Hagel: Gefahr aus dem Himmel wächst
Gerade im Früh- und Hochsommer kommen Wetterereignisse wie Hagelschlag und Gewitter häufig vor, da warme feuchte Luftschichten auf kalte Luftschichten treffen. Durch den Klimawandel treten solche Wetterereignisse öfter auf. Sie gehören zu den Naturrisiken, gegen die sich betroffene Berufsgruppen versichern können. Wie kommt es zu solchen Phänomenen?
Bei Hagel handelt es sich um festen Niederschlag aus Eis. Die sich in Gewitterwolken bildenden Hagelkörner erreichen bisweilen Durchmesser von mehreren Zentimetern; Hagelniederschläge sind häufig mit Sturmböen verbunden. So bringt ein schwerer Hagelsturm erhebliche Gefahren für Menschen, Gebäude, Fahrzeuge und landwirtschaftliche Kulturen mit sich. Innerhalb von wenigen Minuten können Schäden bis in Milliardenhöhe entstehen.
Bildung größerer Hagelkörner möglich
Infolge des Klimawandels werden Hagelstürme künftig voraussichtlich in den meisten Regionen heftiger verlaufen und in manchen Regionen, auch in Europa, häufiger auftreten. Dies berichten Forschende des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) am KIT zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Australien, der Schweiz, den USA und China in der Zeitschrift Nature Reviews Earth & Environment. Die menschengemachte Erderwärmung lässt erwarten, dass die bodennahe Luftfeuchte und damit auch die Instabilität der Atmosphäre zunehmen werden, was die Wahrscheinlichkeit von Hagelstürmen erhöht und die Bildung größerer Hagelkörner ermöglicht. Da Hagelstürme insgesamt relativ selten und zudem räumlich begrenzt sind, mangelt es noch an Daten aus langfristigen Beobachtungen und an hochauflösenden Modellierungen, wie sie für ein umfassendes Verständnis der Auswirkungen des Klimawandels auf Hagelstürme erforderlich sind. „Unser Wissen über die genauen Ursachen von Hagelunwettern, deren Zusammenhang mit dem Klimawandel, regionale Wahrscheinlichkeiten sowie damit verbundene Risiken ist noch immer unzureichend“, sagt Professor Michael Kunz, Leiter der Arbeitsgruppe „Atmosphärische Risiken“ am Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Department Troposphärenforschung (IMK-TRO). „Auch die Vorhersage derartiger Ereignisse anhand numerischer Modelle auf verschiedenen Zeitskalen, beispielsweise im Kürzestfristbereich bis zwölf Stunden, ist noch immer mit großen Unsicherheiten behaftet.“ (Bild 1)
Austausch zum internationalen Stand der Hagelforschung
Umso interessierter sind Forschende und Stakeholder an einem transdisziplinären internationalen Austausch. Das IMK-TRO des KIT hat daher zusammen mit dem Oeschger Centre for Climate Change Research (OCCR) der Universität Bern und dem Mobiliar Lab für Naturrisiken Bern sowie den Wetterdiensten MeteoSchweiz und Deutscher Wetterdienst (DWD) den 3rd European Hail Workshop in digitaler Form organisiert. Bei dem Workshop erörterten Forschende aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie Expertinnen und Experten von Wetterdiensten und Versicherungen, aus Wirtschaft und Landwirtschaft den aktuellen Stand der Hagelforschung. Unter anderem ging es dabei um Defizite und Lösungsmöglichkeiten in der Hagelmodellierung und Hagelanalyse. Der Workshop zielte auch darauf, Kooperationen zu fördern und die internationale Zusammenarbeit zu stärken.
Großes Interesse an Verbesserung der Vorhersage
Die ersten beiden Workshops in den Jahren 2014 und 2017 mit über 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus mehr als 20 Ländern haben gezeigt, dass großes Interesse am Thema besteht. Um die Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft weiter auszubauen, richtete sich der 3rd European Hail Workshop explizit auch an Ingenieurbüros und Betriebe, die sich beispielsweise mit der Hagelwiderstandsfähigkeit von Baumaterialien beschäftigen. „Der Austausch zwischen verschiedenen Disziplinen und Anwendungsbereichen ist Voraussetzung für Fortschritte in wichtigen Themenfeldern, beispielsweise bei der Verbesserung der Vorhersage und auch des Nowcastings für den Bereich von zehn Minuten bis zwei Stunden, sowie für wirksame Maßnahmen der Schadensverhütung und Schadensabwehr“, erklärt Dr. Susanna Mohr, Extremwetterforscherin und stellvertretende Leiterin der Arbeitsgruppe „Atmosphärische Risiken“ am IMK-TRO.