Einteilung explosionsgefährdeter Bereiche in Zonen für Staub/Luft-Gemische
Sofern die Bildung von gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre (g. e. A.) nicht ausgeschlossen werden kann, muss der Betreiber diese Bereiche in Zonen einteilen und hierauf basierend die technischen und organisatorischen Maßnahmen für den sicheren Betrieb der Anlage realisieren. Zonen charakterisieren explosionsgefährdete Bereiche in Abhängigkeit von der Häufigkeit und Dauer des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre. Die Explosionsschutz-Regeln (DGUV Regel 113-001, früher BGR 104 [1]) enthalten eine umfangreiche Beispielsammlung zur Einteilung explosionsgefährdeter Bereich in Zonen.
Die Explosionsschutz-Regeln haben ihren Ursprung in den 1950er-Jahren. Sie waren Grundlage für viele nationale und internationale Regelungen (z. B. Leitfaden zur europäischen Richtlinie 1999/92/EG [2], die Basisnorm im Explosionsschutz DIN EN 1127-1[3] und viele Technische Regeln zur Betriebssicherheit bzw. für Gefahrstoffe).
Die zunächst als „Richtlinien für elektrische Anlagen in explosionsgefährdeten Betriebsstätten mit Beispielsammlung“[4] in Deutschland eingeführten Regeln wurden immer wieder erweitert. 1973 wurde daraus die „Richtlinie für die Vermeidung der Gefahren durch explosionsfähige Atmosphäre mit Beispielsammlung – Explosionsschutz-Richtlinie (EX-RL)“[5]. Diese EX-RL wurde in 16 Ergänzungslieferungen aktualisiert. Ab Juli 2000 wurde dieses Werk, insbesondere wegen Erscheinen der ATEX-Richtlinien, komplett überarbeitet. Die Überführung der zuvor über einen Zeitraum von etwa 50 Jahren immer weiter entwickelten Beispielsammlung in eine neue Struktur birgt vielfältige Chancen. Bei der Umstellung können alte, nicht mehr aktuelle Beispiele entfernt und neue hinzugefügt sowie an weiterentwickelte Verfahren angepasst werden. Dies wiederum erfordert die Beteiligung vieler Experten, um auch verallgemeinerungsfähige Lösungsansätze zu entwickeln. Daher konnten bisher noch nicht alle Beispiele überführt werden, sodass die alte grüne Beispielsammlung bis heute verfügbar ist. Diese wird nicht mehr aktualisiert. Die Beispiele in der neuen blauen Beispielsammlung sind zur Zoneneinteilung stets der alten vorzuziehen. Diese neue EX-RL – Beispielsammlung wurde in bisher 18 Ergänzungslieferungen stets an die aktuellen Entwicklungen angepasst und systematisch erweitert. Anlässe für die Bearbeitung sind dabei die Weiterentwicklung der Technik, Verwendung neuer Stoffe, neue Erkenntnisse, z. B. aus Forschungsvorhaben, die Harmonisierung europäischer Richtlinien und Normen, Einarbeitung der Betriebssicherheits- und der Gefahrstoffverordnung und deren Novellierungen, die Integration Technischer Regeln für Betriebssicherheit, auch mit dem Ziel, unterschiedliche Aussagen zu vermeiden und die Allgemeingültigkeit zu erhöhen.
In der heutigen Fassung (Stand 03/2015) stellt die DGUV Regel 113-001 eine Sammlung aller explosionsschutzrelevanten technischen Regeln zum Explosionsschutz für die Betreiber dar. Sie enthält eine ständig aktualisierte Liste funktionsgeprüfter Gaswarngeräte und die weltweit umfangreichste Beispielsammlung zur Einteilung explosionsgefährdeter Bereiche in Zonen.
Verpflichtung zur Zoneneinteilung
Die Einteilung explosionsgefährdeter Bereiche in Zonen wird in der Europäischen Richtlinie 1999/92/EG gefordert und wurde mit der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) [6] bzw. mit der neuen Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) [7] in nationales Recht umgesetzt bzw. wird in der TRBS 2152 [8] konkretisiert. Da die Europäische Richtlinie lediglich Mindestvorschriften enthält, ist das nationale Recht maßgebend. In nationalen technischen Regeln sind keine bzw. selten Zoneneinteilungen bzw. Beispiele hierfür enthalten. Dadurch dass die Beispielsammlung seit über 50 Jahren praktische Anwendung in den Betrieben findet und eine ständige Aktualisierung durch Explosionsschutzexperten erfährt, war es nicht erforderlich, diese in Technische Regeln zu überführen.
Allgemeiner Aufbau
Alle Beispiele in der EX-RL – Beispielsammlung sind in eine Tabelle eingegliedert und in der ersten Spalte der Tabelle durchnummeriert.
