Wie Stromlieferanten, Netz- und Messstellenbetreiber künftig kommunizieren
Die Pflege von Ansprechpersonen und Kontaktdaten für die Marktkommunikation sorgt für erhebliche manuelle Aufwände bei allen Energieversorgungsunternehmen (EVU). Nun hat die Bundesnetzagentur einen neuen Marktprozess zum Austausch von Kommunikationsdaten definiert. Dieser hat auch Auswirkungen auf die Übertragung der Zertifikate für den elektronischen Datenaustausch. Da es zunächst keinen einheitlichen zentralen Kontaktdaten-Service für den gesamten Markt geben wird, müssen die EVU selbst aktiv werden, um den Prozess effizient umzusetzen.
Im Rahmen der Marktprozesse sind Energieversorger darauf angewiesen, die passenden Ansprechpersonen bei den Marktteilnehmern sowie deren Kontaktdaten zu kennen – für die allgemeine Kommunikation, die bilaterale Klärung von Fragen und zur Behebung von Störungen. Diese Informationen werden bisher über Kontaktdatenblätter (Kommunikationsdatenblätter) ausgetauscht. Außerdem benötigen die EVU die Verschlüsselungszertifikate ihrer Marktpartner für den elektronischen Datenaustausch mit verschlüsselten, signierten E-Mails.
Sind die Kontaktdaten oder die Zertifikate nicht aktuell, kommt es zu Verzögerungen in der Marktkommunikation (MaKo). Die Klärung sorgt für zusätzliche Aufwände bei den Mitarbeitenden, denn für die Pflege von Kommunikationsdaten und Zertifikaten ist jedes EVU selbst verantwortlich. Und auch der Aufwand für die regelmäßige Pflege dieser Daten ist beträchtlich: Da die Kontaktdatenblätter im Excel-Format vorliegen und häufig individuelle Anpassungen enthalten, ist eine automatische Verarbeitung nicht möglich. Die Daten müssen stattdessen manuell in die Systeme der EVU eingegeben werden. Die Folge sind inkonsistente oder veraltete Kontaktdaten sowie fehlende Zertifikate in zeitkritischen Prozessen.
Neuer Marktprozess – aber nicht für alle Teilnehmer
Um den Kontaktdatenaustausch zu standardisieren, hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) mit den neuen Geschäftsprozessen zur Kundenbelieferung mit Elektrizität (GPKE) die „Initialübermittlung und Aktualisierung der Kommunikationsdaten“ in einem eigenen Marktprozess geregelt. Dessen verbindliches Inkrafttreten wurde kurzfristig vom 1. April auf den 1. Oktober 2022 verschoben.
Für den Austausch dieser Daten wird ein neues „Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport“ (Edifact)-Format mit dem Namen „Partin“ eingeführt. Dieses dient der Mitteilung von Informationen zum Unternehmen wie Name und Anschrift, von separaten Bankverbindungen für unterschiedliche Geschäftsvorgänge, der E-Mail-Adresse für den elektronischen Datenaustausch und vor allem zur Mitteilung der Kontaktdaten der Ansprechpersonen für (fast) alle Marktprozesse wie Rahmenverträge, Wechselprozesse, Bewegungsdaten, Abrechnungsprozesse oder Übertragungsweg.
Der neue Marktprozess gilt zunächst nur für Lieferanten, Verteilnetz- und Messstellenbetreiber der Sparte Strom. Für die übrigen Marktrollen im Strom sowie für alle Marktteilnehmer der Sparte Gas werden die Informationen weiterhin über die Kontaktdatenblätter ausgetauscht – und das, obwohl alle Marktteilnehmer gleichermaßen einen einheitlichen Überblick der Ansprechpersonen und Kommunikationsdaten benötigen. Mit ihrer aktuellen Konsultation zum „Geschäftsprozesse zum Lieferantenwechsel Gas“ (GeLi Gas 2.0) strebt die Beschlusskammer 7 der BNetzA eine Vereinheitlichung an. Eine Datenbank, die die Kommunikationsdaten und Zertifikate aller Marktteilnehmer bündelt und allen zur Verfügung stellt, ist jedoch noch nicht vorgesehen.
Ein zentraler Service
„In der Praxis wird ein Energieversorger bei jeder Aktualisierung seiner Kommunikationsdaten exakt dieselben Daten an mehrere hundert oder auch tausend Marktpartner versenden, die dann Systeme für die Verwaltung dieser Daten und die Erfüllung des Marktprozesses brauchen. Es ist daher nicht überraschend, dass sich in den Konsultationen von Prozess und Format viele Beteiligte einen zentralen Service statt des neuen Marktprozesses gewünscht haben“, erklärt Daniel Chomiakow, Produktleiter für Technische Marktkommunikation bei der Kisters AG. In einem solchen Service würde jeder Marktteilnehmer seine eigenen Kommunikationsdaten einmalig eintragen beziehungsweise aktualisieren, und alle Marktteilnehmer könnten die Daten ihrer Kommunikationspartner dort nachsehen.
