Solarstrom soll auch nachts fließen
Der Karlsruher Energieversorger EnBW integriert in jeden neuen Solarpark eine Pufferbatterie. Damit soll der Wegfall der automatischen Regelenergie von Wärmekraftwerken ein wenig kompensiert werden.
Der Aufbau einer Speicherinfrastruktur in Deutschland ist ähnlich wichtig wie der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung und der Stromnetze. Darin sind sich Fachleute einig. Doch eine leistungsfähige Speicherinfrastruktur ist noch immer vorwiegend ein Thema von Forschung und Erprobung. Dabei benötigt Deutschland nach Ansicht des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg im Jahr 2030 Batteriespeicher mit einer Leistung von 100 GW. 2045 sind es schon 180 GW. Zum Vergleich: Die beiden weltweit größten Braunkohle-Kraftwerksböcke Neurath in Grevenbroich südwestlich von Neuss haben eine Leistung von jeweils 1,1 GW. 2021 lag die Leistung aller in Deutschland betriebenen Batteriespeicher bei rund 1,5 GW, was die Bundesnetzagentur (BNetzA), die für die Sicherheit der Stromversorgung zuständig ist, gar nicht stört. Erdgaskraftwerke könnten das Netz viel besser und billiger stabilisieren. Dazu müssten aber Anlagen in großem Stil gebaut werden. Davon ist Deutschland noch weit entfernt, die meisten anderen Länder allerdings auch.
Premiere in Bruchsal mit 3,5 Megawattstunden
Auch wenn es bereits Wind- und Solarparks mit angeschlossener Pufferbatterie gibt: EnBW ist der erste Energieversorger, der nur noch Solarparks bauen will, in die Pufferspeicher integriert sind. Der Anfang ist schon gemacht. In Bruchsal bei Karlsruhe ist der 4-MW-Solarpark um eine Batterie mit einer Leistung von 4,1 MW ergänzt worden. Er hat eine Speicherkapazität von 3,5 MWh. Mit dieser Batterie wird die Zeit verlängert, in der Strom ins Netz eingespeist wird. Vollwertig ersetzen kann der Speicher den Solarpark allerdings nur für knapp eine Stunde. Dann ist die Batterie leer.
Überbrückung kurzfristiger Lücken
Batterien in Solarparks sind allerdings in erster Linie für die Regelleistung zuständig. Sie nehmen elektrische Energie auf, wenn zu viel eingespeist wird, und füllen bei Bedarf kurzfristig Stromlücken aus, eine Aufgabe, die heute noch die Turbogeneratoren von Wärmekraftwerken aufgrund ihrer großen Masse erfüllen. Beide Systeme reagieren sekundenschnell auf die jeweilige Netzsituation, die Turbogeneratoren sogar vollautomatisch.
Auch Windparks sind im Visier
EnBW betreibt bereits an mehreren Standorten Batteriespeicher, etwa in den Solarparks Gottesgabe und Alttrebbin in Brandenburg oder bei Brandscheid in Rheinland-Pfalz. „Die gemachten Erfahrungen waren entscheidend für die Entwicklung von Batterie-Standardmodellen,“ sagt Michael Class, der den Bereich Portfolioentwicklung bei EnBW leitet. Neben der standardmäßigen Kombination neuer Solarparks mit Batteriespeichern prüft der Karlsruher Stromversorger auch die Nachrüstung bestehender Anlagen und die zukünftige Ausstattung von Windparks mit entsprechenden Akkus.
Zweimal 300 Megawatt
Mit einer Kapazität von 600 MWh wird eine 300-MW-Batterie, die EcoStor in Wittlich plant, fast 20 Mal so groß sein wie der Speicher in Bruchsal. Das Unternehmen aus Kirchheim bei München entwickelt und baut derartige Speicheranlagen als Generalunternehmer. Sie sind für die Einspeisung von größeren Strommengen über kurze Zeit oder für geringere Strommengen für einen längeren Zeitraum gedacht. „Auch in Zeiten, wo die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, braucht eine Industrienation wie Deutschland eine sichere, günstige und stabile Stromversorgung“, sagt EcoStor-Geschäftsführer Georg Gallmetzer. „Und eine Lösung sind hier diese Speicherkraftwerke.“ Der Bau soll 2024 beginnen. Es ist eine Investitionssumme von 250 Mio. € im Gespräch. Parallel dazu wird eine Batterie mit 300 MW in Förderstedt im sachsen-anhaltinischen Salzlandkreis gebaut. Beide sind weitaus größer als bestehende Großbatterien von RWE und Steag, die schon seit längerem in Betrieb sind.
Um das Geld wieder einzuspielen, werden die EcoStor-Speicher in Echtzeit an die Marktplätze gekoppelt, an denen der Strom aus Wind- und Photovoltaik-Anlagen gehandelt wird. „Die Strompreise werden zunehmend wetterfühlig“, so Gallmetzer. „Bei zunehmender Produktion von Wind- und Solarstrom braucht es mehr und größere Speicher und deren ausgleichende Wirkung. Sie sorgen so für mehr Stabilität im Netz, bezahlbare Preise und einen sauberen Mix aus erneuerbarer Energie.“