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01.05.2018, 00:00 Uhr

Die AwSV für Biogasanlagen

Die Neuregelung des Wasserrechts sucht den Kompromiss zwischen bestmöglichem Umweltschutz und wirtschaftlicher Verhältnismäßigkeit. Vor welchen Aufgaben stehen die Betreiber und wo muss der Verordnungsgeber noch nachbessern?

Quelle: Omnicert

Quelle: Omnicert

Zum 1. August 2017 trat nach langer Planungs- und Entwurfszeit die neue Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) in Kraft. Neben grundsätzlichen Auflagen an alle mit wassergefährdenden Stoffen umgehenden Betriebe sind in der Bundesverordnung außerdem anlagenspezifische und nach Wassergefährdungsklasse gegliederte Anforderungen für Biogas- und JGS-Anlagen enthalten. Dazu zählen u. a. Anlagendokumenta­tion und -abgrenzung, Vorgaben an Planung und Betrieb sowie allg. Rückhaltebestimmungen im Havariefall. Die Besonderheit dieser Art der Gesetzgebung besteht darin, dass konkret genannte Anlagentypen eigens für sie ausgelegte Auflagen erhalten, da die Vielzahl der Anlagenarten und die darin verwendeten unterschiedlichen wasser­gefährdenden Stoffe keine allumfassende Regelung zulassen [2 bis 4].

Was hat sich für Biogasanlagen geändert?

Zu Biogasanlagen zählen alle Komponenten, die der Herstellung von Biogas dienen. Dazu gehören primär Vorlagebehälter, Fermenter, Nachgärer und Kondensatbehälter. Weiterhin werden die Lager- und Abfülleinrichtungen den Biogasanlagen zugeordnet: Gärrest- bzw. Gärsubstratlager und Abfüllanlagen (inkl. Abfüllplätze für Gülle und Gär­reste).

Bild 2 zeigt Anlagenkomponenten, die nach AwSV im engen räumlichen und funktionalen Zusammenhang mit der Biogaserzeugung stehen.

Bild 2 Schematischer Aufbau einer Biogasanlage (v. l. n. r.): Fahrsilo, Sickersaftbehälter, Vorlagebehälter, Fütterung und Fermenter, Nachgärer, Gärsubstratlager, Abfüllanlage inkl. Abfüllfläche, Kondensatbehälter, BHKW inkl. Betriebsstofflagerung. Quelle: OmniCert Umweltgutachter GmbH

Bild 2 Schematischer Aufbau einer Biogasanlage (v. l. n. r.): Fahrsilo, Sickersaftbehälter, Vorlagebehälter, Fütterung und Fermenter, Nachgärer, Gärsubstratlager, Abfüllanlage inkl. Abfüllfläche, Kondensatbehälter, BHKW inkl. Betriebsstofflagerung.

Foto: OmniCert Umweltgutachter GmbH

Durch diese Definition gehören neben den Gärbehältern auch Rohrleitungen für Gas und Substrat, Fahrsilos mit zugehörigen Sickersaftbehälter, Abfülleinrichtungen und das BHKW inkl. Betriebsstofflagerung zu der Biogasanlage. Die neue Definition soll sicherstellen, dass auch die Peripherie der Anlage die Anforderungen an den Gewässerschutz einhält und der bestmögliche Schutz gewährleistet ist. Zu den hierfür wesentlichen Neuerungen der AwSV zählt das nun verpflichtende Leckageerkennungssystem bei Sickersaft- und Kondensatbehältern [1; 2; 4].

Einstufung wassergefährdender Stoffe

Neu für Biogasanlagen ist ebenfalls die Einstufung als wassergefährdender Stoff von Gärsubstraten landwirtschaftlicher Herkunft zur Gewinnung von Biogas. Zu Substrat zählt pflanzliche Biomasse aus landwirtschaftlicher Grundproduktion, Silagesickersaft, tierische Ausscheidungen sowie Rückstände aus der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse [2; 6; 11].