In der zweiten Spalte wird dann das Beispiel bzw. die betrachtete Anlage benannt. In der dritten Spalte werden Merkmale und Voraussetzungen definiert bzw. Bemerkungen und Hinweise aufgeführt, die für das Auftreten von g. e. A. bzw. zur Vermeidung – mit Bezug auf die TRBS 2152 Teil 2 [9] – relevant sind. Hiermit erfolgt in der Regel eine Unterteilung in verschiedene Fallbeispiele.
In der Spalte 4 wird der Bezug der enthaltenen Maßnahmen zur Vermeidung explosionsfähiger Atmosphäre nach TRBS 2152 Teil 2 hergestellt.
Für jeden aufgeführten Fall wird in Spalte 5 eine Einteilung in eine Zone zur Festlegung der Maßnahmen zur Zündquellenvermeidung nach TRBS 2152 Teil 3 [10]vorgeschlagen. Sofern die angeführten Voraussetzungen und Merkmale erfüllt sind, kann der Betreiber diese übernehmen. Es finden sich auch Beispiele, die zu keiner Zone führen. In der Regel werden für eine Anlagenkomponente unterschiedliche Konzepte angeführt. Hierdurch kann der Betreiber zwischen verschiedenen Schutzkonzepten wählen. Hilfreich kann dies sein, wenn bestimmte Geräte – z. B. nur für den Einsatz in Zone 22 oder außerhalb von Ex-Zonen – beschafft und eingesetzt werden können. Die Zonenreduzierung ist zwar in der Regel mit einem höheren Aufwand verbunden, dafür sind aber die Anforderungen an Maßnahmen zur Zündquellenvermeidung geringer.
In Spalte 6 sind, sofern erforderlich, die Nummern der konstruktiven Schutzmaßnahmen nach TRBS 2152 Teil 4 [11]und erläuternde Bemerkungen eingetragen.
Weicht der betriebliche Anwendungsfall vom beschriebenen Fallbeispiel ab, so sind die Maßnahmen entsprechend anzupassen. Bei Abweichungen von den in der Beispielsammlung angegebenen Voraussetzungen können sich somit Änderungen der Zone bzw. deren Ausdehnung ergeben.
In der Beispielsammlung werden die Zonenausdehnungen in der Spalte 5 in Metern angegeben. Sofern nicht anders angegeben wird unterstellt, dass sich die g. e. A. annähernd kugelförmig um die Austrittsstelle ausbreitet. Die Austrittsstelle ist dabei als Mittelpunkt des Kugelradius anzusehen. Bei der Angabe „Nahbereich“ ist damit die unmittelbare Umgebung der Austrittsstelle gemeint. Der Radius des Nahbereichs beträgt höchstens 0,5 m. Bei flächigen Quellen wird die Zone in der Regel durch eine Einhüllende mit Verrundungsradius angegeben. In den Fällen, in denen explosionsgefährdete Bereiche (Zonen) durch Maßnahmen nach TRBS 2152 Teil 2 verringert oder aufgehoben werden, ist Folgendes zu beachten: Die in Spalte 5 der Beispielsammlung genannten Ausdehnungen der Zonen gelten nur bei optimaler Anwendung der Schutzmaßnahmen nach TRBS 2152 Teil 2 (Spalte 4). Dies ist bei der erforderlichen Beurteilung des Einzelfalls zu berücksichtigen.
Überarbeitung von Punkt 3 der EX-RL – Beispielsammlung
Punkt 3 „Brennbare Stäube“ der EX-RL – Beispielsammlung wurde aufgrund von Erkenntnissen aus Forschungsprojekten und der Praxis sowie Änderungen in den Technischen Regeln in den Jahren 2011 bis 2013 angepasst, komplett überarbeitet und im Jahr 2014 veröffentlicht. Das Projekt wurde vom Autor gemeinsam mit verschiedenen Experten aus Forschung, Prüfstellen und Unfallversicherungsträgern durchgeführt. Hier sind insbesondere Mitarbeiter der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin, der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) in Dortmund, der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) in Heidelberg, der DEKRA EXAM GmbH in Bochum, des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) in Sankt Augustin, der Inburex Consulting GmbH in Hamm und der consilab GmbH in Frankfurt zu nennen.
In den Jahren 2010 und 2011 wurde die TRBS 2152 Teil 2 überarbeitet und im März 2012 der Punkt 2.4.3 „Dichtheit von Anlagenteilen“ hinsichtlich der Dichtheit von staubführenden Anlagen ergänzt. Fast zeitgleich wurde die Verwendung der Begriffe wie Dichtheit nicht auf Dauer gewährleistet, staubdicht, technisch dicht, auf Dauer technisch dicht usw. in Punkt 3 „Brennbare Stäube“ der EX-RL – Beispielsammlung diskutiert und die Angleichung an die in der TRBS 2152 Teil 2 verwendeten Begriffe zur Dichtheit begonnen.
