Durchbruch beim Stromspeicher der Zukunft
Forschenden in Münster ist es erstmals gelungen, eine Zink-Luft-Batterie, die von Haus aus eine hohe Energiedichte hat, so aufzubauen, dass sie wiederaufladbar ist. Das könnte die Energiewende beschleunigen.
In einer Garage der Stadtwerke Steinfurt steht eine Batterie, die weltweit einmalig ist. Das Gerät, das aussieht wie ein futuristischer Gefrierschrank mit Glastür, verwendet das Zink-Luft-Prinzip, das für hohe Speicherdichte und niedrige Kosten steht, weil die verwendeten Materialien weitaus billiger sind als Lithium und Kobalt, die für die heute am häufigsten eingesetzten Batterien unumgänglich sind. Entwickelt hat sie Professor Peter Glösekötter mit seinen Mitarbeitenden am Fachbereich Elektrotechnik und Informatik der Fachhochschule Münster in Kooperation mit dem Düsseldorfer Ingenieurbüro Kunkel + Partner.
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Kapazität von gut sieben Kilowattstunden
„Hinter uns liegen insgesamt sechs Jahre Forschung und zwei aufeinander aufbauende Projekte, in denen wir unter anderem die Zellgeometrie und die Elektrolytzusammensetzung optimiert und ein Batterie-Management-System für Zink-Luft-Speicher entwickelt haben“, resümiert Projektmitarbeiter Andre Löchte bei der Vorstellung des Demonstrators. Die Batterie wird tagsüber Solarstrom speichern und nachts wieder abgeben, eine wichtige Funktion, wenn die Energiewende gelingen soll. Der praktische Einsatz wird begleitet von einer umfassenden Datenanalyse. „Die Batterie wird rund um die Uhr überwacht. Mehrere Sensoren messen die Zellspannungen und -ströme, aber auch Elektrolytkonzentration und Temperatur“, betont Löchte. Der Speicher besteht aus 72 Einzelzellen und hat eine Kapazität von gut 7 kWh. Damit wäre er optimal als Puffer für ein Einfamilienhaus geeignet.
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Bislang Einwegprodukte
Zink-Luft-Batterien gibt es bereits seit den 1970er-Jahren. Bisher kamen sie auf Grund ihrer hohen Energiedichte und langen Haltbarkeit zum Beispiel als Knopfzellen in Hörgeräten zum Einsatz. Ihr Manko: Sie sind bislang Einwegprodukte, also nicht wiederaufladbar, und damit als Energiespeicher im Zusammenhang mit der Energiewende unbrauchbar. Der neue Ansatz von Glösekötter ermöglicht nun ein Auf- und Entladen der Zink-Luft-Batterien. „Wir sehen großes Potenzial in dieser Technologie. Mit unserer Forschung möchten wir eine umweltverträgliche, effizientere und günstigere Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien aufzeigen“, erklärt Glösekötter. Zink sei weltweit sehr verbreitet und käme sogar im rohstoffarmen Deutschland in der Erdkruste vor, wird aber bisher nicht gewonnen.
Zyklenfestigkeit erhöht
In einem ersten Projekt, das 2016 startete, entwickelten die Forschenden gemeinsam mit den Unternehmen EMG Automation im sauerländischen Wenden und dem Lithium-Ionen-Batteriehersteller 3e Batterie-Systeme in Osnabrück zunächst den Prototyp eines wiederaufladbaren Zink-Luft-Speichers. Im nun abgeschlossenen Folgeprojekt optimierten sie das Design und den Aufbau der Zellen, um die Leistungsdichte und Zyklenfestigkeit zu erhöhen.
Nächster Schritt: Kommerzialisierung
Der nächste Schritt ist schon in Vorbereitung. Glösekötter und sein Team schmieden aktuell Pläne, für die Herstellung der Serienreife und der Kommerzialisierung ein eigenes Unternehmen zu gründen. „Unser Ziel ist, den Demonstrator in ein marktfähiges Produkt zu überführen“, betont der Hochschullehrer. „Dazu möchten wir den Speicher langfristig weiter komprimieren. Die Testphase in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken hilft uns außerdem, Schwachstellen im aktuellen System zu identifizieren und zu beheben.“
Erste Tests vor 30 Jahren
Dieser Batterietyp kann möglicherweise auch als Energiespender für Elektroautos eingesetzt werden. In den 1990er Jahren erprobte die Deutsche Post 60 Elektrotransporter, die ihren Strom aus Zink-Luft-Batterien des israelischen Unternehmens Electric Fuel bezogen. Diese Speicher ließen sich nicht aufladen. Um sie für die nächste Tour wieder fit zu machen wurden die verbrauchten Zink-Elektroden gegen frische ausgetauscht. In einer speziellen Wiederaufarbeitungsanlage in Bremen wurden sie dann regeneriert, sodass sie erneut eingesetzt werden konnten. Mit dieser Prozedur konnte sich die Post nicht anfreunden und beendete den Test. Erst viele Jahre später fand sie in dem in Aachen entwickelten Streetscooter eine brauchbare Alternative. Der würde auch mit einer Zink-Luft-Batterie Pakete befördern, wenn sie schon kommerziell hergestellt würde.