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Parteiprogramme 29.01.2025, 14:00 Uhr

Bundestagswahl: Welche Energie- und Klimapolitik die einzelnen Partien planen

Im Bereich der Energie- und Klimapolitik unterscheiden sich die Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Die Linke, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und Alternative für Deutschland (AfD) zum Teil erheblich. Das zeigt ein genauer Blick auf die einzelnen Themen in den Wahlprogrammen.

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Grafik: PantherMedia/Pictograph

Die von CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Die Linke, BSW und AfD für die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 vorgelegten Wahlprogramme sind durch unterschiedliche Positionen zur künftigen Ausrichtung der Energie- und Klimapolitik gekennzeichnet. Dies kann anhand der zehn Themenkomplexe erneuerbare Energien, fossile Energien, Strommarktdesign, CCS/CCU, Kernenergie, Wasserstoff, Mobilität, Netzentgelte / Energiepreise, Klimaschutz und Finanzierung der Transformation der Energieversorgung aufgezeigt werden.

1. Erneuerbare Energien in den Wahlprogrammen

Die CDU/CSU bekennt sich zu einem zielgerichteten weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und plädiert für die Nutzung aller erneuerbaren Energien unter Einbeziehung des nachwachsenden Rohstoffs Holz. Das Heizungsgesetz der Ampel soll zurückgenommen werden. Für die CDU/CSU kommt es darauf an, technologieoffen emissionsarme Wärmelösungen zu fördern und zu nutzen.

Die SPD spricht sich für Investitionen in eine sichere und bezahlbare Energieversorgung aus, vor allem mit erneuerbarem Strom. Verbesserte Rahmenbedingungen sollen durch Bürokratieabbau und die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren geschaffen werden.

Bündnis 90/Die Grünen will Kurs halten beim erreichten Rekord-Ausbautempo. Die Infrastruktur soll weiter so ausgebaut werden, dass der günstige Strom bei Menschen und Unternehmen ankommt. Die erneuerbaren Energien werden als Grundlage für ein bezahlbares Leben gesehen. Dezentrale Erzeuger von Solar- und Windenergie sowie Speichern sollen besonders unterstützt werden.

Die FDP will die erneuerbaren Energien vollständig in den Markt überführen. EEG-Subventionen werden angesichts des fortgeschrittenen Ausbaus nicht mehr für vertretbar gehalten. Damit würde auch gewährleistet, dass PV- und Windanlagen nur gebaut werden, wenn ausreichend Netze und Speicher zur Nutzung des Stroms vorhanden sind.

Die Linke spricht sich für einen beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien aus. Nach Auffassung der Partei wird der Ausbau der erneuerbaren Energien die Preise für Strom und Wärme senken. Die öffentliche Hand soll sich stark am Ausbau der erneuerbaren Energien beteiligen. Große Teile der Energieproduktion sollen in öffentliche Hand zurückgeholt werden. Damit soll auch erreicht werden, dass Windrad- und Solarfabriken (wieder) in Deutschland angesiedelt werden. Das Programm zielt auch darauf, dass Menschen vor Ort unmittelbar vom Ausbau der erneuerbaren Energien profitieren. Es wird ein Bonus von 25 000 €/MW gebautem Windrad oder gebauter PV-Großflächenanlage zugunsten der jeweiligen Gemeindekasse angestrebt, und zwar sowohl für Bestands- als auch für Neuanlagen oder Repowering. Zusätzlich sollen Zahlungen von Betreibern von Wind- und Solaranlagen an Standortkommunen verpflichtend gemacht werden. Die Maßnahme soll auch auf Bestandsanlagen ausgedehnt werden, und dies unter Erhöhung der Zahlung von 0,2 auf 0,5 Ct je eingespeiste Kilowattstunde Strom.

Laut Kurzprogramm des BSW lässt sich eine moderne Volkswirtschaft allein mit Sonne und Wind in Mitteleuropa nicht am Laufen halten.

Die AfD hält eine Einstellung der Subventionen für erneuerbare Energien für geboten. Windenergieanlagen stellen nach Auffassung der Partei eine Gefährdung für Pflanzen und Tiere sowie eine Beeinträchtigung der Lebensqualität der Menschen dar. Die Errichtung von PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen wird abgelehnt.

