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Energiespeicher 25.06.2024, 13:00 Uhr

Große Batteriespeicher in Europa stark im Kommen

Der europäische Markt für Batteriespeicher wächst rasant, bisher dominierten solare Hausbatteriespeicher. Doch nun gibt es einen Wandel. Großbatteriespeicher sind auf dem Vormarsch. Auch VW steigt in das Geschäftsfeld ein.

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Der europäische Markt für Batteriespeiche verzeichnet ein rasantes Wachstum, bisher dominierten solare Hausbatteriespeicher, doch das wandelt sich.

Foto: PantherMedia/stockwerk-fotodesign

Die jüngste Analyse von SolarPower Europe zeigt, dass im Jahr 2023 in Europa 17,2 GW neue Batteriespeichersysteme (BESS) installiert werden, die zusätzliche 1,7 Millionen europäische Haushalte mit Strom versorgen – ein Anstieg von 94 % im Vergleich zu 2022. Dies ist das dritte Jahr in Folge, in dem sich der jährliche Energiespeichermarkt in Europa verdoppelt hat.

Laut dem „European Market Outlook for Battery Storage 2024-2028“ von SolarPower Europe waren Ende 2023 in der EU Batteriespeicher mit einer Kapazität von 35,8 GWh installiert. Neben der Photovoltaik wurde das Wachstum vor allem von Hausbatterien getrieben. Im Zuge der Energiekrise setzten die europäischen Bürgerinnen und Bürger auf Batterien, um ihre Energieautarkie zu erhöhen.

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Heimspeicher dominierten bisher

Mit 63 % der gesamten installierten BESS-Kapazität war das Haushaltssegment führend, gefolgt von Großbatteriesystemen mit 27 % und kommerziellen und industriellen Systemen mit 10 %. Im Jahr 2023 wuchs der Anteil der Hausbatteriespeicher um 70 %, der Anteil der Großbatteriespeicher um 21 % und der Anteil der gewerblichen Speicher um 9 %.

Deutschland behauptete seine Position als führender Markt in Europa mit einer Installation von 5,9 GWh im letzten Jahr und einem deutlichen Wachstum von 152 %. Dicht gefolgt von Italien mit einem Rekordwert von 3,7 GWh (+ 86 %) und Großbritannien mit 2,7 GWh (+ 91 %).

Geringeres Marktwachstum – Schub für Großbatteriespeicher

Für die Jahre 2024 bis 2028 prognostiziert SolarPower Europe ein weiteres Wachstum des europäischen Batteriespeichermarktes, wenn auch auf etwas niedrigerem Niveau, auf eine Gesamtkapazität von 78 GWh im Jahr 2028. Der Branchenverband erwartet ein jährliches Marktwachstum von 30 bis 40 %, das vor allem von Großbatteriespeichern getrieben wird. Ihr Anteil an der jährlich neu installierten Leistung soll bis 2028 auf 45 % steigen, der Anteil der gewerblichen Speicher auf 25 %, während der Anteil der Heimspeicher auf 29 % sinkt.

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Die abnehmende Bedeutung der Hausbatteriespeicher ist laut SolarPower Europe vor allem auf sinkende Strompreise und Sättigungserscheinungen in den bisher dominierenden Märkten Deutschland, Italien und Österreich zurückzuführen.

Zunehmend längere Stromspeicherung

Die zunehmende Bedeutung von Großbatteriespeichern ist vor allem auf den steigenden Bedarf an Netzstabilisierungsleistungen und die Verschiebung von Lastspitzen durch den wachsenden Anteil fluktuierenden Solar- und Windstroms zurückzuführen. Gleichzeitig wird erwartet, dass sich zunehmend große Batteriespeicher durchsetzen, die Strom etwas länger speichern können als heute. „Mit dem steigenden Bedarf an Flexibilität im Stromnetz und der Verlagerung von Energie werden wir einen deutlichen Anstieg der BEES-Kapazitätsdauer von heute etwa 1,5 auf 4 bis 8 h erleben“, heißt es in dem Bericht.

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Auch VW mischt mit

Auch der Volkswagen-Konzern steigt nun in das Geschäftsfeld mit großen Batteriespeichern zur Stabilisierung des Stromnetzes ein, wie dpa meldet. Im kommenden Jahr soll das erste sogenannte Power Center von VW ans Netz gehen, das grünen Strom zwischenspeichert. Die VW-Ladenetzsparte Elli soll die Anlage betreiben. Die Kapazität soll zunächst bei 700 MWh liegen und später auf 1 GWh erweitert werden. Mit einem kleineren Speicher nimmt Elli bereits seit vergangenem Jahr in einer Pilotphase am Handel an der Strombörse teil. Künftig sollen in den Power Centern auch ausgemusterte Batterien von E-Autos zum Einsatz kommen.

Noch etliche Hindernisse

Laut Dries Acke, Vizepräsident von SolarPower Europe, gibt es allerdings derzeit noch einige Hürden, die das Potenzial von großen Batteriespeichern zur Stabilisierung des Energiesystems derzeit bremsen. Dazu zählen doppelte Netzentgelte für die Ein- und Ausspeicherung von Strom, restriktive Vorschriften für den Betrieb von Großbatteriespeichern, die mit Solar- und Windparks gekoppelt sind, oder unterschiedliche Standards in den EU-Mitgliedsstaaten, etwa beim Brandschutz.

EU-Stromspeicherstrategie gefordert

„Während sich die Politik auf Batterien für die Elektrifizierung der Automobilindustrie konzentriert hat, wurde ihre entscheidende Rolle bei der Umstellung des europäischen Stromsystems auf umweltfreundliche Technologien weitgehend übersehen. Flexibilität durch Batteriespeicher ist nicht nur ein technisches Thema für Regulierungsbehörden und Standardisierungsgremien, sondern erfordert sofortige politische Aufmerksamkeit und Prioritätensetzung“, betont Michael Schmela, Director Market Intelligence bei SolarPower Europe.

Der Branchenverband fordert daher eine umfassende EU-Stromspeicherstrategie und ein Ziel von mindestens 200 GW installierter Batteriespeicherleistung in der EU bis 2030, um das zunehmend erneuerbare Energiesystem stabil zu halten.

Von Hans-Christoph Neidlein