Vor der Veröffentlichung wurden die Beispiele durch die Mitglieder der Projektgruppe EX-RL – Beispielsammlung geprüft. Diese Projektgruppe ist mit Explosionsschutzexperten verschiedener Unfallversicherungsträger, Industrie, Prüfstellen und Aufsichtsbehörden besetzt. Anschließend wurde die Beispielsammlung vom Sachgebiet „Explosionsschutz“ im Fachbereich Rohstoffe und chemische Industrie der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung freigegeben.
Änderungen im Punkt 3 „Brennbare Stäube“
Bei der Überarbeitung der Beispielsammlung wurden Explosionsgefahren aufgrund der Erkenntnisse teilweise neu bewertet. Eine Aktualisierung ergab sich insbesondere aufgrund einer geänderten Rechtsgrundlage, der Anpassung einiger Beispiele an den Stand der Technik sowie der Aufnahme von Beispielen aus bisher noch nicht erfassten Anlageteilen oder Bauformen.
Um die Beispielsammlung für den Anwender besser lesbar zu machen, wurde der gesamte Aufbau von Punkt 3 „Brennbare Stäube“ umstrukturiert. Die überarbeitete Beispielsammlung besteht jetzt im Wesentlichen aus drei Teilen:
In Teil 1 wird allgemein die Umgebung staubführender Apparate und Behälter betrachtet, wobei zwischen geschlossenen und nicht geschlossenen Anlagen bzw. zwischen Räumen und im Freien unterschieden wird.
Teil 2 betrachtet allgemein das Innere von staubführenden Apparaten und Behältern.
In Teil 3 folgen dann Fallbeispiele für unterschiedliche Anlagen, in denen das Innere und Äußere von staubführenden Anlagen betrachtet wird.
Die Tabelle stellt die beiden Fassungen gegenüber
Hinweise für die Anwendung der Beispiele
Die in den einzelnen Beispielen aufgeführten Maßnahmen gelten für den Normalbetrieb, berücksichtigen aber auch betriebsübliche Störungen. Betriebsübliche Störungen sind vorhersehbare Störungen oder Gerätefehler, die üblicherweise in der Praxis auftreten (Bild 1).
Wichtig für den Anwender der Beispielsammlung ist, dass die Beispiele lediglich zur Orientierung dienen sollen. Es kann durchaus sein, dass Praxisfälle keinem der aufgeführten Beispiele entsprechen. TS 431
Literaturverzeichnis
[1] DGUV Regel 113-001: Sammlung technischer Regeln für das Vermeiden der Gefahren durch explosionsfähige Atmosphäre mit Beispielsammlung zur Einteilung explosionsgefährdeter Bereiche in Zonen (bisher: BGR 104). 18. Ergänzungslieferung, Stand 3/ 2015. Köln: Wolters Kluwer Verlag.
[2] Richtlinie 1999/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Mindestvorschriften zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit der Arbeitnehmer, die durch explosionsfähige Atmosphären gefährdet werden können. ABl. EG Nr. L 23, S. 57-64.
[3] DIN EN 1127-1: Explosionsfähige Atmosphären – Explosionsschutz – Teil 1: Grundlagen und Methodik. Berlin: Beuth Verlag 2011.
[4] Richtlinien für elektrische Anlagen in explosionsgefährdeten Betriebsstätten (Anwendung der. VDE 0165) mit Beispielsammlung. Hrsg.: Berufsgenossenschaft der Chemischen Industrie.
[5] Richtlinien für die Vermeidung der Gefahren durch explosionsfähige Atmosphäre mit Beispielsammlung – Explosionsschutz-Richtlinien – (EX-RL) (ZH 1/10). Hrsg.: Berufsgenossenschaft der Chemischen Industrie
[6] Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) vom 27. September 2002. BGBl. I, S. 3777, zul. geänd. durch Art. 5 des Gesetzes vom 8. November 2011. BGBl. I, S. 2178.
[7] Gefahrstoffverordnung vom 26. November 2010. BGBl. I, S. 1643, 1644 zul. geänd. durch Art. 2 der Verordnung vom 3. Februar 2015. BGBl. I, S. 49.
[8] Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 2152: Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Allgemeines (inhaltsgleich: TRGS 720). BAnz. Nr. 103a; BArbBl. 8/9 (2006), S. 36 ff.
[9] Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 2152 Teil 2: Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre (inhaltsgleich: TRGS 722). GMBl. (2012), S. 398-410.
[10] Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 2152 Teil 3: Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Vermeidung der Entzündung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre. GMBl. (2009), S. 1583
[11] Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 2152 Teil 4: Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre − Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutzes, welche die Auswirkung einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß beschränken. GMBl (2012), S. 387.
[12] Dyrba, B.: Praxishandbuch Zoneneinteilung – Einteilung explosionsgefährdeter Bereiche in Zonen. Köln: Verlag Wolters Kluwer 2012.
Björn Poga, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Referat Explosionsschutz, Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie, Heidelberg.