Grüner Wasserstoff: Warum es mehr als erneuerbare Energiequellen braucht
Als Energieträger steht Wasserstoff hoch im Kurs. Doch seine Herstellung und Speicherung stößt immer noch auf Schwierigkeiten. Diese Lösungen haben Ingenieure entwickelt.
Zu Deutschlands Klimaschutz-Strategie gehört grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, etwa aus Windkraft oder aus Sonnenenergie. Importierter Wasserstoff ist nicht generell preisgünstiger, wie der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und der Landesverband Erneuerbare Energien NRW in einer Studie herausgefunden haben. Außerdem führt die Herstellung im eigenen Land zu positiven Aspekten für die Wirtschaft, etwa durch neue Arbeitsplätze.
„Aktuell wird zu sehr über die Kosten und zu wenig über die Notwendigkeiten und positiven Effekte der heimischen Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Energien gesprochen“, kommentiert Frank Merten vom Wuppertal Institut. Er hat die Studie koordiniert. Merten weiter: „Wir brauchen sie als flexibles Speicherelement für die Integration von erneuerbarem Strom sowie als Grundlage für die Dekarbonisierung der heimischen Schwerindustrie.“ Um das zu ermöglichen, untersuchen Forscher neue Technologien zur Herstellung und zur Speicherung von Wasserstoff.
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Katalysatoren: Oberflächenstruktur entscheidend für die Effektivität
Um den Energieträger herzustellen, wird bekanntlich Wasser durch die Elektrolyse gespalten. Neben Wasserstoff entsteht bei dem Prozess Sauerstoff. Elektroden mit katalytisch aktiven Stoffen erleichtern die Umsetzung. Die Materialien sind recht teuer.
„Bei der Erarbeitung von Katalysatoren für die beiden Teilreaktionen ist die Sauerstoffentwicklungsreaktion die weit größere Herausforderung“, sagt Javier Pérez-Ramírez von der ETH Zürich. Zusammen mit Kollegen konnte er zeigen, dass vor allem Reaktionen an der Oberfläche der Elektroden entscheidend sind, und weniger die elektrochemischen Vorgänge.
Im Experiment arbeiteten sie mit dem katalytisch aktiven Material Iridiumoxid. Sie ersetzten katalytisch aktive Sauerstoffatome durch inaktive Chloratome und konnten so zeigen, dass Oberflächenreaktionen mit Sauerstoff entscheidend für effektive Reaktionen sind. Im nächsten Schritt machen sich die Forscher auf die Suche nach neuen, möglichst preisgünstigen Materialien für Elektroden.
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So könnte die großtechnische Elektrolyse funktionieren
Gute Katalysatoren sind nur ein Aspekt. Auf dem Weg von Labor zur großtechnischen Umsetzung gilt es, noch weitere Hürden zu bewältigen. Bei Experimenten in kleinem Maßstab setzt man dem Wasser starke Säuren oder Basen zu, um die Leitfähigkeit zu verbessern. Bei großtechnischen Anlagen würden Ingenieure diese Chemikalien gern vermeiden: aus Sicherheitsgründen, aber auch aus Gründen des Umweltschutzes. Wasser selbst hat einen neutralen pH-Wert. Die elektrische Leitfähigkeit ist gering, was zu Einschränkungen beim Transport von Ionen führen kann.
Forscher des Helmholtz Zentrums Berlin (HZB) haben solche Effekte jetzt mit fluoreszierenden pH-Sensorfolien experimentell untersucht. Sie fanden heraus, dass während der Elektrolyse der pH-Wert im Bereich der Anode sank, während er nahe der Kathode zunahm. Außerdem bewegte sich der flüssige Elektrolyt im Uhrzeigersinn. Solche Konvektionen erklären sich die Wissenschaftler mit Änderungen der Dichte. Diese Besonderheiten können sie auch mathematisch simulieren. Roel van de Krol vom HZB sieht darin „einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zur Aufskalierung von Solarbrennstoffanlagen“. Ein Ziel müsse es sein, störende Konvektionen zu vermeiden.
Grünen Wasserstoff effizient und kostengünstig speichern
Bleibt noch zu klären, wie sich größere Mengen an grünem Wasserstoff lagern lassen. Gerade bei Energiespitzen, wenn viel Strom aus Solar- oder Windkraftwerken zur Verfügung steht, sind effektive Konzepte zur Speicherung wichtig. Damit lassen sich Schwankungen bei der Stromerzeugung abpuffern.
„Salzkavernen sind aufgrund der geringen Investitionskosten, der guten Abdichtung und des geringen Schutzgasbedarfs die vielversprechendste Option für große Speicher“, sagt Peter Kukla von der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG. Zusammen mit Kollegen untersuchte er jetzt, welche Speicherkapazitäten es in ehemaligen Salzbergwerken gibt.
Bei der Nutzung aller Salzkavernen weltweit käme man auf 84,8 Petawattstunden, wobei 23,2 Petawattstunden an Land und 61,6 Petawattstunden auf See liegen. Deutschland hat Kapazitäten von 35,7 Petawattstunden, davon 9,4 Petawattstunden an Land. Zum Vergleich: Der heimische Energieverbrauch lag in 2018 bei etwa 3,64 Petawattstunden. Die Analyse berücksichtigt weder ökonomische noch ökologische Aspekte. Auch die Sicherheit einzelner Standorte wäre im Bedarfsfall noch zu analysieren. Den Forschern ging es vielmehr darum, Kapazitäten abzuschätzen.
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