2. Das sagen die Parteien zu fossilen Energien

Die CDU/CSU steht zum Kohleausstieg. Allerdings soll es kein weiteres endgültiges Abschalten von Kohlekraftwerken geben, solange keine neuen Gaskraftwerke und KWK-Anlagen gebaut sind.

Im Programm der SPD ist keine explizite Aussage zu fossilen Energien enthalten.

Fossile Energieerzeugung ist nach Auffassung von Bündnis 90/Die Grünen ein Auslaufmodell. Am Kohleausstieg bis 2030 wird festgehalten. Die Folgekosten des Kohlebergbaus dürfen nicht auf die Allgemeinheit fallen. Die Partei steht für eine endgültige Absage an die Gasförderung in ganz Deutschland – an Land wie auf dem Meer.

Nach Auffassung der FDP sollte die heimische Erdgasförderung zur Diversifizierung der Gasversorgung ausgebaut werden, wozu sich aktuell das Gasfeld in Borkum und Fracking-Verfahren anbieten.

Für Die Linke sind die Grenzen des fossilen Kapitalismus erreicht. Nach Auffassung der Partei werden überkommene Geschäftsmodelle mit fossilen Energieträgern unter dem Deckmantel der Technologieneutralität weiter abgesichert. Der Kohleausstieg muss, so Die Linke, bis 2030 umgesetzt werden. „Dem Ausstieg aus Atom und Kohle muss ein Ausstieg aus der Verbrennung von fossilem Erdgas folgen. Die Linke will dafür ein Erdgasausstiegsgesetz mit verbindlichem Ausstiegspfad und sozialer Absicherung betroffener Beschäftigter.“ Ein Fracking-Verbot in Deutschland wird ebenso gefordert wie ein Importverbot für LNG, das durch Fracking gewonnen wurde. Die Schaffung einer dauerhaften Infrastruktur für Übergangslösungen, wie LNG, wird abgelehnt. Aus Gründen des Klimaschutzes und der sozialen Gerechtigkeit gilt dies auch für eine umlagefinanzierte Förderung neuer Gaskraftwerke.

Das BSW spricht sich für eine Wiederbelebung langfristiger Verträge zu Energieimporten aus, „die sich am Kriterium des niedrigsten Preises orientieren.“ Was damit konkret gemeint ist, geht zwar nicht aus dem Kurzwahlprogramm hervor, ist jedoch durch aktuelle öffentliche Statements der Parteivorsitzenden belegt. Gemeint ist neben der Aufhebung der Sanktionierung von Ölimporten aus Russland die Wiederaufnahme der Lieferungen von russischem Erdgas.

Die AfD spricht sich ebenfalls für die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland aus. Die Gaslieferungen aus Russland sollten wieder aufgenommen und die Nord Stream-Leitungen für eine Wiederinbetriebnahme instandgesetzt werden. Es sollte nicht nur die Laufzeit der bestehenden Kohlekraftwerke verlängert werden sondern darüber hinaus ein Ausbau von Kohlekraftwerken erfolgen. Ferner spricht sich die Partei für eine Aufhebung des Verbots von Öl- und Gasheizungen aus.

3. Strommarktdesign

Die CDU/CSU fordert ein pragmatisches Kraftwerkssicherheitsgesetz im Vorgriff auf einen technologieoffenen Kapazitätsmarkt, der wettbewerblich für den notwendigen Ausbau an gesicherter Leistung sorgt. Außerdem sollen die Terminmärkte weiterentwickelt werden, um für mehr Preisstabilität zu sorgen.

Im Programm der SPD ist keine explizite Aussage zum künftigen Strommarktdesign enthalten.

Laut Bündnis 90/Die Grünen soll die langfristige Sicherheit für Investitionen in Kraftwerke zum Beispiel im Rahmen von Kapazitätsmärkten – verbunden mit kurzfristigen Anreizen zum effizienten Stromverbrauch – gewährleistet werden. Dies soll durch eine neue Generation von wasserstofffähigen und flexibel einsetzbaren Kraftwerken erreicht werden.

Die notwendigen Anreize zum Bau neuer Gaskraftwerke sollen laut FDP-Programm durch einen Kapazitätsmarkt geschaffen werden, der möglichst einfach, schlank und unbürokratisch zu gestalten ist.