Die Einstufung für Biogasanlagen, die ausschließlich Gärsubstrate landwirtschaftlicher Herkunft verwenden (sog. „W1-Anlagen“), änderte sich mit der AwSV von Wassergefährdungsklasse 1 zu „allgemein wassergefährdend“. Diese Wassergefährdungseinteilung bildet die neue Grundlage für alle darauffolgenden Anlagenanforderungen und grenzt die Biogasanlage somit von anderen Anlagentypen ab [2; 5; 11].

Errichtung einer Umwallung als Rückhalteeinrichtung

Zu den für Biogasanlagen angepassten Anforderungen der Bundesverordnung gehört seit August 2017 die verpflichtende Errichtung einer Rückhalteeinrichtung in Form einer Umwallung mit Umsetzungsfrist bis zum 1. August 2022. Diese zweite Sicherheitsbarriere, die erstmals im Biogashandbuch Bayern 2012 für Neuanlagen bzw. bei wesentlichen Änderungen gefordert war, umfasst nun auch alle bestehenden Anlagen. Der Umsetzungszeitraum endet fünf Jahre nach Inkrafttreten der AwSV am 1. August 2022.

Grundsätzlich stellt die Bundesverordnung bereits in § 18 AwSV detaillierte Anforderungen an Rückhalteeinrichtungen, wie sie auch bei industriellen Anlagen – z. B. für chemische Prozesse mit Lösemitteln – zum Einsatz kommen. Der Hauptunterschied der Umwallung von Biogasanlagen liegt im Errichtungszweck, nämlich dem Rückhalten von wassergefährdenden Stoffen im Notfall. Der bauliche Aufwand ist bei Biogasanlagen daher entsprechend geringer, als bei Anlagen mit dauerhafter Beaufschlagung mit Stoffen oder Gemischen (Bild 3)[2].

Bild 3 Standort einer Biogasanlage mit Fermenter, Silo und BHKW. Im Vordergrund ist ein Teil der Rückhaltung (bepflanzter Erdwall) inkl. Einzäunung zu erkennen. Quelle: Shutterstock

Bild 3 Standort einer Biogasanlage mit Fermenter, Silo und BHKW. Im Vordergrund ist ein Teil der Rückhaltung (bepflanzter Erdwall) inkl. Einzäunung zu erkennen.

Foto: Shutterstock

Die Vorgaben an die Umwallung für Biogasanlagen sind in § 37 AwSV aufgeführt. Der Verordnungsgeber legt zunächst fest, welches Volumen im Falle einer Havarie aufgefangen werden muss. Bei Biogasanlagen zählt dazu das Volumen flüssiger Gärsubstrate, das überhaupt oberhalb der Geländekante austreten kann. Der Rückstauraum von Zwischenbauwerken und topografische Besonderheiten, die z. B. mit mehreren Behältern bereits einen natürlichen Auffangraum bilden, können zum vorhandenen Rückhaltevolumen gezählt werden. Bis weitere Sicherheitsmaßnahmen greifen können, muss aber mindestens das Volumen des größten Behälters über Erdgleiche aufgefangen und 72 Stunden versickerungsfrei zurückgehalten werden können. Die Umwallung muss jedoch nicht um die komplette Anlage gezogen werden. Eine Unterteilung in mehrere Rückhalteabschnitte ist möglich, solange während einer Havarie auslaufende Stoffe auf geeignete Weise zurückgehalten oder in die Rückhaltezone geleitet werden. Der Verordnungsgeber trifft bezüglich der genauen Ausführung der Umwallung und dem Umfang der Sicherheitsmaßnahmen keine Aussagen, sondern verweist auf TRwS 793-1.

Diese technische Regel für W1-Biogasanlagen beschreibt neben dem Mindestfassungsvermögen auch die Ausführung der Bodenflächen und des Walls und befindet sich noch im Gelbdruck1). Tabelle 1 zeigt die wichtigsten Eckdaten auf. [7]

 

Tabelle 1 Anforderungen an die Umwallung nach TRwS 793-1 (Entwurf)[7].

