Wie kann ein Brand wie in Notre Dame verhindert werden?
Baudenkmale sind Zeugnisse vergangener Baukunst, die es zu schützen und zu erhalten gilt. Im letzten Jahr im April stand die weltberühmte Kathedrale Notre-Dame in Flammen. Der Sprecher des Bauwerks, André Finot, sagte, von dem Dachstuhl werde nichts übrig bleiben. Moderne Feuerlöschsysteme hätten dieses Ausmaß der Katastrophe verhindern können.
Baudenkmale dokumentieren menschliche Leistungen, Wertesysteme und Haltungen und machen sie durch ihre regionale Vielfalt und Eigenart einzigartig. Diese Vielfalt kann durch Fahrlässigkeit, Funkenschlag bei Reparaturarbeiten oder aber auch im Falle einer Brandstiftung am Kulturgut gefährdet werden. Denn wenn ein Brand in diesen kompliziert konstruierten Gebäuden ausbricht, kann die Feuerwehr machtlos sein. Wenn das Feuer zu spät bemerkt wird etwa, oder der Zinn der Turmspitzen schmilzt. Auch das Feuer von Notre Dame wurde viel zu spät bemerkt. Die Brandursache für das Feuer der Kathedrale ist bis heute nicht geklärt, jedoch schien es auf dem Dachboden ausgebrochen zu sein.
Historischer Komplex in Flammen
Die Feuerwehr kämpfte tagelang mit dem Großbrand, um den größtmöglichen Teil des historischen Komplexes der Notre-Dame vor den Flammen zu retten. Große Teile der reichen Ausstattung blieben zwar erhalten, litten aber unter dem Einfluss von Hitze, Rauchgasen, Ruß und der großen Menge Löschwasser. Es gab zwar im Dachstuhl eine Rauchmeldeanlage, die den Brand auch pünktlich vermeldete, aber kein Feuerlöschsystem. Innerhalb einer Stunde erstreckte sich der Brand über den ganzen Dachstuhl und der höchste Teil der Kirche, der Vierungsturm, stürzte ein. Am Pariser Beispiel wird eindringlich deutlich, wie wichtig und sinnvoll ein angemessenes Schutzkonzept vor Brand für historische Gebäude ist.
Brandschutz ist Denkmalschutz
Die Bewahrung des Zeugniswertes eines authentisch überlieferten Kulturdenkmals gelingt, wenn seine Substanz und sein Erscheinungsbild sowie seine denkmalbestimmenden Eigenschaften erhalten bleiben. Voraussetzung dafür ist eine sorgfältige Bestandserfassung und Bestandsanalyse. Damit ist das Schutzziel von Denkmal- und Brandschutz erreicht. Die Schutzziele des Brandschutzes ergeben sich aus § 3 (1) der Musterbauordnung (MBO).
Die bestehenden Maßnahmen werden dann gestützt auf die Bestandsaufnahme und die Schutzziele beurteilt und bewertet. Reichen die Maßnahmen nicht aus, damit die Brandsicherheit erreicht wird, sind weitere Maßnahmen nötig, die gemeinsam mit der Brandschutzbehörde definiert werden. Dadurch kann das Brandereignis verhindert oder das Ausmaß der Schädigung eingedämmt werden. Vor der Durchführung von baulichen Maßnahmen muss jedoch grundsätzlich eine Genehmigung bei der zuständigen Denkmalbehörde eingeholt werden. Insbesondere Brandschutzmaßnahmen dürfen nicht zum Verlust der Denkmaleigenschaft führen. Hierbei stellen besonders historische Dachkonstruktionen aus Holz eine Herausforderung dar, da das trockene Altholz häufig mit potenziell brennbaren Flüssigkeiten konserviert ist. Umwelteinflüsse aber auch Reparaturarbeiten können häufig Brandursache in alten, denkmalgeschützten Holzdachkonstruktionen sein. Mit verheerenden Brandfolgeschäden, wie z.B. ein Brand im Dachstuhl des historischen E-Werks in Kenzingen. Trotz des schnellen Einsatzes der Rettungskräfte wurde das Gebäude komplett zerstört.