Die Linke hält es für fatal – dies gilt nicht nur für den Strombereich – „industriepolitisch blind auf den Markt zu vertrauen“. Mit Energieversorgung aus öffentlicher Hand werden nach Auffassung der Partei „bezahlbare und sozial gestaffelte Preise möglich“. Weiter heißt es: „Wir kämpfen für eine Versorgung mit Strom und Wärme, nicht in der Hand von Konzernen, sondern von Bürger*innen, von Kommunen und Genossenschaften“. Das Merit-Order-Prinzip in seiner gegenwärtigen Wirkungsweise wird abgelehnt. „Ein gerechtes Strommarktsystem muss leistungslose Übergewinne ausschließen. Sollten sie durch externe Schocks dennoch auftreten, müssen sie konsequent abgeschöpft werden.“

In den Programmen des BSW und der AfD ist keine explizite Aussage zum künftigen Strommarktdesign enthalten.

4. CCS/CCU

Die CDU/CSU will eine CO2-Kreislaufwirtschaft etablieren. Dazu sollen die nationalen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Carbon Capture and Utilization (CCU), Carbon Capture and Storage (CCS) und Direct Air Capture (DACCS) sowie die erforderliche Transportinfrastruktur zu ermöglichen.

Die SPD setzt zwar ebenfalls auf eine umfassendere Kreislaufwirtschaft. Dabei wird allerdings betont, dass die Partei dem Grundsatz „CO2-Vermeidung vor CO2-Abscheidung“ folgt.

Die Abscheidung, Speicherung und Nutzung von CO2 wird von Bündnis 90/Die Grünen nur für bestimmte Industrieprozesse befürwortet. Der notwendige Aufbau der Infrastruktur soll unterstützt werden. Die Speicherung von CO2 in Meeresschutzgebieten wird abgelehnt.

Die FDP will die Abscheidung und Speicherung von CO2 (CCS) diskriminierungsfrei als Klimaschutzoption ermöglichen.

Die Abscheidung und die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid (CCS) hält Die Linke für keine Lösung für den Klimaschutz. CCS soll verboten werden. Die stoffliche Nutzung von Kohlendioxid (CCU) darf nach Ansicht von Die Linke „nicht dazu führen, dass die Energiewende ausgebremst und fossile Anwendungen und Produktionsprozesse länger als nötig betrieben werden.“ Eine Förderung im Rahmen des Industrieumbaus soll nur erfolgen, wenn es nachgewiesenermaßen kein alternatives CO2-freies Produktionsverfahren gibt.

Im Kurzwahlprogramm des BSW und in dem Programm der AfD findet sich keine Positionierung zu CCS/CCU.

5. Wer wieder auf Kernenergie setzen will

Bezüglich der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke strebt die CDU/CSU eine schnellstmögliche fachliche Bestandsaufnahme an, „ob angesichts des jeweiligen Rückbau-Stadiums eine Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke unter vertretbarem technischen und finanziellen Aufwand noch möglich ist.“ Ein Neubau von Kernkraftwerken bestehender Technologie wird nicht befürwortet. Vielmehr setzen die CDU/CSU auf die Forschung zu Kernenergie der vierten und fünften Generation, Small Modular Reactors und Fusionskraftwerken.

„Die Atomkraft ist stillgelegt und das ist gut so“, heißt es bei der SPD. Gebraucht werde eine sichere Endlagerung der radioaktiven Stoffe. Endlager-Suchverfahren will die Partei konstruktiv begleiten und beschleunigen, ohne die Sicherheit zu gefährden.

Eine Rückkehr zur Atomkraft halten Bündnis 90/Die Grünen weder für das Erreichen der Klimaziele noch für die Versorgungssicherheit für nötig. Die Suche eines verlässlichen Endlagers bleibt eine Herausforderung, der sich das ganze Land stellen muss.

Die FDP steht zur Nutzung klimafreundlicher Zukunftstechnologien, wie Kernfusion und sichere Kernkraftwerke ohne Subventionen. Kernkraftwerke der neuen Generation sollen in Deutschland rechtssicher gebaut werden können. Für die Kernfusion soll ein innovationsfreundlicher Rechtsrahmen außerhalb des Atomrechts geschaffen werden. Die Wiederinbetriebnahme der vorhandenen Kernkraftwerke soll rechtlich ermöglicht und die Entscheidung darüber den Betreibern überlassen werden.

