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Netzstabilität 16.09.2024, 13:30 Uhr

Mobile Testplattform für Offshore-Windanlagen

Im Rahmen der globalen Energiewende spielt die Offshore-Windenergie eine zunehmend wichtige Rolle. Bei der Integration in die bestehenden Stromnetze darf sie jedoch nicht die Netzintegrität destabilisieren. Das Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES hat deshalb eine mobile Testplattform entwickelt. Sie ermöglicht es, Offshore-Windenergieanlagen unter realen Bedingungen zu testen und zu zertifizieren.

Die mobile Testplattform des Fraunhofer-Instituts für Windenergiesysteme IWES ist modular aufgebaut. Foto: Fraunhofer Institut für Windenergiesysteme, Bremerhaven

Die mobile Testplattform des Fraunhofer-Instituts für Windenergiesysteme IWES ist modular aufgebaut.

Foto: Fraunhofer Institut für Windenergiesysteme, Bremerhaven

Mit dem Projekt „Mobil-Grid-CoP“ sollen Herausforderungen bei der Netzstabilität durch Windenergie untersucht werden. Bisher war es für Windenergieanlagenbetreiber schwierig, umfassende Tests an ihren Anlagen durchzuführen, ohne dabei das Stromnetz zu belasten. Dies betraf insbesondere Offshore-Windparks, bei denen eine direkte Anbindung an das Stromnetz die einzige Möglichkeit war, die Anlagen unter realen Bedingungen zu testen und anlaufen zu lassen. Die mobile Testplattform des Fraunhofer IWES bietet nun eine Lösung für dieses Problem. Sie ermöglicht eine umfassende Simulation des Stromnetzes. So lassen sich die Windenergieanlagen unter Volllastbedingungen testen, ohne dass das bestehende Stromnetz beeinflusst wird und gegebenenfalls es zu Versorgungsschwankungen kommt. Die Testanlage kann bis 28 MVA belastet werden, sodass auch größere Windparks im Verbund für die Tests geeignet sind.

Unvorhergesehene Ereignisse werden berücksichtigt

Die Testplattform ist in der Lage, verschiedene Netzbedingungen zu simulieren, wie zum Beispiel Spannungs- und Frequenzschwankungen. Zudem bietet sie die Möglichkeit, das Verhalten von Windenergieanlagen unter unterschiedlichsten Bedingungen zu analysieren. Das ist besonders wichtig, da Windenergieanlagen nicht nur im Normalbetrieb stabil funktionieren müssen, sondern auch in der Lage sein sollten, auf unvorhergesehene Ereignisse im Stromnetz, wie etwa plötzliche Frequenzschwankungen, zu reagieren und ausgleichend darauf einzuwirken. Die Testplattform soll sicherstellen, dass Windenergieanlagen in der Lage sind, diese Anforderungen zu erfüllen, bevor sie an das Netz angeschlossen werden.

„Unser Ziel ist es, eine Technologie-Plattform zu entwickeln, die ein Szenarien-basiertes, flexibles Testen von Windenergieanlagen realisiert. Aufgrund der rasanten Entwicklung beim Umstieg auf erneuerbare Energien könnten schon in wenigen Jahren neue Anschlussrichtlinien gelten, die heute noch gar nicht bekannt sind. Mit Mobil-Grid-CoP sind wir dafür gerüstet“, erklärt Gesa Quistorf, Gruppenleiterin Leistungselektronik und Netzintegration am Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES in Bremerhaven.

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Die Testplattform kommt zu den Windparks

Ein zentrales Merkmal der Testplattform ist ihre Mobilität. Sie kann zu den Offshore-Windparks gebracht werden, wodurch zeitaufwändige und kostspielige Transporte der Windenergieanlagen zu Testzentren entfallen. Das soll nicht nur eine Kostenersparnis für die Betreiber bieten, sondern auch eine größere Flexibilität bei der Durchführung von Tests erlauben. Insbesondere für neue oder modernisierte Windenergieanlagen, die vor ihrer Inbetriebnahme auf ihre Netzstabilität getestet werden müssen, ist das von erheblichem Vorteil .

Integration erneuerbarer Energien ins Netz verbessern

Die Herausforderung bei der Integration von Windenergie in das Stromnetz liegt in der unsteten Verfügbarkeit der Energiequelle. Da der Wind nicht kontinuierlich weht, schwankt die erzeugte Strommenge und kann die Stabilität des Netzes beeinträchtigen. Um diesen Schwankungen entgegenzuwirken, müssen Windenergieanlagen so ausgelegt sein, dass sie in der Lage sind, sich den Netzbedingungen anzupassen und gegebenenfalls auch bei stark schwankenden Bedingungen stabil zu bleiben.

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Die mobile Testplattform des Fraunhofer IWES simuliert daher nicht nur verschiedene Netzbedingungen, sondern bietet auch die Möglichkeit, die Anlagen auf ihre Fähigkeit zur sogenannten „Fault Ride Through“-Funktion zu testen. Diese Funktion stellt sicher, dass die Windenergieanlagen bei Netzstörungen, wie beispielsweise einem plötzlichen Spannungsabfall, nicht sofort vom Netz getrennt werden, sondern für eine gewisse Zeit weiter in Betrieb bleiben und dadurch zur Netzstabilität beitragen. Diese Fähigkeit ist von zentraler Bedeutung, da plötzliche Netzabschaltungen der Anlagen selbst zu noch größeren Problemen im gesamten Stromnetz führen können.

Neben der Prüfung der „Fault Ride Through“-Funktion können auf der Testplattform auch Tests zur Blindleistungskompensation durchgeführt werden. Die Blindleistungskompensation ist ein wichtiger Aspekt bei der Integration von Windenergie in das Stromnetz, da sie die Spannung im Netz stabilisiert. Blindleistung ist im Gegensatz zur Wirkleistung keine nutzbare Leistung, die am Ende beim Verbraucher ankommt, sie wird aber für den Aufbau der Spannung im Netz benötigt. Da Windenergieanlagen große Mengen an elektrischer Energie produzieren, ist es unerlässlich, dass sie auch in der Lage sind, die Spannung im Netz auf einem stabilen Niveau zu halten.

Erste Tests erfolgreich

Das Fraunhofer IWES hat bei der Entwicklung der mobilen Testplattform eng mit verschiedenen Partnern aus der Industrie und der Wissenschaft zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass die Plattform den neuesten technologischen Standards entspricht. Die Plattform wurde so konzipiert, dass sie flexibel und modular in mobilen Großcontainern aufgebaut ist, was es ermöglicht, sie für verschiedene Testanforderungen anzupassen. Dies bedeutet, dass sie nicht nur für Offshore-Windenergieanlagen, sondern auch für Onshore-Anlagen eingesetzt werden kann. In den Containern sind Komponenten wie Transformatoren oder Umrichter untergebracht. Bei den Komponenten nutzt das Fraunhofer-Team handelsübliche Standardmodule. Die Programmierung der Test- und Analyse-Software übernehmen die Forschenden vom Fraunhofer Institut.

Die Testplattform ist bereits erfolgreich in Betrieb genommen worden und hat erste Tests an Offshore-Windenergieanlagen durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Tests sind nach Angaben des Fraunhofer Instituts vielversprechend und zeigen, dass die Plattform in der Lage ist, Windenergieanlagen unter realistischen Bedingungen zu testen und zu zertifizieren.

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Elke von Rekowski