zu planen und bei der Begehung auf neue Erkenntnisse mit angepasster Probenanzahl zu reagieren. Zusätzlich können die zusammenhängenden Befunde gemeinschaftlich ausgewertet werden. So wird das Aufmaß gleich nebenbei erledigt.
Der Satz „Probenahmeplanung in Anlehnung an die VDI 6202 Blatt 3“ bringt 1. eine Vergleichbarkeit und 2. einen einheitlichen Qualitätsstandard mit sich. Wie kann der Qualitätsstandard durch die App „IK-Report“ gehalten werden?
Robin Krepp Aus meiner Erfahrung leben die Gutachterbüros das Thema Probenahmeplanung sehr unterschiedlich. Die Spanne reicht von gar keiner Planung, bis dahin, dass jeder Beprobungspunkt mit Aussagesicherheit vollständig beschrieben wird.
Mit unserer App kann der Nutzer die Probenahme im Vorfeld planen und profitiert neben der Tatsache, dass es einen Plan gibt auch davon, dass die bereits eingetragenen Daten die Dokumentation der Proben und Befunde bei der Erkundung zusätzlich erheblich beschleunigen.
Zusätzlich bietet die App die Begrifflichkeiten der VDI 6202 Blatt 3 an und trägt zu einer Vereinheitlichung bei.
Der wichtigste Punkt ist jedoch, dass man mit der App die aktuelle Aussagesicherheit für die Probenahme bzgl. Asbest angezeigt bekommt und so bei der Probenahme auf neue Erkenntnisse reagieren kann. Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass wahrscheinlich kein Gutachter während einer laufenden Erkundung seinen Laptop dabei hat und die erforderliche Mindestprobenanzahl mit dem VDI-Berechnungstool bei von der Planung abweichenden Befunden neu berechnen wird. Bei unserer App bekommt der Gutachter die Aussagesicherheit automatisch angezeigt und kann sofort reagieren, wenn die Aussagesicherheit nicht dem Soll entspricht.
Darüber hinaus werden Übertragungsfehler vermieden, weil keine analogen Daten digitalisiert werden müssen. Die falsche Zuordnung von Fotos, Übertragungsfehler durch unleserliche Handschrift und nicht akkurat übertragene Punkte im Lageplan entfallen komplett. Zudem fällt es in der App direkt auf, wenn Proben nicht lokalisiert sind oder ein Foto fehlt bzw. unscharf ist.
Eignet sie die App sich zur Dokumentation von Raumluft auf Asbestfasern und kann auch die Bewertung von asbesthaltigen Brandschutzklappen abgedeckt werden?
Robin Krepp Luftmessungen haben wir noch nicht als gesonderte Beprobungsart in der App umgesetzt. Die Umsetzung ist jedoch bereits in Planung und unser freies System erlaubt es dem Nutzer auch jetzt schon alle Daten hierfür zusammengefasst zu erfassen.
Die Fundorte und Beschreibungen von Brandschutzklappen können Sie ebenfalls mir der App erfassen und diese in Zukunft auch einstufen bzw. bewerten.
Wie können Arbeitsprozesse für die Probenahme verbessert werden?
Robin Krepp Im Prinzip wird der ganze Arbeitsprozess um die Probenahme optimiert. Schon bei der ersten Begehung zur Angebotslegung für das Projekt kann der Gutachter Verdachtspunkte aufnehmen und die Daten als Grundlage für sein Angebot nutzen. Darauf folgend kann er mit der App seine Probenahme effizient planen und die Planung mit Aussagesicherheit nach VDI 6202 Blatt 3 dokumentieren. Die praktische Vorbereitung der Probenahme geht schneller, da keine Lagepläne und Probenahmeprotokolle ausgedruckt werden müssen. Das Handy hat man sowieso dabei. Bei der Probenahme selbst sind weniger Handgriffe zur Dokumentation erforderlich, weil das Hin und Her mit dem Klemmbrett entfällt und die Eingabe effizient gestaltet ist. Wenn im Feld Anpassungen an der geplanten Probemenge erfolgen oder neue Verdachtsmomente entdeckt werden, wird die automatisch aktuelle Aussagesicherheit angezeigt.
Die größte Zeitersparnis bringt aber der Export der Daten in bearbeitbaren Formaten (Word, Excel, PDF). Damit entfällt das zeitaufwendige zuordnen und formatieren von Fotos, entziffern von unleserlicher Handschrift und die Lageplanerstellung. Zur Umsetzung des eigenen Corporate Design sind natürlich noch Anpassungen notwendig, aber beim Einfügen der Daten in eigene Vorlagen ist dies mittels copy & paste schnell erledigt.
Wie wurden die Labore in die Entwicklung der App „IK-Report“ eingebunden bzw. wie werden sie zukünftig eingebunden?
Robin Krepp Aus unserer Sicht führt kein Weg daran vorbei, dass Gutachter ihre Analyseaufträge digitalisiert an Labore übermitteln und die Ergebnisse der Analytik mit einem Klick in ihr Projekt einlesen können. Wir sprechen mit mehreren Laboren über die Umsetzung hierfür. Leider ist der Prozess sehr zeitintensiv. Jedes Labor hat seine eigene IT-Infrastruktur und es existiert kein Standard für den Datenaustausch. Ich bin aber optimistisch, dass wir zusammen die passenden Schnittstellen erarbeiten können. Sowohl für die Gutachter als auch die Labore ist der Wert durch Zeitersparnis und Fehlervermeidung enorm.
Wann endet die Testphase und wann wird die App „IK-Report“ in der Praxis eingesetzt werden?
Robin Krepp Im dritten Quartal 2023 fand eine geschlossene Testphase mit einer Hand voll Ingenieurbüros statt. Die App wurde in dieser Zeit erstmals in der Praxis genutzt. Im November 2023 folgte die Markteinführung und seitdem ist die App für den breiten Markt verfügbar.
Gibt es bereits erste Erfahrungsberichte aus der Praxis?
Robin Krepp Wir fragen jeden Kunden nach seinen Erfahrungen mit der App und erhalten durchgängig positives Feedback, wobei sich viele Kunden eine noch umfangreichere App wünschen. Vor allem die intuitive Bedienung der App, die klare Darstellung und die exportierten Karten kommen gut an.
Auf dem Forum Asbest im November 2022 haben wir den Prototypen unserer App erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt und ein überwältigend positives Feedback bekommen. Die Nutzer konnten unsere App damals noch nicht erwerben und das klare Feedback an uns war „bitte veröffentlicht die App so schnell wie ihr könnt, auch wenn dann noch nicht alle geplanten Features enthalten sind“. Dem Ruf sind wir gefolgt und haben die App im November 2023 veröffentlicht.
Auf Messen erlebe ich eine richtige Aufbruchsstimmung hin zur Digitalisierung und dass vielen bewusst ist, dass man sich dem Thema schon vor Jahren hätte ernsthafter widmen müssen. Gleichzeitig merkt man aber auch, dass sich die Branche mit Veränderungen schwer tut, obwohl interne digitale Lösungen der Ingenieurbüros und die eingeschliffene Arbeitsweise an ihre Grenzen stoßen.
Das Interview erfolgte in Form schriftlicher Fragen von Annika Hilse.