Die Linke steht hinter dem in Deutschland vollzogenen Ausstieg aus der Kernenergie.

Das Kurzwahlprogramm des BSW enthält keine Aussage zur Kernenergie.

Die AfD macht sich für einen Wiedereinstieg in die Nutzung der Atomkraft stark. Es sollen neue Kernforschungszentren und neue Kernkraftwerke errichtet werden. Deutschland soll seine führende Position in der Kerntechnik zurückgewinnen.

6. Wasserstoff

Wasserstoff soll laut CDU/CSU zum Erfolg geführt werden. So soll Planungssicherheit für die notwendige Infrastruktur geschaffen werden. Alle Wirtschaftsregionen müssen von dem geplanten Wasserstoffkernnetz erreicht werden. Es wird Pragmatismus bei heimischer Erzeugung und internationalen Wasserstoffpartnerschaften gefordert. Nach Aussage von CDU/CSU wird der Wasserstoffhochlauf nur im europäischen Kontext erfolgreich sein.

Die SPD plädiert für „Leitmärkte für grünen Stahl made in Germany“, das heißt „feste Anteile von grünem Stahl, zum Beispiel bei der Bahn oder in Umspannplattformen“. Ferner will die SPD mit der Schaffung eines Deutschlandfonds öffentliches und privates Kapital mobilisieren, um dem Investitionsbedarf unter anderem auch beim Wasserstoffnetz gerecht zu werden. Gleichzeitig müssen, so die SPD, „ausreichende Speicherkapazitäten, etwa im Rahmen einer nationalen Wasserstoffreserve aufgebaut werden.“ International sollen mit strategischen Partnerschaften – auch zum Ausbau von grünem Wasserstoff – Allianzen gebildet und Brücken gebaut werden.

Nach Auffassung von Bündnis 90/Die Grünen ist der zügige Aufbau eines Wasserstoff-Kernnetzes notwendig. Die Erzeugung von grünem Wasserstoff in Deutschland soll gefördert werden und es sind neue Importquellen zu sichern.

Die FDP fordert eine Gleichstellung von Elektromobilität, klimaneutralen Kraftstoffen und Wasserstoff bei Regulatorik, Besteuerung und Förderung. Ferner wird eine verbesserte Synchronisierung des Netzausbaus unter Einbeziehung der Wasserstoffwirtschaft befürwortet, um die Effizienz des Gesamtsystems zu steigern.

Die Linke hält nichts von der Anwendung von Wasserstoff im Pkw- und im Gebäudebereich. Wasserstoff ist, so die Partei, teuer und energieintensiv und darf deshalb nur dort eingesetzt werden, wo er absolut unverzichtbar ist, vor allem in Bereichen der industriellen Produktion.“ „Perspektivisch wollen wir, dass in allen Anwendungsbereichen lediglich Wasserstoff aus der Elektrolyse von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zum Einsatz kommt.“

Das Kurzwahlprogramm des BSW enthält keine Aussage zu Wasserstoff.

Die AfD hält Wasserstoff für nicht wettbewerbsfähig. Wasserstoff wird nach Ansicht der Partei nicht benötigt.

7. Wie sich die Parteien zum Thema Mobilität positionieren

Die CDU/CSU will die Automobilindustrie als Leitindustrie erhalten. Sie sieht „in der individuellen Mobilität den Inbegriff von Freiheit“ und spielt deshalb unterschiedliche Verkehrsmittel nicht gegeneinander aus. „Anti-Auto-Haltung, Fahrverbote für Innenstädte, das Umwidmen von Parkplätzen und ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen“ werden abgelehnt. „Zudem darf es keine Verschärfung der Flottengrenzwerte und Strafzahlungen geben. Für die E-Mobilität muss die Ladeinfrastruktur angemessen ausgebaut werden.“ Neben der Elektromobilität sollen alle klimafreundlichen Möglichkeiten für alternative Antriebe und energieeffiziente Kraftstoffe genutzt werden. „Dazu gehören beispielsweise E-Fuels, Wasserstoff und nachhaltige Biokraftstoffe. Wir stehen, so der Wortlaut des Programms, „für Technologieoffenheit“. Der ÖPNV soll attraktiver und zuverlässiger gemacht werden, und die Deutsche Bahn soll zukunftsfähig aufgestellt werden.