Tabelle 1 Anforderungen an die Umwallung nach TRwS 793-1 (Entwurf)[7].

Überarbeiteter Bestandsschutz, Prüfpflichten und Rechtsabgleich

Obwohl die Anforderungen an die Rückhaltung für neue Biogasanlagen unmittelbar gelten, wird mit der AwSV ein neuer Bestandsschutz eingeführt. Bestimmungen aus dem Landesrecht behalten nach Bundesverordnung ihre Gültigkeit (inkl. Ausnahmen und Anlagenzulassungen). Landesrechtliche Regelungen sind demnach auch in Zukunft noch nicht vollständig gegenstandslos. [1; 2; 7; 8]

Aus diesem Grund muss der Sachverständige bei der ersten wiederkehrenden Anlagenprüfung nach AwSV einen sog. „Rechtsabgleich“ durchführen. Hierbei erfolgt ein Vergleich der Anforderungen nach AwSV und der zuvor gültigen VAwS auf inhaltliche Übereinstimmung. Eventuell festgestellte Unterschiede werden nicht als Mangel, sondern als Abweichung im Prüfbericht aufgeführt. Dies dient der Kreisverwaltungsbehörde als Anordnungsgrundlage für zumutbare und primär dem Gewässerschutz dienenden Nachrüstungen. Darüber hinaus gilt für alle W1-Biogasanlagen eine fünfjährige wiederkehrende Prüfpflicht, welche durch Überprüfungen vor Inbetriebnahme oder nach wesentlichen Änderungen ergänzt wird.

Ungeachtet des Bestandsschutzes gelten Ausnahmen von der Umwallungsumsetzungspflicht nur, wenn die Rückhaltung technisch bzw. räumlich nicht umsetzbar ist und hierfür eine behördliche Zustimmung vorliegt. Alternativ können Rückhalteeinrichtungen z. B. mit Spundwänden oder Betonmauern realisiert werden. Die zuständigen Behörden dürfen allerdings erst nach dem 1. August 2022 über die AwSV hinausgehende Anforderungen an die Umwallung stellen. Aus diesem Grund sind die Auflagen an die Rückhaltung entsprechend hoch, denn die Umwallung dient im Havariefall als letzte Barriere gegen Umweltschäden [1; 2; 7; 8].

Die Problematik der untergesetzlichen Regelwerke

Trotz der Vereinfachung des Wasserrechtsvollzugs wurden mit dem Inkrafttreten der AwSV auch neue Lücken geöffnet, die unter anderem mit Hilfe der technischen Regeln der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) künftig geschlossen werden sollen. Da die finalen Fassungen der TRwS 792 (JGS-Anlagen) und 793 (Biogasanlagen) jedoch noch nicht vorliegen, bleibt die aktuelle untergesetzliche Problematik bestehen.

Mit dem Inkrafttreten der AwSV wurden die bis dahin nach Landesrecht geltenden untergesetzlichen Regelwerke (z. B. Verwaltungsvorschriften VAwS, Biogashandbuch Bayern) für den Wasserrechtsvollzug nach Bundesverordnung ungültig und dienen fortan lediglich als Informationsquelle. Gleiches gilt allerdings auch für die neuen unveröffentlichten Regelwerke (TRwS 792, 793), wodurch die Planung, Errichtung und Prüfung von Anlagen und speziell die Umsetzung von Leckageerkennungsmaßnahmen erschwert wird. In den letzten Monaten besserte sich dieser Umstand zumindest teilweise. Die Vollzugshinweise zur Anlagenverordnung des bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz erläutern u. a. die Anlagenabgrenzung von W2- Biogasanlagen, die Anordnungsrichtlinien für Behörden und Prüfvorgaben von Biogas- und JGS-Anlagen [7].

Was hat sich für JGS-Anlagen geändert?

