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Wärme für den Winter einfangen 30.01.2025, 15:30 Uhr

Photoschalter speichern Energie auf molekularer Ebene

Die effiziente Nutzung und Speicherung von Solarenergie ist eine der zentralen Herausforderungen der modernen Energieforschung. Insbesondere in den Wintermonaten, wenn die Sonneneinstrahlung begrenzt ist, stoßen herkömmliche Photovoltaik-Systeme an ihre Grenzen. Ein neuer Ansatz, der auf molekularen Photoschaltern basiert, könnte hier Abhilfe schaffen.

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Wie schön wäre es, wenn man die reichliche Sonneneinstrahlung an Sommertagen langfristig für den kommenden Winter einfangen und konservieren könnte.

Foto: PantherMedia/AirUbon

Molekulare Photoschalter sind spezielle Moleküle, die auf Licht reagieren, indem sie ihre Struktur verändern. Bei Bestrahlung mit Sonnenlicht gehen sie von einem energetisch niedrigen in einen energetisch höheren Zustand über. In diesem angeregten Zustand können sie die aufgenommene Energie über längere Zeiträume speichern. Durch einen externen Auslöser, wie beispielsweise einen Katalysator oder einen elektrischen Impuls, kehren sie in ihren Ursprungszustand zurück und setzen dabei die gespeicherte Energie in Form von Wärme frei. Dieses Prinzip ähnelt dem eines Wärmekissens, das auf Knopfdruck Wärme abgibt.

Weiterführung einer über 100 Jahre alten Entdeckung

Die ersten Photoschalter wurden bereits vor über einem Jahrhundert entdeckt, doch erst in jüngster Zeit rückt ihr Potenzial für die Energiespeicherung in den Fokus der Wissenschaft. Forschende der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und der Universität Siegen haben eine neuartige Klasse von Photoschaltern entwickelt, die eine Energiespeicherkapazität vergleichbar mit der von Lithium-Ionen-Batterien aufweist. Ein zentrales Problem bestand jedoch darin, dass diese Moleküle hauptsächlich UV-Licht absorbieren, das nur einen kleinen Teil des Sonnenspektrums ausmacht. Um dieses Hindernis zu überwinden, wurde ein Sensibilisator eingesetzt, der sichtbares Licht absorbiert und die Energie anschließend auf den Photoschalter überträgt. Bislang bekannte photoschaltbare Moleküle lassen sich mithilfe von rotem Licht lediglich in eine spezifische Struktur überführen, während für die Rückumwandlung meist grünes oder blaues Licht erforderlich ist.

Ein Team um Professor Henry Dube von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat jedoch einen innovativen Photoschalter namens Peri-Anthracenethioindigo (PAT) entwickelt, der ausschließlich rotes Licht für beide Schaltprozesse nutzt und gleichzeitig weitere Vorteile bietet. Während das stabile E-Isomer des PAT-Schalters eine grüne Farbgebung aufweist, kann der alternative Zustand, das Z-Isomer, durch Nahinfrarotlicht (NIR) mit einer Wellenlänge von 780 nm gezielt angereichert werden, wodurch eine blaue Farbe entsteht. Diese Farbveränderung ist das Resultat einer strukturellen Umwandlung auf molekularer Ebene und kann entweder durch Erhitzen vollständig oder durch Bestrahlung mit rotem (625 nm) oder orangem Licht (590 nm) teilweise rückgängig gemacht werden, wobei Rückführungsraten von 69 beziehungsweise 91 % erreicht werden.

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„Eta“ hilft bei der Suche nach passenden Molekülen

Ein weiteres Forschungsteam hat einen theoretischen Ansatz entwickelt, um aus einer Datenbank von über 400 000 chemischen Molekülen diejenigen mit der idealen Struktur für eine effiziente Solarenergiespeicherung zu identifizieren. Durch die Entwicklung eines speziellen Algorithmus und einer neuen Metrik namens „Eta“ konnten sie Moleküle mit optimierten Eigenschaften für die Energiespeicherung bestimmen. Diese Erkenntnisse bieten eine solide Grundlage für die weitere Suche nach geeigneten molekularen Schaltern.

So sieht es in der Praxis aus

Die Anwendungsmöglichkeiten für molekulare Photoschalter sind vielfältig. In solarthermischen Anlagen könnten sie beispielsweise anstelle von Wasser eingesetzt werden, um Sonnenenergie effizienter zu speichern. Eine Flüssigkeit mit Photoschaltern würde durch Solarmodule fließen, dort Energie aufnehmen und in Speichern gelagert werden, bis die Energie benötigt wird. Dies würde es ermöglichen, im Sommer gewonnene Solarenergie für die Beheizung von Gebäuden im Winter zu nutzen. Obwohl sich diese Technologie noch in der Grundlagenforschung befindet, sind die bisherigen Ergebnisse vielversprechend. Die Hauptherausforderungen liegen derzeit in der Stabilität der Photoschalter über mehrere Speicherzyklen hinweg und in der Reduzierung der Herstellungskosten. Mit fortschreitender Forschung und Entwicklung könnten molekulare Photoschalter jedoch einen bedeutenden Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung leisten und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen weiter reduzieren.

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Von Elke von Rekowski