Laut SPD liegt die Zukunft des Autos in der Elektromobilität. E-Fuels werden als Lösung abgelehnt. Damit Deutschland führendes Land bei der Herstellung von Fahrzeugen bleiben kann, will die SPD sich dafür einsetzen, dass die deutschen Automobilhersteller keine Strafzahlungen im Zusammenhang mit den CO2-Flottengrenzwerten an Brüssel leisten müssen. Beim Ladesäulenausbau soll mehr Tempo gemacht werden. Die finanziellen Bedingungen bei Anschaffung und Nutzung von E-Pkw sollen unter anderem durch einen zeitlich befristeten Steuerabzugsbetrag für die Anschaffung eines in Deutschland produzierten E-Autos verbessert werden. Die Kfz-Steuerbefreiung für E-Autos soll bis 2035 verlängert werden. Ferner spricht sich die SPD für verbesserte Abschreibungsbedingungen bei gewerblich genutzten E-Autos aus.

Nach Auffassung von Bündnis 90/Die Grünen ist der Wettbewerb zwischen Verbrenner und E-Autos längst entschieden. Ab 2035 sind nur noch klimafreundliche Antriebe neu zuzulassen. Eine Abschwächung der Ziele der EU-Flottengrenzwerte-Verordnung wird abgelehnt. Mögliche Strafzahlungen sollen gegebenenfalls gestreckt und für den Hochlauf der E-Mobilität durch europäische Programme genutzt werden.

Die FDP setzt sich für eine umgehende Aufhebung des faktischen Verbrenner-Verbots ab dem Jahr 2035 ein. Mit alternativen Kraftstoffen könnte auch die Bestandsflotte in Zukunft klimaneutral betrieben werden. Die EU-Flottengrenzwerte sollten abgeschafft werden. Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen wird abgelehnt. Zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Passagier- und Güterverkehrs durch die Luft auch aus Deutschland sollte die Luftverkehrssteuer gestrichen werden. Die Umweltverträglichkeit des Flug- und Schiffsverkehrs lässt sich mit erneuerbaren Kraftstoffen gestalten.

Die Linke strebt „die Weiterentwicklung der Automobilindustrie im Rahmen einer aufzubauenden Mobilitätsindustrie an, für die der Staat durch Investitionen in die Verkehrswende die Nachfrage schaffen muss.“ Der Individualverkehr soll verringert werden zugunsten des Ausbaus kollektiver Verkehrssysteme und die Reduzierung von Transport- und Verkehrswegen. Weder E-Fuels noch Wasserstoff sind nach Ansicht der Partei praktikable Lösungen für den Individualverkehr. „Auch die reine Umstellung auf E-Autos ist keine tragfähige Strategie für die Verkehrswende und die Bewältigung der Krise in der Automobilindustrie.“ Allerdings sollte die öffentliche Hand Vorreiter für die Elektromobilität werden. In diesem Bereich sollten ab sofort „in der Regel reine E-Fahrzeuge angeschafft werden.“ Die Kfz-Steuer ist in Form einer deutlich stärkeren Besteuerung schwerer Autos neu zu gestalten. „Wir sehen keine Notwendigkeit für reguläre Pkw, die mehr als 2 t wiegen.“

Das BSW spricht sich für eine Rücknahme des Verbrenner-Verbots aus (ebenso wie für eine Rücknahme des Heizungsgesetzes). Wörtlich heißt es: „Zur Sicherstellung der Mobilität und zur Unterstützung unserer Autoindustrie wollen wir das klimapolitisch unsinnige Verbrenner-Verbot aufheben und nach französischem Vorbild ein Volksleasing für E-Autos und verbrauchsarme Verbrenner (unter 5 l) ab 58 €/Monat einführen.“

Die AfD will die „einseitige Bevorzugung der E-Mobilität“ stoppen, ebenso wie die Finanzierung der Ladeinfrastruktur aus öffentlichen Mitteln. Stattdessen wird eine Gleichbehandlung von E-Fuels mit Elektrofahrzeugen befürwortet. Die Batterieproduktion belastet die Umwelt nach Aussage der Partei stärker als Verbrenner. Ein Tempolimit auf Bundesautobahnen wird strikt abgelehnt. Ferner spricht sich die AfD für die Aufhebung des Verbrennerverbots und die „unerreichbaren Flottengrenzwerte“ sowie für die Abschaffung der Luftverkehrs- und der Ticketsteuer aus.