Können Anlagenkomponenten aufgrund eines fehlenden räumlichen oder technischen Zusammenhangs nicht als Bestandteil einer Biogasanlage definiert werden, müssen sie als eigenständige JGS-Anlage geführt sein. Entsprechend gilt dann neben den Grundvorschriften (behördliche Anordnungen, Pflichten bei Betriebsstörungen, Abstandsregelungen zu Gewässern) die Anlage 7 der AwSV. Bild 4 verdeutlicht, dass die Anlagen ausschließlich zum Abfüllen und Lagern von Wirtschaftsdünger, Jauche, tierischen Ausscheidungen, Siliergut und zugehörigem Silagesickersaft genutzt werden dürfen.

Bild 4 Schematischer Aufbau einer JGS-Anlage mit Fahrsilo inkl. Sickersaftbehälter, Vorlagebehälter und zwei Güllebehältern mit Abfülleinrichtungen. Quelle: OmniCert Umweltgutachter GmbH

Bild 4 Schematischer Aufbau einer JGS-Anlage mit Fahrsilo inkl. Sickersaftbehälter, Vorlagebehälter und zwei Güllebehältern mit Abfülleinrichtungen.

Foto: OmniCert Umweltgutachter GmbH

Die verbundene Peripherie zählt ebenfalls zur Anlage (Rohrleitungen, Abfüllflächen etc.)[1; 2; 7]

Was muss geprüft werden und wann? (Prüfzeitpunkte- und zyklen)

JGS-Anlagen bedürfen keiner Rückhalteeinrichtung wie Biogasanlagen, obwohl sie mit dem Inkrafttreten der AwSV auch zu den prüfpflichtigen Anlagen gehören. Die Anlagen müssen dennoch so geplant und errichtet werden, dass im Ernstfall Leckagen rechtzeitig bemerkt und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können [1; 2; 7].

Die allgemeine Prüfpflicht für JGS-Anlagen gilt zusammen mit der Fachbetriebspflicht für alle in Tabelle 2 aufgeführten Anlagenarten. Eine wiederkehrende Prüfung durch Sachverständige ist allerdings nur bei Erdbecken (alle fünf Jahre, bzw. 30 Monate in Schutzgebieten) vorgeschrieben, ansonsten muss die wasserrechtliche Prüfung vor allem vor Inbetriebnahme, nach wesentlicher Änderung der Anlage oder auf Anordnung der Kreisverwaltungsbehörde durchgeführt werden [1; 2; 7].

Tabelle 2 Übersicht zu Prüf- und Fachbetriebspflichten von JGS-Anlagen gemäß verwendetem wassergefährdenden Volumen [2].

Tabelle 2 Übersicht zu Prüf- und Fachbetriebspflichten von JGS-Anlagen gemäß verwendetem wassergefährdenden Volumen [2].

Die Aufnahme der Prüfpflicht von JGS-Behältern und Anlagen in die Bundesverordnung trägt maßgebend dazu bei, die Qualität von Oberflächen- und Grundwasser zu sichern. Daneben senken die höheren Auflagen an Planung und Errichtung von Anlagen das Restrisiko durch fehlerhafte Ausführung. JGS-Anlagen, die mehr als 25 m3 flüssige wassergefährdende Stoffe verwenden, müssen mit Leckageerkennungssystem ausgestattet sein. Weiterhin sind Silos seitlich einzufassen, um Verunreinigungen durch Sickerwasser zu verhindern. Aufgefangene Sickersäfte oder verunreinigter Niederschlag dürfen jedoch, gemäß der guten fachlichen Praxis zur Düngung verwertet werden [1; 2; 7].

Für JGS-Anlagen gilt außerdem ein ähnlicher Bestandsschutz wie für Biogasanlagen. Die neuen Anforderungen der AwSV gelten nicht unmittelbar für alle JGS-Standorte. Anpassungsmaßnahmen dürfen nur auf Grundlage der Verhältnismäßigkeit gefordert werden. In der Praxis wird vor allem die zuständige Behörde ggf. Anlagenprüfungen anordnen, da JGS-Neubauten nach wie vor anzeigepflichtig sind. Bei dieser Gelegenheit bietet es sich ggf. an, auch die bestehenden Anlagenteile zu überprüfen, um somit auch bei JGS-Anlagen langfristig neue Qualitätsmaßstäbe für den Gewässer- und Bodenschutz zu setzen.

