Speicher gegen Dunkelflauten
Die Energiewende in Deutschland erfordert innovative Lösungen zur Speicherung erneuerbarer Energien, um eine stabile und verlässliche Energieversorgung sicherzustellen. Ein vielversprechender Ansatz ist die Speicherung von Wasserstoff in unterirdischen Salzkavernen. Das Pilotprojekt „H2Cast Etzel“ hat vor Kurzem mit der Befüllung solcher Kavernen mit Wasserstoff begonnen.
H2Cast steht für „H2 Cavern Storage Transition“. Zum Jahreswechsel 2024/2025 startete Storag Etzel die Einspeicherung von insgesamt 90 t Wasserstoff in zwei zuvor umgerüstete Salzkavernen. Der gasförmige Wasserstoff wird unter einem Druck von 300 bar mittels Lkw-Aufliegern angeliefert und über speziell angepasste Kavernenköpfe und Bohrungsverrohrungen in die unterirdischen Speicher eingebracht. Dabei verdrängt der Wasserstoff die in den Kavernen befindliche Sole, die anschließend über die Solanlage des Unternehmens abtransportiert wird. Bis Ende Januar 2025 wurden bereits mehrere Tonnen Wasserstoff bei einem maximalen Druck von 170 bar sicher im Untergrund gespeichert.
Die erfolgreiche Umrüstung und Befüllung der Kavernen demonstriert die Eignung der vorhandenen Infrastruktur in Etzel für die Wasserstoffspeicherung. Die Skalierbarkeit und Flexibilität der Etzeler Kavernen ermöglichen eine zeitnahe Umwidmung bestehender unterirdischer Gas- und Ölspeicher für die Nutzung von Wasserstoff. Für das Jahr 2025 plant Storag Etzel gemeinsam mit ihren Projektpartnern den Bau und die Inbetriebnahme von Anlagen zur Wasserstoffreinigung, um unterschiedliche Verfahren und deren Effizienz zu testen.
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Konstanter Wasserstoff-Druck dank „Sole-pendeln“
Die Beschickung der Kaverne wurde so gestaltet, dass sie eine technische Besonderheit aufweist: Ein zusätzlicher Rohrstrang mit kleinerem Durchmesser wurde in die bestehende Förderrohrtour integriert und dient als Solependelrohr. Während der Erstbefüllung der Kaverne mit Wasserstoff ermöglicht dieses System das kontrollierte Abführen der verdrängten Sole an die Oberfläche. Neu ist, dass dieser Prozess auch in umgekehrter Richtung erfolgen kann. Das bedeutet, dass Sole aus dem Kavernenfeld wieder in die Kavernen zurückgeleitet werden kann, bis sie nahezu vollständig mit Sole gefüllt sind. Der dabei verdrängte Wasserstoff wird in eine der beiden Kavernen umgelagert, die in diesem Betriebsmodus als eine Art „Wasserstoffleitung“ dient. Durch das gezielte Fördern oder Einpumpen von Sole kann das nutzbare Speichervolumen für Wasserstoff flexibel angepasst werden, wodurch das für den Erhalt des Stützdrucks erforderliche Restgas, das sogenannte „Kissengas“, minimiert wird. Im anschließenden Testbetrieb können unter anderem unterschiedliche Druckniveaus innerhalb der Kaverne simuliert und auf ihre Relevanz für die zukünftige Wasserstoffinfrastruktur untersucht werden. Darüber hinaus ermöglicht das System eine Erprobung der H2-Reinigung unter realistischen Bedingungen.
Die Bedeutung von Wasserstoffspeichern für die Fokussierung auf erneuerbare Energien in Deutschland ist erheblich. Wasserstoffspeicher bieten die Möglichkeit, überschüssigen Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind- und Solarenergie in Form von Wasserstoff zu speichern. Dieser kann bei Bedarf rückverstromt werden, um kurzfristige Schwankungen zwischen Stromerzeugung und -nachfrage auszugleichen oder längere Perioden mit geringer Erzeugung aus erneuerbaren Energien, wie beispielsweise während einer Dunkelflaute, zu überbrücken. Zudem können Wasserstoffspeicher als Resilienzpuffer im Hinblick auf das Ausbleiben von Energieimporten die Versorgungssicherheit erhöhen. Ein qualitativer Vergleich zeigt, dass sich Salzkavernen aufgrund ihrer geologischen und physikalisch-chemischen Eigenschaften, der hohen Betriebsflexibilität sowie der vergleichsweise geringen Risiken, wie beispielsweise der Verunreinigung des Wasserstoffs, als besonders vorteilhaft für die Wasserstoffspeicherung erweisen.
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Wasserstoff vielseitig weiterverwendbar
Im Vergleich zu Batteriespeichern bietet die Wasserstoffspeicherung einige Vorteile. Während Batteriespeicher effizient für die kurzfristige Speicherung von Energie eingesetzt werden können, eignet sich Wasserstoff besonders für die langfristige und großvolumige Speicherung. Wasserstoff kann in großen Mengen produziert und in unterirdischen Speichern über längere Zeiträume gelagert werden, was insbesondere für die saisonale Speicherung von Energie vorteilhaft ist. Zudem kann Wasserstoff vielseitig eingesetzt werden, beispielsweise in der Industrie, im Verkehr oder zur Rückverstromung, während Batteriespeicher hauptsächlich auf die Stromspeicherung beschränkt sind.
Die Entwicklung von Wasserstoffspeichern wie im Projekt H2Cast Etzel ist daher wichtig für die Integration erneuerbarer Energien und die Sicherstellung der Energieversorgung in Deutschland, insbesondere auch im Hinblick auf die direkten Nutzungsmöglichkeiten des Wasserstoffs selbst. So kann beispielsweise Wasserstoff, der in unterirdischen Salzkavernen gespeichert wird, direkt in der chemischen Industrie verwendet werden, wie ein Factsheet von NRW Energy 4Climate zeigt. Die Salzspeicher ermöglichen die großvolumige und sichere Lagerung von Wasserstoff, der bei Bedarf entnommen und industriellen Prozessen direkt zugeführt werden kann. Angeführt dafür kann das Projekt „GET H2 Nukleus“ werden, bei dem ein Wasserstoffnetz von Lingen in Niedersachsen bis zu industriellen Abnehmern in Nordrhein-Westfalen aufgebaut wird. Dieses Netz verbindet die Wasserstoffproduktion mit chemischen Industrieanlagen, die den Wasserstoff als Rohstoff nutzen. In dessen System ist ebenfalls ein Kavernenspeicher schon vorgesehen.
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