8. Netzentgelte / Energiepreise

Die Netzentgelte sollen nach Auffassung der CDU/CSU neu geregelt werden. Durch eine Reform der Netzentgelte soll Strom für alle in Deutschland günstiger werden. Durch verstärkte Nutzung von Freileitungen sollen die Kosten für den Ausbau des Übertragungsnetzes gedämpft werden. Eine zusätzliche Netzentgeltbelastung für Stromverbraucher, die nicht flexibel produzieren können, wird abgelehnt. Im Wahlprogramm erfolgt ferner eine Positionierung für die Beibehaltung einer einheitlichen Stromgebotszone, also gegen eine regionale Differenzierung. Zum sozialen Ausgleich soll ein Klimabonus geschaffen werden. Die Einnahmen aus dem CO2-Emissionshandel sollen allerdings zuerst zur Reduktion der Stromsteuer und der Netzentgelte genutzt werden.

Die SPD will die Entgelte für das Übertragungsnetz Strom zunächst stabilisieren und dann schnellstmöglich auf 3 Ct/kWh deckeln. Die Partei will die Haushalte, aber auch die Unternehmen, durch Halbierung der Übertragungsnetzentgelte beim Umstieg auf klimafreundliche Technologien, wie das Elektroauto und die Wärmepumpe, fördern. Darüber hinaus setzt die SPD sich dafür ein, dass ein größerer Kreis besonders stromintensiver Unternehmen von den bestehenden Regeln reduzierter Netzentgelte profitieren kann. Dazu gehört auch, die energieintensiven Großabnehmer ohne Flexibilisierungspotenzial wie bisher zu entlasten.

Bündnis 90/Die Grünen sprechen sich für eine Finanzierung der Netzentgelte für die Übertragungsnetze aus einem zu schaffenden Deutschlandfonds aus. Die Stromsteuer soll auf das europäische Mindestniveau abgesenkt werden. Ferner soll eine dauerhafte und breitere Ausgestaltung der Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, geregelt werden. Es soll ein Klimageld eingeführt werden, das mit den Einnahmen aus der CO2-Bepreisung finanziert wird.

Die FDP will die Netze durch Digitalisierung und die Nachfrage durch dynamische Netzentgelte flexibilisieren und damit die Netzentgelte senken. Die EU-Mindestsätze für die Energiesteuer auf Heiz- und Kraftstoffe will die FDP angesichts des steigenden CO2-Preises sukzessive bis auf null abschmelzen. Damit soll der CO2-Preis die Strom- und Energiesteuer perspektivisch vollständig ersetzen.

Die Linke fordert eine neue Netzentgeltstruktur. „Die Stromerzeuger und der internationale Stromhandel müssen an den Kosten des Stromtransports beteiligt werden, Strom soll so möglichst erzeugungsnah eingesetzt werden, auch damit zukünftiger Netzausbau reduziert wird.“ Mit diesen Maßnahmen – ergänzt um eine Reduzierung der Stromsteuer auf das europäische Mindestniveau – soll eine Senkung der Strompreise kurzfristig um bis zu 9 Ct/kWh erreicht werden. Ferner will Die Linke die Preise generell, da wo nötig, regulieren und begrenzen. Es werden eine Preisbehörde und soziale Tarife für den Grundverbrauch bei Strom und Gas vorgeschlagen, „um uns künftig vor künstlicher Preistreiberei zu schützen“. Die Partei tritt für sozial gestaffelte Energiepreise ein. „Wir wollen für den durchschnittlichen Verbrauch von Strom und Heizenergie preisgünstige Sockeltarife schaffen.“ Zur Finanzierung wird vorübergehend ein Energie-Soli für Reiche gefordert. Der Energie-Soli soll als Zuschlag auf die Einkommen-, Lohn- und Kapitalertragsteuer erhoben werden, „bis die Energiekrise vorbei ist und der Marktpreis stabil unter dem Preisdeckel liegt.“ Weiter heißt es: „Strom- und Gassperren müssen gesetzlich verboten werden.“

Das BSW spricht sich für sinkende Energiepreise durch vernünftigen Einkauf, Abschaffung der Netzentgelte und des CO2-Preises aus. Wir wollen, so das BSW, „den Ausbau der Netze in öffentliche Regie zurückholen“.