Praxisbeispiel: Anlagen­abgrenzung am landwirtschaftlichen Standort

Die vom Verordnungsgeber vorgegebene Unterscheidung von Biogas- und JGS-Anlagen ist im Rahmen der Vor-Ort-Prüfungen nicht immer eindeutig durchzuführen bzw. nachzuvollziehen. Gerade bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen existiert meist eine gewisse JGS-Infrastruktur wie z. B. Sammelgruben (Vorlagebehälter mit Pumpstationen, Entmistungskanäle), Güllekeller, Erdbecken, Abfüllflächen oder Festmistplatten. Wenn diese Anlagenteile nicht zur Erzeugung von Biogas genutzt werden, stehen sie laut Definition nicht im funktionalen bzw. technischen Zusammenhang mit der Biogasanlage [7].

In der Praxis stehen Betreiber bei der Planung und Errichtung von Neuanlagen vor der Entscheidung welchem Anlagentyp z. B. ein neuer Behälter zugeordnet werden soll. Gerade wenn Biogasanlagen nach Erweiterungen in die 12. BImSchV fallen würden, könnte der Bauherr beschließen einen „JGS-Behälter“ nach Baurecht genehmigen zu lassen und den Behälter deshalb auch technisch nicht mit der bestehenden Biogasanlage zu verbinden (keine Rohrleitungen). Nach AwSV, BImSchG und EEG wäre der neue Behälter dann als eigenständige Anlage abzugrenzen, sofern keine Gärreste der Biogasanlage eingelagert werden, sondern die Nutzung entsprechend der JGS-Definition erfolgt. Unter der Annahme, dass diese technische Abgrenzung tatsächlich nachgewiesen werden kann, gestaltet sich der Nachweis der räumlichen Trennung jedoch trotzdem problematisch. Der Begriff „räumliche Abgrenzung“ wird im Verordnungstext nicht näher erläutert. Auch das untergesetzliche Regelwerk für JGS-Anlagen (TRwS 792, Gelbdruck) trifft hierzu keine genaue Aussage. Für diese Fälle können Gespräche zwischen den Marktteilnehmern (Betreiber, Sachverständige, Behörden) richtungsweisend sein. Bis zur Lückenschließung der jetzigen Gesetzeslage dürften die Entscheidungen bei Einzelfällen Präzedenzcharakter haben [7].

Befürchtungen begründet?

Die aktuelle wasserrechtliche Lage von Biogas- und JGS-Anlagen führt zu vielen Diskussionen zwischen Betreibern und Behörden. Der Umstand, bestehenden Anlagen einerseits keine zu hohen Auflagen zu stellen und andererseits keinen zu weitreichenden Bestandsschutz zu etablieren, führt gerade bei den Themen „Umwallung“ und „Anlagenabgrenzung“ zu Unsicherheit der Beteiligten. Die Befürchtung unmittelbarer, umfassender Nachrüstungspflichten von Anlagen ist jedoch unbegründet. Derartige Anordnungen müssen auf eine unmittelbare Gewässergefährdung gestützt werden, was ohnehin gefährliche Mängel an der Anlage voraussetzt. Weiterhin sind die Belange der Betreiber zu berücksichtigen (Verhältnismäßigkeit).

