Stromspeicher: China nutzt Ideen aus Europa
Komprimierte Luft ist ideal als Puffer für wetterbedingt im Überfluss erzeugten Strom. Die erste Anlage, die dieses Prinzip nutzt, läuft seit 44 Jahren in Deutschland. Ein Nachfolgeprojekt scheiterte, China griff die Technik auf.
Vor wenigen Tagen hat China in Zhangjiakou ein Druckluft-Speicherkraftwerk in Betrieb genommen, das eine Leistung von 100 MW hat. Es soll eingesetzt werden, wenn wetterbedingt die Stromerzeugung in Wind- und Solarkraftwerken schwächelt. Die Druckluft wird eingespeichert, wenn im Netz ein Überschuss an Strom herrscht, Verdichter also gewissermaßen mit Abfall betrieben werden können. Zudem geht Mitte dieses Monats im chinesischen Dalian der mit ebenfalls 100 MW weltgrößte Batterieblock in Betrieb, der die gleiche Funktion hat.
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Gas und Kohle alternativlos?
Während beispielsweise Deutschland noch weitgehend auf Kohle- und Erdgaskraftwerke als Lückenbüßer setzt, sind andere Länder längst weiter, zumindest von der Planung her. Der Ausbau von Wind- und Solarenergie, in Deutschland gebetsmühlenartig gefordert, bringt nichts, wenn keine Anlagen wie zum Beispiel Speicher gebaut werden, die wetterbedingte Stromlücken schließen.
Europa geriet ins Hintertreffen
Europa und auch Deutschland waren schon mal weiter. 2013 sollte der Bau eines Druckluft-Speicherkraftwerks in Staßfurt südlich von Magdeburg beginnen. Zwei Jahre später wurde das Projekt kurzerhand beerdigt, „mangels konkreter Marktperspektive“, wie der Stromkonzern RWE damals mitteilte, der die Anlage betreiben wollte. Ein weiteres Projekt, das von Alstom Power Switzerland schon früher verfolgt wurde, kam erst gar nicht so weit.
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Wärmerecycling steigert den Wirkungsgrad
Vom technischen Grundprinzip her haben die beiden gescheiterten europäischen Projekte und die erfolgreiche Anlage in China verblüffende Ähnlichkeit. In allen Fällen handelt es sich um adiabatische Systeme, die den Basisnachteil dieser Anlagenart überwinden. Beim Komprimieren der Luft und dem Einpressen in einen unterirdischen Speicher wird sehr viel Wärmeenergie frei. Während diese bei den beiden einzigen existierenden Großanlagen Huntorf in Niedersachsen, betrieben vom Energiekonzern Uniper in Düsseldorf, und im US-Bundesstaat Alabama vollkommen beziehungsweise großenteils in die Atmosphäre entweicht, wird sie bei adiabatischen Systemen eingefangen und gespeichert, um später wieder genutzt zu werden.
Verzicht auf Erdgas
Später, das heißt, wenn die gespeicherte Druckluft in einem Turbogenerator Strom erzeugen soll. Druckluft, die sich entspannt, wird extrem kalt. Ohne Erwärmung würde die Turbine schnell einfrieren. Deshalb muss die Luft erwärmt werden. In den Anlagen in Deutschland und den USA geschieht das mithilfe von Erdgas. Bei den beiden gescheiterten europäischen Projekten sollte genau diese Wärme genutzt werden, um Vereisung zu vermeiden.
Forschende am Institute of Engineering Thermophysics der Chinese Academy of Sciences, die das Speicherkraftwerk entwickelten, haben genau diese Idee aufgegriffen. Aus diesem Grund liegt der Wirkungsgrad bei deren Anlage bei rund 70 %. Die Anlagen in Deutschland und den USA kommen auf lediglich 40 beziehungsweise 54 %.
Kanadisches Unternehmen eifert China nach
Das Unternehmen Hydrostor im kanadischen Toronto hat die Bedeutung von Speichern für Überschussstrom ebenfalls erkannt. Es plant den Bau von fünf Druckluft-Speicherkraftwerken in den USA, Australien und Großbritannien – dort soll eine Kaverne genutzt werden, die bisher Erdgas aufnimmt. Zwei Kleinanlagen hat das Unternehmen bereits in Kanada gebaut. Die neuen Projekte sollen eine Leistung von 200 bis 500 MW haben.
Druckluft-Speicherkraftwerke sind weitaus langlebiger und billiger als große Batterieblocks. Die Uniper-Anlage in Huntorf läuft bereits seit 1978. Sie könnten in Deutschland an vielen Standorten errichtet werden. Voraussetzung ist nur, dass sich im Untergrund Kavernen befinden oder angelegt werden können, die die Druckluft aufnehmen. Das ist beispielsweise möglich in Salzlagerstätten, in denen bereits zahlreiche Kavernen für die Bevorratung von Erdgas existieren.