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Energiewende 14.10.2024, 10:00 Uhr

Zink-Ionen-Batterien sollen zum Meilenstein werden

In Schweden nimmt Europas erste Fabrik für preiswerte Pufferspeicher die Produktion auf. Statt teurer und umstrittener Rohstoffe reichen für diese Akkus reichlich vorhandene Materialien. Nur für E-Autos sind sie ungeeignet.

Europas erste Fabrik für preiswerte Pufferspeicher hat jetzt in Schweden die Produktion aufgenommen. Foto: Enerpoly

Europas erste Fabrik für preiswerte Pufferspeicher hat jetzt in Schweden die Produktion aufgenommen.

Foto: Enerpoly

„The Future ist powered bei Zinc-Ion“ steht selbstbewusst an prominenter Stelle auf der Homepage von Enerpoly. Denn das Start-up aus der schwedischen Hauptstadt Stockholm glaubt, dass seine Zink-Ionen-Batterien der Energiewende den entscheidenden Impuls liefern. Zumindest die Industriestaaten brauchen immer mehr Pufferspeicher, um wetterbedingte Stromlücken zu füllen, vor allem, wenn es um Schwankungen geht, die es sekundenschnell auszugleichen gilt. Diesen Job übernehmen bisher Wärmekraftwerke auf Kohle- und Kernenergiebasis. Deren mächtige Turbogeneratoren gleichen diese kurzzeitigen Schwankungen automatisch aufgrund der Trägheit ihrer gewaltigen Masse aus.

Bisherige Batterielösungen sind oft zu teuer

Da immer mehr Kraftwerke dieser Art wegfallen muss Ersatz geschaffen werden. In erster Linie kommen dafür Batterien in Frage. Hier herrscht großer Wettbewerb, der eine günstige Preisgestaltung nicht zulässt, auch wenn die Verkehrswende derzeit stockt und die Autohersteller auf ihren rein elektrisch angetriebenen Fahrzeuge sitzen bleiben. Auch der Einsatz von seltenen und damit teuren Rohstoffen wie Lithium, wegen der Förderbedingungen besonders umstrittenes Kobalt und Nickel trägt nicht dazu bei, die Batteriekosten zu drücken.

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Gut verfügbare billige Rohstoffe

In all diesen Bereichen kann die Zink-Ionen-Batterie tatsächlich punkten. Sie kommt mit billigen Rohstoffen aus. Zink steht nach der Verfügbarkeit in der Erdkruste auf Platz 24. Mangan, das ebenfalls eingesetzt wird, ist noch weiter verbreitet. Nicht zuletzt spielt eine Rolle, dass diese Metalle in vielen Ländern gefördert werden, unter anderem in Schweden und anderen europäischen Staaten. Lithium liegt zwar nur wenige Plätze hinter Zink, ist allerdings sehr fein verteilt, sodass die Gewinnung aufwendig und damit teuer ist. Außerdem kann es nur in wenigen Ländern abgebaut werden, vor allem außerhalb von Europa. Kobalt ist noch deutlich seltener. Zudem wird kein Autobauer auf die Idee kommen, eine Zink-Ionen-Batterie in seine Fahrzeuge einzubauen, weil die Energiedichte zu gering ist. Die Zink-Batterien sollen nur halb so viel kosten wie die auf Lithium-Basis.

Meilenstein für die Energiewende?

Bei der Speicherung von überschüssiger Wind- und Solarenergie spielt das keine Rolle. Ob große Speicher mit diesen Batterien 10 oder 20 % mehr Platz beanspruchen als Lithium-Ionen-Batterien spielt beim stationären Einsatz kaum eine Rolle. Deshalb lacht niemand, wenn Mylad Chamoun, Eloisa de Castro und Samer Nameer, die Gründer des Unternehmens, von ihrer Batterie als „Meilenstein“ für das Gelingen der Energiewende sprechen.

„Revolutionierung der Energiebranche“

Die Produktion in der 6 500 m2 großen Fabrik in Rosersberg nahe Stockholm, beginnt im kommenden Jahr. Bis 2026 soll die Jahreskapazität auf 100 MWh steigen. Das ist nicht viel im Vergleich zu den „Giga Factories“, in denen Lithium-Ionen-Batterien gebaut werden, für den Anfang aber respektabel. „Unsere Produktionsanlage ist ein entscheidender Schritt auf unserem Weg zur Revolutionierung der Energiebranche“, so ein selbstbewusstes Statement von de Castro, dem CEO des Unternehmens.

Die grundlegenden Forschungsarbeiten leisteten Forscherinnen und Forscher der Universität Stockholm und der Königlichen Technischen Hochschule Stockholm (KTH). Außer zu Netzstabilisierung sind die Batterien für die Notstromversorgung und sicherheitskritische Anwendungen gedacht.

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Zink ist auch außerhalb von Europa im Kommen

Außerhalb von Europa sind vor allem ZincFive im kalifornischen San Diego und Aesir in Joplin im USA-Bundesstaat Montana in Sachen Zink-Batterien aktiv. Beide Unternehmen betreiben bereits industrielle Produktionsanlagen, in denen vor allem Notstromanlagen für Rechenzentren hergestellt werden. Auch hier bieten sich Batterien dieser Bauart an, weil sie, anders als Lithium-Ionen-Akkus, weder brennen noch explodieren können.

Auch geeignet für die Langzeit-Speicherung

Zinkbasierte Batterien sind auch für die Langzeitspeicherung von Strom geeignet, die ebenfalls für die Energiewende unumgänglich ist. Zink-Brom-Redox-Flow-Batterien heißen diese Speicher, die aus einem Kern bestehen, in dem Flüssigkeiten Elektronen abgeben, wenn sie entladen, und aufnehmen, wenn sie geladen werden. Diese Flüssigkeiten werden in externen Tanks gelagert, von deren Größe die Kapazität abhängt, wie viel Strom sie also aufnehmen und später wieder abgeben können.

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Von Wolfgang Kempkens
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