Für die AfD ist ein Windenergie-Ausbaustopp eine Option zur Verhinderung immer höherer Netzentgelte. Generell setzt sich die Partei für eine Reduzierung bestehender Energiesteuern, eine Absenkung der Stromsteuer auf das Minimum und die ersatzlose Abschaffung aller CO2-Abgaben ein.

9. Die Parteien zum Klimaschutz

Die CDU/CSU hält an dem nationalen Ziel der Treibhausgas (THG)-Neutralität bis 2045 fest. Der Emissionshandel soll international vorangebracht werden. Kohlenstoffmärkte für den internationalen Handel sollen unterstützt und genutzt werden.

Auch die SPD hält an den Klimazielen fest. Zum Schutz der Unternehmen vor Wettbewerbsnachteilen wird der CO2-Grenzausgleich (Carbon Border Adjustment Mechanism – CBAM) so lange unterstützt, bis die weltweiten Regeln fair sind. Außerdem wird an dem Erfolgskonstrukt Klimaclub, einem wachsenden Kreis von Staaten, die gemeinsame Standards festlegen, festgehalten.

Der European Green Deal und das „Fit for 55“-Paket der EU ist nach Auffassung von Bündnis 90/Die Grünen konsequent umzusetzen. Bis 2040 sind die THG-Emissionen in Europa um 90 % gegenüber 1990 zu senken, um in Deutschland Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Grüne Leitmärkte in Sektoren wie Stahl und Zement sollen europaweit etabliert werden. In öffentlichen Aufträgen ist eine Mindestquote von grünem Stahl einzuführen. Dabei setzt die Partei auf einen effizienten Instrumentenmix aus marktwirtschaftlichen Instrumenten wie dem CO2-Preis, gezielte Unterstützung vor allem bei Investitionen und, wo nötig, möglichst unbürokratisches Ordnungsrecht. Der Großteil der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung im Gebäude- und Verkehrssektor soll als Klimageld zurückgezahlt werden.

Die FDP will die europäischen Klimaziele sicher und so kostengünstig wie möglich erreichen. Dafür soll ein einheitlicher europäischer Emissionshandel als Leitinstrument der Klimapolitik etabliert werden. Der bei einer jährlich sinkenden Obergrenze der CO2-Emissionen gebildete CO2-Preis sorgt dafür, dass CO2 immer dort eingespart wird, wo dies am günstigsten ist. Darüber hinausgehende Regulierungen sollten abgeschafft werden. Das nationale Ziel der Klimaneutralität bis 2045 sollte durch das europäische Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ersetzt werden. Die Einnahmen aus dem Emissionshandel sollten direkt und pauschal pro Kopf an die Bevölkerung zurückgezahlt werden. Die FDP setzt sich ferner für einen internationalen Emissionshandel mit einem globalen CO2-Preis ein.

Die Linke hält an den Zielen des Pariser Klimaabkommens fest und will Deutschland bis 2040 klimaneutral machen. Die Partei will verbindliche Ziele und Emissionsgrenzen und klare Vorschriften für die Konzerne. Die Sektorenziele sollen wieder hergestellt werden. Für den Emissionshandel gilt: kein CO2-Preis ohne sozialen Ausgleich. Der Emissionshandel in den Sektoren Wärme und Verkehr (ETS-2) wird abgelehnt. Die Linke „will rückwirkend zum 1. Januar 2025 ein soziales Klimageld von aktuell 320 €/a pro Person als Direktzahlung einführen“, das „zukünftig an die reale Entwicklung der CO2-Preise angepasst“ wird.