Wie sich die Anforderungen der Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität (GPKE) mit dem Wunsch nach einem zentralen Service in Einklang bringen lassen, zeigt das MaKo-Adressbuch der Kisters AG. Es stellt den Kundinnen und Kunden schon seit längerem ein zentrales Verzeichnis ihrer Marktpartner aus den Sparten Strom und Gas zur Verfügung. Momentan wird der Versand und Empfang von Marktnachrichten im Partin-Format integriert, um zusätzlich auch diese Kommunikationsdaten direkt bereitzustellen und den neuen Marktprozess abzubilden.
Fristen und Versionierung im Kommunikationsdatenaustausch
Nach Abschluss des Rahmenvertrags baut ein Unternehmen mit seinem neuen Marktpartner die Edifact-Kommunikation auf. Dieser Schritt erfolgt auch weiterhin bilateral. Unmittelbar im Anschluss sind die Kontaktdaten via Partin-Nachrichten auszutauschen (Initialübermittlung). Ändern sich Ansprechpersonen oder andere Kommunikationsdaten, oder sind diese Änderungen absehbar, so muss ein EVU sie unverzüglich all seinen Marktpartnern in einer Partin-Nachricht mitteilen. Betreffen die Änderungen den Übertragungsweg, zum Beispiel bei einer neuen Eins-zu-eins-E-Mail-Adresse, so sind neben der GPKE auch die Fristen der Regelungen zum Übertragungsweg (RzÜ) zu beachten und die Änderungen mindestens zehn Werktage vor der Umstellung zu kommunizieren.
Neu ist zudem, dass EVU ihre Kommunikationsdaten mit einem Gültigkeitsbeginn und einer eindeutigen Versionsnummer versehen müssen. Damit ist zu jedem Zeitpunkt klar nachvollziehbar, welche Ansprechpersonen und Kontaktinformationen jeweils gültig sind.
Vollständige Umsetzung des Marktprozesses über eine Webseite
Der Marktprozess wird über www.mako-adressbuch.de komplett online erfüllt: Alle Anwenderinnen und Anwender erhalten einen Zugang, um die Kommunikationsdaten ihrer Marktteilnehmer einzusehen und ihre eigenen zu verwalten. Änderungen pflegen sie hier ein, und der Service sorgt dann für die Erzeugung der Partin-Nachrichten und deren Versand an die Marktpartner. Für eingehende Partin-Nachrichten führt der Service die vorgeschriebenen Syntax- und Semantikprüfungen durch und erzeugt die erforderlichen „Contrl“- und „Aperak“-Nachrichten. „Die Verwaltung der Gültigkeitszeiträume und die automatische Versionierung der Kommunikationsdaten gehören genauso zum Funktionsumfang des MaKo-Adressbuchs wie die vollständige Unterstützung des Marktprozesses zum Kontaktdatenaustausch“, so Chomiakow. Und die IT-Systeme der EVU können die Daten über „Representational State Transfer“ (Rest)-Schnittstellen abrufen.
Neuerungen auch in puncto Verschlüsselungszertifikate
Mit der Einführung des neuen Marktprozesses ändert sich auch die Pflege der Verschlüsselungszertifikate: Bisher werden diese noch per E-Mail an die Marktpartner versendet, künftig müssen sie von den Homepages der EVU heruntergeladen werden. Die Partin-Nachrichten enthalten dafür einen Download-Link. So erzeugt der neue Marktprozess zusätzliche Aufwände bei der Zertifikatspflege.
„Auch diese Mühen erspart das MaKo-Adressbuch den Energieversorgern. Es stellt alle Zertifikate in einem einheitlichen Format zur Verfügung, damit sie in der jeweiligen Software für die Verschlüsselung von E-Mails in der Marktkommunikation genutzt werden können“, erläutert Chomiakow weiter. Und damit sich die EVU selbst ein Bild davon machen können, gibt es auf www.mako-adressbuch.de bereits jetzt eine kostenlose Version des Services, in der ausgewählte Kommunikationsdaten und Zertifikate für Strom und Gas in einem einheitlichen Format bereitgestellt werden.
Aufgrund der Anpassung unseres Termin- und Themenplans an diverse Veranstaltungs-Verschiebungen, erscheint dieser Beitrag erst in der Ausgabe 3/4-2022 der BWK.
Astrid Beckers, Leitung Marketing, Kisters AG