Für sicheres Bauen gibt es schon lange eine DIN-Norm
Nach dem großen Erdbeben der Stärke 7,8 im Südosten der Türkei und in Teilen Syriens wird die Frage nach erdbebensicheren Bauten erneut laut. VDI-Experte Dr.-Ing. Franz-Hermann Schlüter bemängelt die Komplexität der europäischen Normungsarbeit.
Dr.-Ing. Franz-Hermann Schlüter, Geschäftsführer und Prüfingenieur für Bautechnik bei SMP Ingenieure im Bauwesen GmbH, ist in der VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik aktiv. Er befasst sich unter anderem mit Normierungen im Bereich des erdbebensicheren Bauens.
Er erklärt die Fehler beim Bau von Gebäuden, die bei Erdbeben zusammenbrechen. „Grundsätzlich kann man sagen, dass Gebäude sehr erdbebensicher sind, sofern Normen und Vorsorgemaßnahmen getroffen wurden. Durch die Erschütterung wird Energie in die Gebäude getragen und hier muss es das Ziel sein, diese Energie durch möglichst viele Bauteile wieder aufzunehmen – beispielsweise durch plastische Verformungen. Ansonsten konzentrieren sich die Energieeintragungen auf wenige Bauteile und versagen dann.“
In Deutschland herrscht das Vier-Augen-Prinzip, sodass Prüfingenieur*innen die Maßnahmen zur Erdbebensicherheit kontrollieren und Ausführungen abnehmen. „Das hat nicht jedes Land“, sagt Schlüter. Um Gebäude in Krisenregionen nicht immer wieder neu aufzubauen, gäbe es Entwicklungen der Verstärkungsmaßnahmen. Darunter fallen etwa eingeklebte Bewehrung oder eingebrachte Faserwerkstoffe. „Europaweit bestehen hier auch Vorschriften“, sagt der VDI-Experte.
Erdbebennorm nach DIN
„Die Erdbebennorm ist die DIN 4149 aus dem Jahr 2005“, gibt Franz-Hermann Schlüter an. Insgesamt bemängelt der Ingenieur die Komplexität der Normungsarbeit auf europäischer Ebene. Neben der DIN-Norm gibt es den Eurocode 8. Die Normen zum Eurocode 8 gelten für die Bemessung und Konstruktion von Bauwerken des Hoch- und Ingenieurbaus in Erdbebengebieten. Das Ziel ist, sicherzustellen, dass bei Erdbeben menschliches Leben geschützt ist. Da es in der Praxis noch Differenzen beim Einsatz des Eurocodes gab, soll ein nationaler Anhang diesen ergänzen, so Schlüter. Er selbst empfiehlt anwendbare und überschaubare Regularien. Neue Regelungen seien oftmals nicht in der Praxis erprobt und schwer umsetzbar für Ingenieur*innen.
Wiederaufbau in der Türkei und Syrien
Für den Wiederaufbau in den betroffenen Regionen sei es unverzichtbar, dass die Vorschriften zum erdbebensicherem Bauen umgesetzt werden. „Aus eigener Erfahrung kann ich von einem Bauprojekt in Istanbul berichten. Dort haben wir drei große Krankenhäuser erdbebensicher ausgelegt. Diese sind auf einer seismischen Isolierung gebaut. Da bleibt das Krankenhaus erst mal stehen, auch wenn die Erde wackelt, da die Bewegung des Krankenhauses von der, der Erde abgekoppelt ist.“
Sarah Janczura,
Referentin Presse und Kommunikation VDI e. V., Düsseldorf