Das BSW hält den europäischen Emissionshandel nur dann für ein taugliches Instrument zur Förderung klimaschonender Technologien, wenn er weltweit zur Anwendung käme. „Als rein europäisches Instrument führt er eher zu Produktionsverlagerungen als zur Anwendung klimaschonenderer Technologien.“ Für Konsumenten „verteuert die CO2-Abgabe das Leben, obwohl es oft keine tragfähigen Alternativen gibt.“ „Diesen Irrweg, so Die Linke, „wollen wir verlassen.“

Die AfD vertritt die Position, dass es Klimawandel zu allen Zeiten gegeben habe und der Anteil des Menschen daran ungeklärt sei. CO2 begünstige zudem das Pflanzenwachstum und damit die Welternährung. Es gebe keinen Grund, die notwendige und sinnvolle Nutzung fossiler Energien zu beschränken oder gar zu verbieten. Die AfD lehnt jede Politik und jede Steuer ab, „die sich auf angeblichen Klimaschutz beruft“.

10. Finanzierung der Transformation

Die CDU/CSU spricht sich für mehr Markt und weniger Staat aus. Die Unternehmensbesteuerung soll auf maximal 25 % gesenkt werden, der Rest-Soli soll abgeschafft werden und die Bedingungen für Abschreibungen und Verlustrechnung sollen verbessert werden.

Im Unterschied dazu will die SPD einen Deutschlandfonds schaffen, der öffentliches und privates Kaptal mobilisiert, „um die wichtigsten Investitionsbedarfe erfüllen zu können – etwa bei Strom- und Wärmenetzen, beim Wasserstoffnetz, bei den E-Ladesäulen oder beim Wohnungsbau.“ Der Deutschlandfonds soll anfangs mit 100 Mrd. € ausgestattet werden. Darüber hinaus will die SPD Unternehmen steuerlich entlasten, „aber nicht durch pauschale Steuersenkungen für alle, sondern mit gezielten Anreizen für Investitionen in Deutschland.“

Bündnis 90/Die Grünen wollen ebenfalls einen Deutschlandfonds schaffen, um die nötigen Mittel für die Investitionen von Bund, Ländern und Kommunen zu aufzubringen. Zur Mobilisierung privater Investitionen sieht das Programm eine auf fünf Jahre befristete Investitionsprämie von 10 % vor. Die gesetzliche Regelung zum Einbau fossilfreier Heizungen soll mit einer Förderung bis zu 70 % verknüpft werden. Über eine Reform der Schuldenbremse soll eine Finanzierung der Maßnahmen gesichert werden.

Angesichts eines steigenden Investitionsbedarfs wird nach Auffassung der FDP eine nachhaltige Lösung im Rahmen der Schuldenbremse für den Erhalt und den Ausbau der Infrastruktur in Deutschland benötigt. „Bestehende und neue Subventionsprogramme müssen künftig konsequent zeitlich befristet, degressiv ausgestaltet und extern evaluiert werden.“ Alle Staatsbeteiligungen sollen veräußert werden.

Die Linke will „den Klima- und Transformationsfonds (KTF) ausbauen und jährlich mit 64,6 Mrd. € ausstatten.“ Das Geld soll unter anderem dazu verwendet werden, eine Anschubfinanzierung für neue Batterietechnologien und Energiespeicher vorzusehen, „die energieintensive Industrie in Notlagen zeitweise beim Industriestrompreis zu unterstützen,“ einen Rettungsschirm für die Zuliefererbetriebe in der Automobilindustrie in Höhe von 20 Mrd. € einzuführen und „mit der Hilfe von Klimaschutzverträgen klimafreundliche Technologien bei der Um- und Ausrüstung von Produktionsanlagen zu fördern“. „Die Schuldenbremse muss weg.“

Nach Auffassung des BSW wird eine Reform der Schuldenbremse benötigt, „um ein großes Investitionsprogramm zur Runderneuerung unserer Infrastruktur auf den Weg zu bringen.“

Die AfD lehnt Subventionen grundsätzlich ab. „Technologien, die den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechen, setzen sich von selbst durch“, so die Partei.

Fazit

Die vorgelegten Wahlprogramme unterscheiden sich in allen zur Energie- und Klimapolitik untersuchten Punkten sehr stark. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Rolle, die Markt und Staat jeweils zugeschrieben werden.

Von Prof. Dr. Hans-Wilhelm Schiffer

Prof. Dr. Hans-Wilhelm Schiffer ist Lehrbeauftragter an der RWTH Aachen University