Ein unprofitabler Anlagenbetrieb wird von der Bundesverordnung deshalb nicht ausgelöst. Selbst bei Anlagen mit dem Prüfergebnis „erhebliche Mängel“ kann nicht pauschal von einem hohen Risiko einer Umweltgefährdung ausgegangen werden. Eine Auswertung der OmniCert Umweltgutachter GmbH von mehr als 100 nach AwSV geprüften Anlagen zeigt, dass 88 % dieser Anlagen das Prüfergebnis „keine“ oder „geringfügige Mängel“ bescheinigt wurden. Selbst bei 12 % der geprüften Anlagen, welche mit erheblichen Mängeln schlossen, konnte keine allgemein negative Aussage zur Anlagensicherheit getroffen werden, da die Stichprobe auch noch nicht fertiggestellte Bauvorhaben einschloss (z. B. Behälter oder nach VAwS geforderte Umwallungen). Typische sicherheitsrelevante Mängel waren vor allem fehlende Überfüllsicherungen oder unzureichender Anfahrschutz. Diese Mängel beeinträchtigen entweder die primäre oder sekundäre Sicherheit. Lediglich das Prüfergebnis „gefährliche Mängel“ bescheinigt hingegen eine vollkommen unzureichende Sicherheit der Anlage, da dann von der Gefahr einer unmittelbaren Gewässerverunreinigung auszugehen ist. Im Rahmen der wasserrechtlichen Überprüfung von JGS- und Biogasanlagen wurde dieses Ergebnis allerdings kein einziges Mal festgestellt [8].

Nachbesserungsbedarf trotz guter Vorarbeit

Die AwSV bringt nach langer Entstehungszeit eine einheitliche Grundlage zur Planung, Errichtung und Prüfung von Biogas- und JGS-Anlagen. Die vorigen Länderverordnungen wichen z. T. so sehr voneinander ab, dass eine gleichwertige Umsetzung der Vorgaben des WHG für den Umweltschutz sich schwierig gestaltete. Obwohl die Einführung der neuen stoff- und anlagenbezogenen Regelungen auf den ersten Blick nicht immer zum Vorteil aller Beteiligten erfolgte, ermöglicht der Vollzug nach AwSV einen langfristig besseren Wasser- und Bodenschutz durch die Einführung eines einheitlichen Standards. Der lange Weg bis zur Veröffentlichung der Verordnung zeigt aber auch, dass gerade beim Thema Gewässerschutz viele Interessen der Branchenteilnehmer berücksichtigt werden müssen und die Gesetzgebung niemals lückenlos erfolgen kann. Aus diesem Grund sind jetzt vor allem die Arbeitsgruppen und Ministerien der Wasserwirtschaft gefordert, mit technischen Regeln und Verwaltungsvorschriften die gegenwärtige rechtliche Situation für Biogas- und JGS-Anlagen zu entspannen und die Anforderungen an Anlagen mit wassergefährdenden Stoffen detailliert und transparent zu ergänzen.   TS663

1) Status der Entwurfsfassung einer Norm, wobei die Öffentlichkeit aufgefordert ist Stellungnahmen vorzulegen.

 

 

 

Literatur

[1] Drost, U.; Wagner, T.: Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. Richard Boorberg Verlag: Stuttgart, München 2017.

[2] Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. §§: 3, 12, 13, 17, 18, 37, 39, 46, 66, 68. Anlagen: 5, 6, 7 Deutscher Bundestag: Drucksache 18/6403. (20. 09. 2017).

[3] Petschulat, A.: Die Regelungskompetenzen der Länder für die Raumordnung nach der Föderalismusreform: Probleme der Abweichungsgesetzgebung. Lexxion, 2015.

[4] Gesetz zur Neuregelung des Wasserrrechts. §§: 62, 63 Deutscher Bundestag. Drucksache 18/7244. (13.01.2016).

[5] Einstufung – Wassergefährdende Stoffe (12. 10. 2017) Hrsg.: Umweltbundesamt, Dessau 2017.

[6] Bayrisches Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz. Vollzug der Anlagenverordnung (AwSV); Gewässerverunreinigungen durch Biogasanlagen: 7531-U

[7] Technische Regeln wassergefährdender Stoffe (TRwS). TRwS 779, 793-1, 792 Arbeitsblätter DWA-A. (April 2006) 27 S.

[8] OmniCert Umweltgutachter GmbH

Von Robert Hohenester

Robert Hohenester, OmniCert Umweltgutachter GmbH, Bad Abbach