Löschanlagen im Denkmalschutz
Brandmeldeanlagen besitzen lediglich eine Alarmfunktion. Moderne Löschanlagen unterbinden jedoch eine Brand- oder Rauchausbreitung. Sie ermöglichen wirksame Löscharbeiten und tragen zur Sicherung der Rettungswege bei. Bei der Brandbekämpfung in Baudenkmalen darf durch das Löschmittel kein zu großer Schaden am Schutzobjekt hervorgerufen werden. Das bedeutet, auch die Folgeschäden durch das Löschwasser sollten stark reduziert werden, um das Erscheinungsbild und andere denkmalbestimmende Eigenschaften zu erhalten. Am besten gelingt dies mit Hochdruckwassernebelsystemen, da diese die Brände mit kleinsten Tropfen reinen Wassers bekämpfen. Zusätzlich bietet der Hochdruckwassernebel (HDWN) einen sehr schnellen Kühleffekt. So werden, anders als bei einer Sprühflutanlage, nur geringe Wassermengen eingesetzt, was zur Folge hat, dass Wasserschäden und die Entstehung von kontaminiertem Wasser minimiert werden (Bild 1).
Geringerer Schaden – schnelle Instandsetzung
Häufig werden historische Gebäude auch für besondere Feste und Veranstaltungen genutzt, um die Bauwerke zu finanzieren. Daher ist es auch aus finanzieller Sicht sinnvoll, die Ausfallzeiten im Falle eines Brandes so gering wie möglich zu halten. So ist z.B. der „Kaisersaal“ in Erfurt, eine der ältesten Veranstaltungsstätten Europas, heute eine beliebte Eventlocation für Tagungen, Kongresse, Feiern, Messen und andere Veranstaltungen. Der historische Saal mit zwei Rängen ist das Herzstück des Hauses. Um das Baudenkmal einschließlich des hölzernen Dachbodens mit Deckenmalerei vor Brand zu schützen, wurde eine Hochdruck-Wassernebelanlage installiert, die es vor Feuer und vor großen Wasserschäden schützt. Im Brandfall wird dem Feuer schnell und effektiv die Energie entzogen. Rauchgasemissionen und damit auch Rauchgasschäden werden reduziert. Der Wassernebel arbeitet dabei ähnlich wie eine Rauchgaswaschanlage und die Temperatur wird im Raum innerhalb kürzester Zeit reduziert, da die Nebeltröpfchen einen mittleren Durchmesser von 20 bis 100 µm haben. Durch die mehr als 1600-fache Volumenvergrößerung bei der Verdampfung des Wassers wird der Luftsauerstoff direkt am Brandherd verdrängt, das heißt, die Sauerstoff-Konzentration wird lokal gesenkt und das Feuer erstickt (Bild 2).
Grundsätzlicher Genehmigungsvorbehalt
Hochdruckwassernebelanlagen eignen sich zur Absicherung von Brandrisiken, besonders wenn es um Baudenkmale geht. Dort stellen Dachkonstruktionen besondere Risiken mit hohem Schadenpotenzial dar, da sie oft mit schwierig zu beherrschenden Brandlasten ausgestattet wurden. Aufgrund der extremen Kühlwirkung, in Verbindung mit der eintretenden lokalen Sauerstoffverdrängung, eignet sich Hochdruck-Wassernebel besonders gut zum Schutz solcher historischer Bauten. Da die funktionalen Parameter des Wassernebels komplex miteinander verknüpft sind, aber durch technische Anlagenparameter beeinflusst werden können, ist eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Auslegung der HDWN-Anlagen notwendig. „Vor der Durchsetzung notwendiger Maßnahmen des Brandschutzes besteht bei Baudenkmalen ein grundsätzlicher Genehmigungsvorbehalt seitens der zuständigen Denkmalbehörden, der in den Denkmalschutzgesetzen der Länder verankert ist. Alle baulichen Maßnahmen am Kulturdenkmal bedürfen der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis bzw. Genehmigung; diese kann auch Bestandteil der Baugenehmigung sein. […]“, so die Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland.*
*Den vollständigen Artikel finden Sie in der aktuellen Ausgabe 7/8 der Technischen Sicherheit.
Literatur
- Zülch, S. Langstrof, A. : „Brandschutz im Baudenkmal – Die Flammen der Notre Dame“; Technische Sicherheit 7/8 2020, VDI Fachmedien, Düsseldorf.
von Annika Hilse